Kannibalismus unter Apotheken Alexander Müller, 03.05.2017 10:29 Uhr
Die Schere zwischen großen und kleinen Apotheken geht weiter auseinander. Das zeigen die aktuellen Zahlen der ABDA zur wirtschaftlichen Entwicklung. Die Durchschnittsumsätze steigen, weil sich das Gesamtvolumen auf immer weniger Apotheken verteilt. Doch mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung im GKV-System werden die Apotheken abgehängt.
Der Nettoumsatz einer durchschnittlichen Apotheke betrug im vergangenen Jahr 2,22 Millionen Euro, im Vorjahr waren es 2,11 Millionen Euro. Allerdings zeigt ein Vergleich zur „typischen Apotheke“ aus der häufigsten Umsatzklasse, dass 61 Prozent der Apotheken in Wahrheit unter dem rechnerischen Mittelwert liegen.
Der Vergleich mit der Umsatzverteilung von vor drei Jahren zeigt deutlich, dass der Anteil der besonders großen Apotheken überproportional zugenommen hat. Während die „typische Apotheke“ seit 2002 ihren Umsatz um 52,1 Prozent steigern konnte, wuchs die „Durchschnittsapotheke“ um 64,3 Prozent. Damit war sie nach Umsatz fast anderthalb mal so groß: Noch 2002 lagen die Erlöse der Durchschnittsapotheke 37 Prozent über der typischen, 2016 waren es 48 Prozent.
Das Betriebsergebnis einer durchschnittlichen Apotheke lag 2016 nach ABDA-Zahlen bei 142.622 Euro. Das entspricht einer Steigerung von 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (136.345 Euro). Allerdings ist das steuerliche Betriebsergebnis weiter im Sinkflug und betrug im vergangenen Jahr nur noch 6,4 Prozent. Seit 2013 ist dieser Wert jährlich um 0,1 Prozentpunkte gefallen. Der Wareneinsatz lag 2016 bei 75,8 Prozent (2015: 75,5 Prozent).
Die ABDA-Zahlen zeigen auch, dass die Apotheken um Einsparungen bemüht sind: Die steuerlich abzugsfähigen Kosten sinken seit Jahren kontinuierlich: 2002 lagen sie bei 10,5 Prozent des Nettoumsatzes, im vergangenen Jahr nur noch bei 7,4 Prozent. Relativ konstant sind die Personalkosten mit einem Anteil von zuletzt 10,6 Prozent. Gemessen am Rohgewinn machen sie 43,8 Prozent aus.
Die Apothekenhonorierung im Vergleich zeigt, dass die Apotheken abgehängt werden. Während die GKV-Einnahmen zwischen 2004 und 2017 (Prognose) um 61,4 Prozent stiegen, liegt das Apothekenhonorar nur bei einem Plus von 13,8 Prozent. Die Tariflöhne in Apotheken sind dagegen um 25,7 Prozent gewachsen, der Verbraucherpreisindex immerhin um 20,2 Prozent.
Gleichzeitig sparen die Kassen mit den Apotheken viel Geld: Diese leisteten nach ABDA-Angaben im vergangenen Jahr 1,096 Milliarden Euro Kassenabschlag. Gleichzeitig ist das Herstellerabschlagsinkasso wieder gestiegen: Nach ABDA-Zahlen haben die Apotheken im vergangenen Jahr 1,562 Milliarden Euro unentgeltlich vorfinanziert.
Indirekt erwirtschafte die Kassen noch größere Einsparungen mit der Umsetzung der Rabattverträge. Davon gab es 2016 nach ABDA-Zahlen nicht weniger als 24.600 zu insgesamt 14.900 PZN. Die Einsparungen der GKV aus Rabattverträgen beziffert die ABDA mit 3,9 Milliarden Euro.
Auffällig: Der Anteil der rabattierten Arzneimittel, die zuzahlungsbefreit oder -ermäßigt sind, sinkt seit 2008 kontinuierlich – von 60 Prozent auf zuletzt 23 Prozent. Die geleisteten Zuzahlungen steigen seit 2007 wieder, von 1,6 auf 2,1 Milliarden Euro. Der senkende Effekt mit der Einführung der Rabattverträge wurde über die Jahre komplett aufgezehrt, sodass wieder das Niveau von 2005 erreicht wurde.
Die ABDA vergleicht auch die GKV-Gesamtausgaben mit dem Anteil, der für die Arzneimittelversorgung insgesamt und für die Apotheken im Speziellen ausgegeben wird. So sind die Gesamtausgaben von 194,5 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf 222,8 Milliarden Euro im vergangenen Jahr gestiegen. 2017 könnten es den Prognosen zufolge 233,7 Milliarden Euro werden. Die Ausgaben für Arzneimittel sind dagegen nur von 27,6 auf 33 Milliarden Euro gestiegen, das Apothekenentgelt von 4,6 auf 5,0 Milliarden Euro – bei jeweils moderat erwartetem Anstieg 2017 (34,1 beziehungsweise 5,1 Milliarden Euro).