Schleswig-Holstein

Testkauf nach Gefühl

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Berlin -

Die Testkäufer der Apothekerkammer Schleswig-Holstein hatten in diesem Jahr eigentlich ein gutes Gefühl – doch objektiv schnitten die Apotheken im Norden nur „befriedigend“ ab. Deshalb hat die Kammer nun beschlossen, das Testsystem zu überarbeiten. Statt auf den Kriterienkatalog der ABDA sollen sich die Testkäufer künftig mehr auf ihr Gefühl verlassen. Das wurde auf der Kammerversammlung in Kiel beschlossen. Außerdem wurden den Delegierten bereits höhere Beiträge ab 2017 angekündigt.

Rund 300 Testkäufe lässt die Kammer jedes Jahr durchführen – fast jede zweite der insgesamt 700 Apotheken wird somit im Rahmen der „Beratungsinitiative“ auf die Probe gestellt. In diesem Jahr haben 65 Prozent der Apotheker von sich heraus eine Beratung angeboten, auf Nachfrage waren es Kammergeschäftsführer Frank Jaschkowski zufolge nahezu alle. Bei der Beratung waren demnach keine signifikanten Unterschiede zwischen Approbierten und PTA zu erkennen.

Die Kammer setzt in Sachen Testkauf verstärkt auf Freiwilligkeit: 60 Apotheken haben sich laut Jaschkowski in diesem Jahr für eine Überprüfung angemeldet, 90 weitere sogar für zwei Testkäufe. Und da zertifizierte QMS-Apotheken ohnehin getestet würden, erreiche man insgesamt 200 Apotheken. Die übrigen 100 Apotheken würden von der Kammer ausgewählt. Im kommenden Jahr soll jede Apotheke maximal einmal getestet werden.

Überraschend waren für die Kammer die Ergebnisse der Testkäufe: Obwohl die Testkäufer erklärten, sich relativ gut beraten gefühlt zu haben, waren die Noten der Apotheken vergleichsweise schlecht. Das liegt aus Sicht von Jaschkowski an dem ABDA-Kriterienkatalog, der beim Testkauf abgearbeitet wird.

Der Katalog sieht vor, dass der Apotheker im Beratungsgespräch verschiedene Punkte anspricht. Er muss nicht nur klären, ob das Arzneimittel für den Kunden selbst bestimmt ist und ob Beratungsbedarf besteht, sondern auch die Eigendiagnose des Patienten hinterfragen, auf die Grenzen der Selbstmedikation verweisen, nicht-medikamentöse Maßnahmen vorschlagen und gegebenenfalls einen Arztbesuch empfehlen.

Doch aus Sicht von Jaschkowski ist nicht jeder dieser Punkte bei jedem Gespräch gleich sinnvoll. Wenn beispielsweise ein Patient erkläre, er habe Kopfschmerzen und wünsche Aspirin, dann müsse weder die Eigendiagnose hinterfragt werden, noch wünsche der Patient nicht-medikamentöse Alternativen – sonst wäre er wohl kaum in die Apotheke gekommen. „Ein standardisiertes Gespräch ist nicht das, was wir brauchen“, findet der Kammergeschäftsführer.

Jaschkowski will daher die Systematik der Testkäufe verändern und sie näher an der Lebenswirklichkeit orientieren. Entscheidend sei, dass sich die Testkäufer gut beraten fühlen. Die Testkäufer sollen auf der nächsten Schulung entsprechend trainiert werden. 15 bis 18 Testkäufer sind laut Jaschkowski für die Kammer unterwegs, zum Teil Pharmaziestudenten im letzten Semester.

Sie sollen beim nächsten Apothekenbesuch keine Liste mehr abarbeiten und diese zur Bewertung heranziehen, sondern die Kriterien nur als Richtschnur für das Gespräch heranziehen. Noch offen ist, ob die Kammer künftig zwei verschiedene Arten von Testkauf etabliert, sodass entweder nach einem bestimmten Präparat gefragt oder ein Symptom geschildert wird.

Ein weiteres wichtiges Thema der Kammerversammlung war der Haushalt für das kommende Jahr. Der steigt laut Jaschkowski auf rund 2 Millionen Euro – im Wesentlichen wegen der gestiegenen Beiträge an die ABDA. 333.000 Euro muss die Kammer im nächsten Jahr an die Dachorganisation zahlen, fast 100.000 Euro mehr als 2010. Die Kammerversammlung erkennt Jaschkowski zufolge zwar an, dass die ABDA viele Aufgaben übernimmt, forderte zugleich aber mehr Transparenz.

Es wurde vorgeschlagen, zur nächsten Versammlung Hamburgs Kammerpräsidenten Kai-Peter Siemsen einzuladen, der Mitglied des Haushaltsausschusses bei der ABDA ist. Er soll erklären, wofür die Gelder verwendet werden. „Die Aufgabe der Kammern besteht darin, die ABDA am Leben zu halten, aber sie muss auch sorgfältig mit den Geldern umgehen“, so Jaschkowski.

Denn für die Kammer verschärft sich das Problem: Seit 2010 haben in Schleswig-Holstein 40 Apotheken geschlossen. Der Kammer entgehen somit weitere 65.000 Euro. Um die Mehrausgaben beziehungsweise Verluste auszugleichen, müssen voraussichtlich ab 2017 die Kammerbeiträge erhöht werden. Im kommenden Jahr werden Apotheker des Kammerbezirks aber noch verschont.

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