Der Osnabrücker Apotheker Lars Crusius atmet auf. Im August 2015 stellte er einen Insolvenzantrag in Eigenverantwortung für seine Apothekengruppe. Zweieinhalb Jahre später hat er sich nach eigenen Worten saniert. Von rund 100 Arbeitsplätzen bleiben 92 erhalten.
Das Amtsgericht Osnabrück hat das Verfahren zum Jahresanfang aufgehoben. „Erst die Eigenverwaltung hat mir die Möglichkeit gegeben, mich mit meinen Gläubigern über einen Schuldenschnitt zu verständigen. Ich bin sehr froh über diese Möglichkeit, die es erst seit 2012 gibt“, so Crusius. „Die Einigung mit den Gläubigern und die Aufhebung meiner Eigenverwaltung gibt meiner Familie und mir die Chance, neu anzufangen.“ Während des Verfahrens gingen die Atlas-Apotheke und das Zytostatika-Labor an Stefan Leugermann. Die Apotheke am Marienhospital wurde an Carl Henrik Leue verkauft. Crusius blieb die kleine MediPark-Apotheke.
Crusius hatte die Apotheken im Juni 2009 im Paket gekauft. Die Anlaufkosten seien dabei die größte Herausforderung gewesen, so seine Darstellung. Letztendlich hätten jedoch die regulatorischen Vorgaben, erhebliche Einsparungen im Gesundheitswesen und unrentable Investitionen in apothekennahe Dienstleistungen zur wirtschaftlichen Schieflage geführt. Dazu komme die in Osnabrück höchste Apothekendichte in Deutschland.
„Die ersten Sanierungsmaßnahmen, die wir vor dem Insolvenzverfahren durchführten, erreichten nicht die erforderlichen Einsparungen und ein Regelinsolvenzverfahren kam nicht in Betracht“, so Crusius. Sie hätte zur Vernichtung seiner Existenzgrundlage geführt, da auch der Entzug der berufsrechtlichen Zulassung ins Haus gestanden hätte. Das Eigenverwaltungsverfahren erlaubte die Fortführung und die Durchführung von Maßnahmen zum Erhalt der Apotheke.
Statt eines Insolvenzverwalters überwachte ein Sachwalter das Verfahren und den Schuldner. „Die Herausforderung bestand darin, den bestmöglichen Kompromiss zwischen den Gläubigerinteressen an einer höchstmöglichen Befriedigung und dem natürlichen Interesse des Schuldners an einer Sanierung mit anschließendem Schuldenerlass herzustellen“, erläutert die vom Insolvenzgericht Osnabrück beauftragte Sachwalterin Anna Kuleba von der Kanzlei Schoofs & Partner. „Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, warum das Verfahren unter Umständen nicht kurzfristig abgeschlossen werden kann.“
Gemeinsam mit Betriebswirtschaftlern des Düsseldorfer Beratungsunternehmens Buchalik Brömmekamp sei ein Sanierungskonzept erarbeitet worden. Der einzig noch verbliebenen Apotheke hätten sich für den Einkauf neue Kontakte und neue Konditionen ergeben. Apothekennahe Dienstleistungen wie das Zyto-Labor seien aufgegeben worden.
Im August 2015 hatte Crusius für seine vier Apotheken Insolvenz in Eigenverantwortung beantragt. Das Kosmetikstudio „Skinsurfer“ und eine Apotheke der Gruppe wurden kurze Zeit später geschlossen. Die Easy-Apotheke, die der Ehefrau von Crusius gehörte, musste wenige Monate später dichtmachen. Inzwischen wird sie von Apothekerin Hülya Yumul betrieben.
Offenbar hatte Crusius zunächst gehofft, alle drei Apotheken behalten zu können. Seine Sanierungsbemühungen haben den Gläubigerausschuss nicht überzeugt. So beschloss die Gläubigerversammlung im Herbst 2016 endgültig, dass Standorte veräußert werden müssen.
Die Apotheke am Marienhospital, die Crusius abgeben musste, befindet sich in einem Ärztehaus in direkter Nachbarschaft zum gleichnamigen Klinikum und der Notdienstambulanz in Osnabrück. „Die Apotheke zeichnet sich vor allem durch die Nähe zu Ärzten sowie lange Öffnungszeiten aus und ist an 365 Tagen im Jahr geöffnet“, erläuterte Leue kurz nach der Übernahme.
Die Atlas-Apotheke war auch in der Heimversorgung und in der Zyto-Herstellung aktiv. „In der Heimversorgung verdoppeln wir die Bettenzahl“, freute sich Leugermann über die günstige Gelegenheit. Mit dem Sterillabor könne er in der für ihn „strategisch interessanten“ Zyto-Versorgung Fuß fassen, so der neue Eigentümer.
Durch die Übernahmen der beiden Apotheken blieben von den rund 100 immerhin 92 Arbeitsplätze erhalten. Nach Angaben der Apotheker mussten nur einige wenige Mitarbeiter aus dem Management und eine Filialleitung gehen. An beiden Standorten hätten sie Mitarbeiter angetroffen, die „Spaß an ihrem Job haben und über große fachliche und menschliche Kompetenz“ verfügen, so die Pharmazeuten. Beide Apotheker rechneten ihren Kollegen hoch an, dass sie ihren Betrieben in schwierigen Zeiten nicht den Rücken gekehrt hatten.
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