Zwei Jahre ist es her, dass Lars Crusius Insolvenz für seine vier Apotheken sowie die easy-Apotheke seiner Ehefrau in Osnabrück anmelden musste. Während eine Apotheke wenig später geschlossen und die easy-Apotheke verkauft wurden, hat der Apotheker drei Standorte aus seiner insolventen Gruppe in Eigenverwaltung geführt. Nun wechselten zwei von ihnen den Besitzer. Von seinem kleinen Imperium bleibt Crusius lediglich die Medipark-Apotheke.
Die Apotheke am Marienhospital übernimmt Carl Henrik Leue, der bereits die Neumarkt-Apotheke und als Filiale die Nikolaus-Apotheke in Bad Iburg führt. Die Atlas-Apotheke und das Zytostatika-Labor wurden an Stefan Leugermann verkauft. Er betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinem Vater mehrere Apotheken in Lengerich, Ladbergen, Ibbenbüren und Lotte. Die Medipark-Apotheke wird als letzte verbliebene Apotheke der insolventen Gruppe von Crusius selbst weitergeführt. Damit ist das Insolvenzverfahren abgeschlossen und der Apotheker schuldenfrei.
Nach Angaben des Düsseldorfer Beratungsunternehmens Buchalik Brömmekamp konnten sich Leue und Leugermann erfolgreich gegen mehrere Bieter durchsetzen. Die Kaufverträge seien bereits Ende April nach langen Verhandlungen unterzeichnet worden. Bevor sie in Kraft treten konnten, musste die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zustimmen. Mitte August hat das Insolvenzgericht den Plan rechtskräftig bestätigt und den Weg für die Übernahme der beiden Apotheken frei gemacht.
Vor zwei Jahren hat Crusius für seine vier Apotheken Insolvenz beantragt. Das Kosmetikstudio „Skinsurfer“ und eine Apotheke der Gruppe wurden kurze Zeit später geschlossen. Die Easy-Apotheke, die der Ehefrau von Crusius gehörte, musste wenige Monate später geschlossen werden. Inzwischen wird sie von Apothekerin Hülya Yumul betrieben.
Zuletzt führte der Pharmazeut die drei verbliebenen Apotheken in Eigenverwaltung. Dabei wird anstatt eines Insolvenzverwalters ein vorläufiger Sachwalter bestellt. Die Apotheke kann somit weiter betrieben werden, was bei einem „echtem“ Insolvenzverwalter wegen des Fremdbesitzverbots nicht möglich wäre. Diese Option zur Sanierung besteht – die Zustimmung des Gerichts vorausgesetzt – seit 2012.
Offenbar hat Crusius zunächst gehofft, alle drei Apotheke behalten zu können. Etwas mehr als ein Jahr durfte der Apotheker in Eigenregie die Standorte sanieren. Seine Bemühungen haben den Gläubigerausschuss wohl nicht überzeugt. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC hat die Gläubigerversammlung im Herbst vergangenen Jahres endgültig entschieden, dass Standorte veräußert werden müssen.
Am Ende musste Crusius den Verkauf der beiden Apotheken sowie des Sterillabors hinnehmen. „Die lokale Marktkenntnis und die überzeugenden Fortführungskonzepte haben den Ausschlag für die beiden Käufer gegeben“, wird Crusius in einer Pressemitteilung zitiert. „Uns lagen höhere Angebote vor, die allerdings einen deutlich größeren Arbeitsplatzabbau verlangt hätten. Insofern freue ich mich, dass der Gläubigerausschuss die Angebote meiner Osnabrücker Kollegen akzeptiert hat.“ Für eine persönliche Stellungnahme war der Apotheker nicht erreichbar.
Für Leue und Leugermann bedeuten ihre neuen Apotheken vor allem die Möglichkeit, ihre Marktposition auszubauen. Während die Neumarkt-Apotheke von Leue in der Innenstadt liegt, befindet sich die Apotheke am MHO in einem Ärztehaus in direkter Nachbarschaft zum Marienhospital und der Notdienstambulanz in Osnabrück. „Die Apotheke zeichnet sich vor allem durch die Nähe zu Ärzten sowie lange Öffnungszeiten aus und ist an 365 Tagen im Jahr geöffnet“, erläutert Leue.
Leugermann übernimmt mit der Atlas-Apotheke einen Betrieb, der in der Heimversorgung und in der Zyto-Herstellung aktiv ist. „In der Heimversorgung verdoppeln wir die Bettenzahl“, berichtet der Apotheker. Mit dem Sterillabor kann er außerdem in der lukrativen und für ihn „strategisch interessanten“ Zyto-Versorgung Fuß fassen.
Beide Apotheker sind von der Zukunftsfähigkeit der Standorte überzeugt. „Die Insolvenz hatte gar nichts mit den Standorten zu tun“, betont Leue. „Die Kernsubstanz beider Apotheken stimmt.“ Probleme und Fehler habe es vor allem in anderen Bereichen und im Management gegeben.
Sein Kollege räumt aber ein, zwischenzeitlich daran gezweifelt zu haben. „Bei einem insolventen Betrieb weiß man nie genau, ob eine gesunde Substanz da ist, auf der man aufbauen kann“, sagt Leugermann. Zudem habe die undurchsichtige Datenlage die klare Analyse der Standorte erschwert. Es habe sowohl bei den Einnahmen als auch bei Ausgaben keine klare Abgrenzung zwischen den Standorten gegeben, sodass Rückschlüsse auf die Ertragskraft und andere betriebswirtschaftliche Kennzahlen der einzelnen Apotheken nur mit großem Aufwand möglich gewesen seien. Die Analyse habe daher viel Zeit und Energie gekostet, sagt Leugermann.
Durch die Übernahmen der beiden Apotheken sollen von den rund 100 Arbeitsplätzen immerhin 92 Arbeitsplätze erhalten bleiben. Nach Angaben der Apotheker mussten nur einige wenige Mitarbeiter aus dem Managementbereich und eine Filialleitung gehen. An beiden Standorten hätten sie Mitarbeiter angetroffen, die „Spaß an ihrem Job haben und über große fachliche und menschliche Kompetenz“ verfügen. Beide Apotheker rechnen ihren neuen Kollegen hoch an, dass sie ihren Betrieben in schwierigen Zeiten nicht den Rücken gekehrt haben.
Fast zwei Jahre mussten die Mitarbeiter der Apotheken um ihren Job bangen, wussten nicht, ob sie im nächsten Monat noch bezahlt werden oder über Nacht ihren Arbeitsplatz verlieren. Das habe Spuren hinterlassen, berichtet Leugermann. „Das Ganze muss behutsam aufgearbeitet werden.“ Nach den Übernahmen sei die Erleichterung sowohl in der Atlas-Apotheke als auch in der Apotheke am MHO groß gewesen. „Nachdem eine große Last von den Beschäftigten abgefallen ist, sind alle sehr motiviert“, so Leugermann. Beide Apotheker berichten, dass ihre Mitarbeiter es kaum erwarten könnten, an der Stärkung ihrer Standorte mitzuarbeiten und bereits einige gute Ideen an ihre neuen Chefs herangetragen hätten.
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