Apotheker baut Rettungsteam gegen Corona-Schließung auf Lothar Klein, 02.09.2020 14:58 Uhr
Nur wenige Apotheken mussten während dieser ersten Corona Pandemie-Welle schließen, weil komplette Apothekenteams in Quarantäne geschickt wurden. Das muss aber nicht so bleiben, wenn im Herbst und Winter eine zweite Corona-Welle kommen sollte. „Keine Versicherung deckt ein solches Risiko ab“, so der Münchner Apotheker Dr. Berthold Pohl. Daher hat er die Idee entwickelt, nach dem Vorbild anderer Versicherungen auf Gegenseitigkeit ein Selbsthilfeteam von Apothekern aufzubauen, das einander im Corona-Notfall helfen und „den Apothekenbetrieb am Laufen halten“ soll.
„Es gibt keine bundeseinheitliche Vorgehensweise der zuständigen Gesundheitsämter bei nachgewiesener Covid-19 Infektion von Apothekenmitarbeitern oder deren Angehörigen“, so Pohl. Bei Fortdauer der Pandemie werde es auch nur in einigen Apotheken möglich sein, dauerhaft in getrennten Teams zu arbeiten. Pohl: „Aktuell gibt es keine Betriebsunterbrechungsversicherung, die dieses Risiko für den Inhaber der Apotheke absichert. Das finanzielle Risiko einer Schließung ist für den betroffenen Apotheker enorm, es entsteht außerdem ein ernstzunehmender Imageschaden.“
Daher entstand bei Pohl die Idee zur Gründung einer „Notfall-Einsatzbereitschaft“ – ein Netzwerk in Form einer Notfall-Einsatzbereitschaft, der sich jeder Inhaber einer öffentlichen Apotheke in Deutschland anschließen kann. „Zur Aufnahme erklärt jeder Teilnehmer die Bereitschaft, im Akutfall einmal pro Jahr bei einem von einer kompletten Team-Quarantäne betroffenen Kollegen für vier Tage unentgeltlich einzuspringen“, so Pohl.
Der von der Quarantäne betroffene Kollege kommt für die Reisekosten per Bahnfahrt, 1. Klasse und Übernachtungskosten von maximal 120 Euro pro Nacht des aushelfenden Kollegen auf. Pohl: „Es können auch angestellte Mitarbeiter aller in der Apotheke vorkommenden Berufsgruppen geschickt werden.“ Im Gegenzug erhält der Kollege die Absicherung durch das Netzwerk, dass bei ihm hilfsbereite Kollegen zur Aushilfe einspringen.
Dabei sind laut Pohl aber einige rechtliche und versicherungstechnische Dinge zu beachten: Ein Vertreter in einer solchen Notfallsituation gilt als freier Mitarbeiter. „Laut Auskunft beim Bayerischen Apothekerverband ist die Beschäftigung von freien Mitarbeitern in öffentlichen Apotheken grundsätzlich zulässig“, so Pohl, „die Versicherungskammer Bayern hat den Umfang meiner Betriebshaftpflicht ohne nennenswerten Aufpreis dahingehend erweitert, dass freie Mitarbeiter in meiner Apotheke mitversichert sind, ebenso meine freie Mitarbeit in einer anderen Apotheke.“
Jeder potenzielle Teilnehmer sollte laut Pohl daher vor Eintritt in das Netzwerk mit seiner Versicherung den Versicherungsumfang dahingehend prüfen und gegebenenfalls ergänzen: „Die Versicherungsdeckung ist bei Eintritt zu erklären. Die ausreichende Versicherungsdeckung ist ausschließlich Sache der Teilnehmer, die Organisatoren übernehmen hierfür keine Verantwortung.“ Wer in den Verteiler zu diesen Bedingungen aufgenommen werden wolle, müsse das durch eine Zuschrift per Mail bestätigen.
Laut Pohl wird der eMail-Verteiler durch einen Dienstleister betreut. Für das Einpflegen der Daten und die weitere Betreung im Verteiler fällt eine einmalige Gebühr von 28 Euro zuzüglich Mwst. an. „Weitere Kosten entstehen nicht. Keiner soll daran Geld verdienen“, so der Apotheker. Die Teilnehmer teilen weiterhin das System ihrer Warenwirtschaft und ihr Einverständnis zur Speicherung ihrer Daten und Übermittlung innerhalb des Teilnehmerkreises. Pohl: „Hierbei handelt es sich um eine solidarische indirekte Versicherung ohne juristische gegenseitige Verpflichtung. Ein Kollege, dessen Hilfe angefragt wird und der diese ablehnt, wird direkt ausgeschlossen.“