Apothekenschließung

„Die Chefin muss in der Apotheke präsent sein“ Carolin Bauer, 27.02.2016 09:07 Uhr

Berlin - 

Apothekerin Meryem Altuntas war ein Workaholic. Die Münchenerin übernahm vor 14 Jahren ihre erste Apotheke, zwei weitere folgten. Parallel betrieb sie ein Café und ein Labor in der bayerischen Landeshauptstadt. Als vor drei Jahren ihre Tochter auf die Welt kam, musste sie entschleunigen und gab nach und nach mehrere Betriebe auf. Mitte März schließt sie mit der Kapuziner-Apotheke ihre letzte Filiale.

Altuntas übernahm 2002 die Landwehr-Apotheke. Zwei Jahre später gründete sie die Goethe-Apotheke neu. 2009 kam die Kapuziner-Apotheke dazu. „Ohne Kind ging das früher wunderbar“, sagt sie. Der Beruf mache großen Spaß. „Ich bin ein kleiner Workaholic.“

Vor dreieinhalb Jahren wurde ihre Tochter als Frühgeburt in der 27. Schwangerschaftswoche geboren. Daraufhin änderte sich Altuntas Leben. Vor zwei Jahren gab sie die Landwehr-Apotheke auf. Die Familie sei zu kurz gekommen, sagt die Apothekerin. Mit der Schließung der Kapuziner Apotheke verliert München Mitte März eine historische Offizin. Seit knapp 130 Jahren befand sich am Standort eine Apotheke.

Ein Jahr lang hat sie sich für die Entscheidung Zeit genommen, nur noch die Goethe-Apotheke zu leiten. Ein zweiter Standort sei angesichts der Familie zu anstrengend, sagt sie. „Die Chefin muss in der Apotheke präsent sein.“ Der Betrieb bekomme Elan und Motivation, wenn der Inhaber dabei sei. Zuletzt habe sie sogar manche Namen von Stammkunden der Kapuziner-Apotheke vergessen.

Einen Nachfolger hat Altuntas nicht gesucht. Denn die Aussicht auf Erfolg sei ohnehin gering gewesen. „Die Apotheke hat sich mal rentiert, mal nicht“, sagt sie. Der Umsatz habe unter einer Million Euro gelegen. „Ich blicke trotzdem mit einem weinenden Auge auf die Schließung.“

Auch das Team habe sich vernachlässigt gefühlt. Die Apotheke sei zuletzt hauptsächlich von der Filialleitung geführt worden. Die Mitarbeiter seien bereits alle gut versorgt und hätten schon neue Arbeitsplätze gefunden. Mit ihren Angestellten habe die Schließung nichts zu tun: „Ich habe dort Top-Leute.“

Auch Carolin Reffert-Schmitt von der Dom-Apotheke in Worms hat sich für ihre zwei Kinder gegen die Apotheke entschieden. Sie schloss die Offizin im Herbst, nachdem sie keinen Nachfolger gefunden hatte. Auch ihr ist der Schritt nicht leicht gefallen. Notdienste und kurzfristige Einsätze in der Apotheke hätten aber beispielsweise das Familienleben belastet.