Vertretungen

Apotheker a.D. mit Power gesucht

, Uhr
Berlin -

Seit 2010 vermittelt Flying Pharmacist aushilfswillige Approbierte an Apotheken in Personalnot. Auch Apotheker im Rentenalter erhalten bei der Jobbörse die Chance, ihre Kompetenz voll auszuspielen.

Die Idee zu Flying Pharmacist sei aus purer Not heraus entstanden, erzählt Firmengründer Dr. Devid El-Wahsch. Er arbeitete in einer Apotheke im Aachener Raum, bis sie Insolvenz anmelden musste. Der Filialleiter fand sich in der Arbeitsagentur wieder. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte der heute 35-Jährige zahlreiche Notdienste in anderen Apotheken geleistet. „Ich beschloss, mich nicht unterkriegen zu lassen, sondern künftig als Selbstständiger meine Vertretungsdienste anzubieten.“ Es habe ihm Spaß gemacht, dabei immer wieder die Betriebe zu wechseln.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: „Bald wurden die Anfragen so zahlreich, dass ich ihnen gar nicht mehr nachkommen konnte. Ich überlegte mir, wie ich auch alle anderen Kunden glücklich machen kann.“ El-Wahsch schuf vor sieben Jahren eine interaktive Plattform. Apotheken in Vertretungsnot können telefonisch, per E-Mail oder über Facebook eine Anfrage stellen. Jeder Apotheker mit freien Zeitkapazitäten kann sich registrieren. „Viele haben wie ich Lust auf Flexibilität. Sie wollen mal eine Woche in Düsseldorf, in einer anderen in Aachen arbeiten.“

Flying Pharmacist sei keine Zeitarbeitsfirma, stellt der Gründer klar. „Jeder, der sich neu anmeldet, erhält von uns einen Rahmenvertrag, der uns dazu berechtigt, ihn zu vermitteln.“ Eine Verpflichtung ergebe sich daraus nicht. „Nach Einloggen auf der Website kann sich jeder seine eigenen Termine anhand der Tage, an denen er verfügbar ist, zusammenstellen.“

Ganz ohne Überprüfung werde ein neuer Bewerber nicht auf die Apothekenwelt los gelassen. „Ich will sicherstellen, dass die Vermittlung so positiv und erfolgreich ausfällt wie möglich, denn dann landet mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch der Folgeauftrag bei uns“, sagt El-Wahsch. „In einem persönlichen Gespräch versuche ich das Persönlichkeitsprofil zu erkunden: Welche Fragen stellt er? Welche Referenzen bringt er mit?“ Zeugnisse interessierten ihn nicht so sehr, viel wichtiger als vorhandene Talente sei die Motivation. „Es ist leichter, einen motivierten Apotheker zu inspirieren, als einen talentierten Apotheker zu motivieren.“

Das gelte auch für die älteren Kollegen in seiner virtuellen Kartei. Von den etwa 100 insgesamt gelisteten Approbierten seien um die 20 über 50, zwölf von ihnen bereits im Rentenalter. „Ältere Kollegen haben mitunter schon viel erlebt. Viele besaßen zuvor eine eigene Apotheke und freuen sich, wenn sie sich nicht mehr ums eigene Überleben sorgen müssen und ihre Kompetenz in einer entspannteren Situation einbringen können“, hat El-Wahsch erfahren.

Noch gebraucht zu werden, sei ihre Antriebsfeder. „Sie wollen ihr Potenzial ausleben, das sie über die Jahre aufgebaut haben. Sie haben es einfach drauf und Lust, noch etwas zu bewegen. Sie wollen sich nicht ins Büro zurückziehen, sondern sagen sich, der erste Kunde ist meiner.“

Es gebe einige wenige Kollegen, die Sitzvertretungen bevorzugten, räumt El-Wahsch ein. „Das entspricht nicht dem, wofür ich stehe oder der Kultur von Vermittlung, die Flying Pharmacist pflegt. Aber es ist immer gut, wenn man gut vernetzt ist und einen Plan B in der Hinterhand hat.“ Denn es gebe genug Situationen, in denen akute Not am Mann oder der Frau sei: „Wenn ein Apotheker plötzlich krank wird oder aus anderen Gründen ausfällt, kann ich so zumindest schnell jemanden vermitteln, der den laufenden Betrieb mit seiner Approbation sicherstellt. Die Entscheidung fällt aber der Kunde.“

Welcher Persönlichkeitstyp gebraucht werde, hänge auch von Standort und Größe der Apotheke ab. Da gelte es, das Profil der Apotheke mit dem Profil des Apothekers in Einklang zu bringen. „Eine Centerapotheke in einer Großstadt hat etwa 500 Kunden am Tag. Da suchen die Inhaber eher junge Kollegen, die vorne bedienen und Kunde für Kunde abarbeiten“, sagt der Vermittler. „Eine ländliche Apotheke mit einer in Jahren gewachsenen Stammkundschaft bevorzugt Ältere, die sich Zeit für Smalltalk nehmen und mit dem Charme eines erfahrenen Kollegen trumpfen.“

Der Bedarf sei über die Jahre gestiegen. So müsse sich keiner seiner registrierten Apotheker um mangelnde Aufträge sorgen. „Wir haben viel mehr Anfragen als Leute, die wir vermitteln können“, sagt El-Wahsch. „Die Kollegen können auf unserer Website aus einer Fülle von Anfragen und Möglichkeiten schöpfen, und das ist interessant für jung und alt.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
Aus für Traditionsapotheke
Abriss-Baustelle gab Apotheke den Rest

APOTHEKE ADHOC Debatte