Bis zu 40 Botendienste am Tag hat die Kalker Apotheke in der Hochphase der Corona-Pandemie abgewickelt. Die Bedeutung des Themas hat durch die neue Konkurrenz der Schnelllieferdienste in Großstädten nicht nachgelassen. Doch Apotheker Gence Polat hatte keine Lust darauf, Mayd, First A & Co. zwischen sich und seine Kund:innen zu lassen. Er hat zusammen mit IhreApotheken.de einen eigenen Express-Service aufgebaut. In Köln haben weitere Apotheken das Konzept übernommen, das für alle Mitglieder des Zukunftspakts offensteht.
Als in Köln vor ein paar Jahren immer mehr Fahrer von Lieferando, Gorillas oder Flink unterwegs waren, hatte Polat schon die Vermutung, dass es nicht lange dauern würde, bis auch der Apothekenmarkt mit solchen Angeboten überschwemmt würde. Er sollte recht behalten. In den Ballungsgebieten radeln inzwischen auch Arzneimittelkuriere externer Anbieter.
Polat war von den Angeboten nicht überzeugt, die aus seiner Sicht vor allem zu Lasten der Fahrer:innen gehen. „Daher kam der Entschluss: Wir machen es jetzt selbst und zeigen den Leuten, wie das aussieht, wenn die Apotheken so einen Service übernehmen“, so Polat gegenüber APOTHEKE ADHOC. Schließlich hätten die Apotheken seit Generationen Botendienst im Angebot, jetzt ging es nur darum, eine Expressvariante aufzusetzen.
Da die Kalker Apotheke mit IhreApotheken.de zusammenarbeitet, entwickelte Polat gemeinsam mit Zukunftspakt-Projektleiter Dr. Jan-Florian Schlapfner in sechs Monaten ein Konzept für einen eigenen Express-Botendienst. Seit Anfang des Monats ist die Funktion in der App von ia.de integriert. Zentraler Bestandteil ist laut Polat die Schnittstelle zur Warenwirtschaft. So können die Kund:innen in Echtzeit sehen, ob das gewünschte Präparat schnell verfügbar ist.
Über einen PLZ-Abgleich wird dann geprüft, ob der Kunde oder die Kundin für die Expresslieferung in Frage kommt – denn Polat bietet den Service sehr bewusst nur in seinem Stadtteil Köln-Kalk an. Das Versprechen: Innerhalb von 60 Minuten ist die Bestellung da, wahlweise kann die Lieferung zu einem bestimmten Termin vereinbart werden. Als Zahlungsmethoden sind neben der Direktzahlung in der Apotheke oder beim Botendienst auch Paypal, Sepa und Visa möglich.
Umsonst ist der Service nicht: Für die Schnelllieferung verlangt Polat 4,95 Euro, die erst ab einem gewissen Warenkorb erlassen werden. Die Kund:innen sollten die Wertigkeit in dem Angebot sehen, so seine Begründung. Der „normale“ Botendienst ist weiterhin kostenlos.
Eine Beobachtung des Apothekers nach den ersten Wochen: Die Bestellungen über ia.de hätten zugenommen, von 2 bis 3 pro Woche auf mehrmals täglich. Ein Teil davon seien Expresslieferungen. Insgesamt führt die Apotheke rund 20 Botendienste am Tag aus.
Ein weiterer Aspekt war Polat besonders wichtig: „Die Botenfahrer sind als feste Mitarbeiter im Team integriert.“ Denn schließlich sind sie die Verbindung zum Kunden. „Wir wollten unbedingt, dass das immer einer von uns ist“, erklärt Polat. Darin sieht der Inhaber einen gewaltigen Vorteil gegenüber den externen Lieferdiensten. Für die Kommunikation zu pharmazeutischen Fragen steht den Kunden die App zur Verfügung, „oder sie rufen einfach bei uns an“, so Polat.
Ein Fahrer ist in Vollzeit angestellt, mittlerweile wurde das Team um eine studentische Hilfskraft und zwei Minijobber aufgestockt. Die teilen sich für die Ausfahrten den dafür angeschafften E-Smart, einen E-Roller sowie ein E-Bike. Wer gerade nicht unterwegs ist, hilft bei anderen Aufgaben in der Apotheke, beispielsweise bei der Befüllung des Kommissionierautomaten oder beim Terminmanagement für das Impfangebot. Das stärke das Team und optimiert gleichzeitig die Auslastung.
In Köln haben schon fünf Apotheken den Service ebenfalls übernommen, der laut Polat diskriminierungsfrei allen Mitgliedern des Zukunftspakts zur Verfügung steht. Aktuell unterstützt er aus der Ferne eine Apotheke in Essen und eine in Magdeburg bei der Umsetzung.
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