M. Saeid Mir Ghaffari stemmt sich gegen den Trend: Der Apotheker will beweisen, dass mit einem modernen Konzept auch die Offizin in kleinen Ortschaften wie Nieder-Mockstadt eine Zukunftsperspektive hat. Die ersten Reaktionen auf seine Gänsweid-Apotheke sind viel versprechend.
Der gebürtige Iraner machte im Jahr 2000 seinen Abschluss in Pharmazie an der Uni Kiel. „Danach war ich in vielen verschiedenen Apotheken in Ost und West tätig, zunächst in Kiel, später in Halle, Hamburg und zuletzt seit 2013 in Nidda.“
Vom ersten Tag seines Apothekerlebens an habe er von der Selbstständigkeit geträumt. „Seit vielen Jahren hatte ich nach einem geeigneten Standort gesucht“, so Mir Ghaffari. Aus der Lokalpresse habe er von einem geplanten Neubau auf der grünen Wiese von Nieder-Mockstadt erfahren. „Die Ortschaft gehört zu Florstadt, das wiederum sechs geografisch getrennte Gemeinden unter einem politischen Dach vereint“, erzählt er. Die Stadt im hessischen Wetteraukreis liegt etwa 30 Kilometer von Frankfurt entfernt.
Im Umkreis von Nieder-Mockstadt leben 12.000 Menschen, eine Apotheke habe es hier bislang noch nicht gegeben. „Ich nahm Kontakt zum Bauherrn auf, um zu erkunden, ob man auch hier eine Apotheke einplanen kann“, so Mir Ghaffari. Man konnte, und der Selbstständige in spe konnte sich bei der Erfüllung seines Lebenstraums viele Freiheiten nehmen. „Bei einer Übernahme hätte ich die Spuren meines Vorgängers mit übernehmen müssen. So konnte ich die Apotheke von Anfang bis Ende ganz nach meinem Geschmack gestalten und alle Prozesse zukunftsorientiert planen.“ Ihm zur Seite stand der Hamburger Innenarchitekt und Diplom-Designer Hans-Peter Heinrich, der schon viele Apotheken und Arztpraxen im gesamten Bundesgebiet mitgestaltet hat.
Die barrierefreie Gänsweid-Apotheke hat eine stattliche Größe von mehr als 200 Quadratmetern, davon sind allein 93 für die Offizin reserviert. Die Einrichtung sei wie die Software auf der Höhe der Zeit, ein Kommissionierautomat schaffe mehr Zeit für die Kundenberatung, so der Apotheker. „Der Abstand zwischen den einzelnen Bedienplätzen ist groß, so bleibt die Diskretion gewahrt.“
Auch den Namen wählte Mir Ghaffari mit Bedacht: „Ich wollte eine Bindung zur Region herstellen. ‚Gänsweid‘ steht für Gänseweide, davon gab es viele in der Umgebung“, erzählt er. „Vielen ist das hier noch ein Begriff. In unmittelbarer Nähe des Geländes, auf der heute die Apotheke steht, war früher mal eine Gänseweide, außerdem spielte der SC Germania 1920 hier früher Fußball.“ Das dazu passende Logo wurde von Studenten der Kunstschule Wandsbek in Hamburg gestaltet und zeigt eine Gans mit vierblättrigem Kleeblatt.
Am 21. September eröffnete die Gänsweid-Apotheke ihre Pforten. All seine Pläne seien aufgegangen, freut sich Mir Ghaffari. Die Referenz an den Ort sei bei den Nieder-Mockstädtern ebenso gut angekommen wie die Offizin selbst. „‘Was für eine schöne Apotheke mit richtig Platz‘, habe ich häufig gehört. Da hat man das Gefühl, Einiges richtig gemacht zu haben. Ich fühle mich hier mit meinen Kunden sehr wohl.“ Eine Spezialisierung auf ein bestimmtes Fachgebiet hat er sich noch nicht erkoren. „Wir müssen erst mal Erfahrungswerte sammeln, mit welchen Krankheiten die Patienten zu uns kommen.“
Um die weitere Zukunft seines Betriebs sei ihm gar nicht bange. „Unsere Apotheke ist gut erreichbar, sie liegt an einer viel befahrenen Pendlerstraße und hat viele Parkmöglichkeiten direkt vor der Tür.“ Der wichtigste Baustein zum dauerhaften Erfolg seien jedoch seine zehn Mitarbeiterinnen. „Gutes Personal ist das Kapital für die Zukunft. Das gibt es nicht an jeder Ecke. Gerade im ländlichen Raum ist es schwer, überhaupt jemanden zu finden“, hat Mir Ghaffari erfahren. „Viele Apotheken schließen, die erfahrenen Fachkräfte ziehen weg oder es ist kein Nachwuchs zu finden.“ Er selbst hatte Glück: „Ich habe mir nette, kompetente Kollegen aus der Umgebung ins Boot geholt. Viele von ihnen kennen die Menschen hier in der Gegend schon. Das ist eine gute Basis zum Aufbau einer Stammkundschaft. „Ich bin stolz auf meine Kolleginnen!“
Gleichwohl nimmt Mir Ghaffari wahr, dass Neueröffnungen gerade in der Provinz eher die Ausnahme als eine Regel sind. „Eine klassische, kleine, feine Landapotheke zu unterhalten, wird wirtschaftlich und technisch auf Dauer nicht mehr möglich sein. Die Apotheken werden eine neue Gestaltung, eine neue Fassade, eine neue Organisation brauchen“, prophezeit Ghaffari. Doch so entstünden neue Möglichkeiten. „Eine Apotheke wird künftig dann die Arbeit von drei, vier anderen übernehmen müssen.“
Das bleibe nicht ohne Auswirkungen für die Patienten: „Die Entfernungen werden größer werden, statt um die Ecke zu gehen, wird man vielleicht ein paar Kilometer fahren. Aber das ist immer noch besser, als von hier aus beispielsweise nach Frankfurt zu müssen.“ Mir Ghaffari selbst wird das Seine zur Sicherung der Versorgung beitragen: „Ich werde meine ganze Kraft in die Apotheke einbringen.“
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