Kassenabschlag 2009

Apotheker fordert 13.000 Euro zurück

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Berlin -

Die Steuerberater von Apo-Audit machen Ernst: Wegen der verspäteten Rückabwicklung der Kassenabschläge für 2009 sollen die Krankenkassen nachzahlen – 55 Cent pro Arzneimittel. Jetzt hat die Gemeinschaftsfirma in einem Pilotfall für einen Apotheker Forderungen in Höhe von insgesamt 13.000 Euro gegen acht Krankenkassen gestellt, darunter die AOK Rheinland-Hamburg und die Novitas BKK. Wenn sie nicht zahlen, will Apo-Audit Musterprozesse gegen diese Kassen führen.

 

Der logistische Aufwand zur Errechnung der Rückforderungen ist beträchtlich: Für jede Apotheke müssen die Steuerberater prüfen, wann das jeweilige Rechenzentrum die zusätzlichen Abrechnungsdaten an die Kassen geliefert hat und wann welche Kasse den Differenzbetrag beglichen hat. Wurde dabei die gesetzlich vorgeschriebene Zehn-Tages-Frist überschritten, haben die Apotheken laut Apo-Audit-Frontmann Dr. Bernhard Bellinger Anspruch auf die erneute Zahlung von 55 Cent. Die Verarbeitung der häufig nicht digital bereit gestellten Daten ist derzeit die größte Herausforderung.

Damit die Aktion nicht ausufert, hat sich Bellinger daher Grenzen gesetzt: Pro Apotheke wird eine Liste mit Krankenkassen erstellt, die zu spät überwiesen haben. Übersteigen die Forderungen einen im Gesamtwert von 600 Euro, wird die Kasse angeschrieben und zur Rückzahlung aufgefordert. Pro Apotheke dürften das Bellinger zufolge etwa acht Kassen sein. Bei geringeren Beträgen lohne sich der Aufwand vermutlich nicht, erklärt der Steuerberater.

Ob es sich überhaupt lohnt, daran gibt es bei der Konkurrenz durchaus Zweifel: Dr. Klaus-Martin Prang, Chef der Treuhand Hannover, sieht den Vorstoß kritisch. Die ABDA habe das Vorgehen rechtlich bewertet und glaube nicht an einen Erfolg Bellingers, so Prang. Welche juristischen Bedenken es im Apothekerhaus konkret gibt, war auf Nachfrage bislang nicht zu erfahren.

 

 

Doch auch der ebenfalls auf Apotheken spezialisierte Steuerberater Achim Günter von der Kanzlei Hönig & Partner warnt vor Euphorie: Der Kassenabschlag für 2009 sei noch nicht in trockenen Tüchern, weil um den Schiedsspruch noch vor Gericht verhandelt werde. Diesen Standpunkt vertritt auch der GKV-Spitzenverband, der direkte Verhandlungen mit Bellinger über einen Musterprozess ablehnt.

Günter hat zudem Schwierigkeiten mit dem Bezug auf ein Urteil des Landessozialgerichts Hamburg. Die Richter hatten kürzlich entschieden, dass die Kassen keinen Anspruch auf den Abschlag haben, wenn sie ihre Rechnungen zu spät bezahlen. Auch dieses Urteil – auf das sich Bellinger stützt – müsse vom Bundessozialgericht noch bestätigt werden, so Günter. Letztlich sei auch dann unklar, ob sich die Entscheidung auf den Streit um den Abschlag übertragen lasse. „Dass ein Erfolg bei der beabsichtigten Vorgehensweise im Sinne der Apothekerschaft wäre steht außer Frage. Allein sind aus meiner Sicht die Erfolgsaussichten derzeit objektiv nicht einschätzbar“, so Günter.

Bellinger dagegen ist sich sicher: Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens um den Schiedsspruch 2009 hätten die Kassen zahlen müssen, nachdem das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die sofortige Vollziehung angeordnet hatte. In diesen Tagen gehen die ersten 320 Aufforderungsschreiben an Krankenkassen raus, Zahlungsfrist ist Ende Januar. Für eine Durchschnittsapotheke geht es Bellinger zufolge um rund 10.000 Euro.

 

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