Adexa warnt vor Arbeit am Wochenende APOTHEKE ADHOC, 14.05.2015 09:13 Uhr
Die Apothekergewerkschaft Adexa warnt vor dem Verschmelzen von Beruf und Privatleben in der Apotheke. Das sogenannte Work-Life-Blending berge Gefahren und sei „mit äußerster Vorsicht zu genießen“. Zunehmend schwappe Arbeit ins Privatleben über und gefährde die Gesundheit der Mitarbeiter. Online fragt die Gewerkschaft derzeit die Situation in Apotheken ab.
Um den unvermeidlichen Stress und die Anspannung bei der Arbeit auszuhalten, seien Phasen der Entspannung und Erholung nötig: „Und zwar ungestört! Das gilt für den Feierabend, für das Wochenende und den Urlaub“, so die Adexa. Die Idee, als Arbeitgeber während der Geburtstagsfeier seines Kindes ein wichtiges Gespräch mit einem Mitarbeiter zu führen und dies als positiven Trend zu begreifen, sei absurd.
Manche Arbeitgeber würden selbst um drei Uhr nachts noch eine SMS für den folgenden Arbeitstag absetzen. Wer berechtigte Notfälle zum Normalfall mache, bekomme „hoffentlich den verdienten Ärger mit seiner Familie“, so die Gewerkschaft.
Ähnliches gar von Angestellten zu verlangen, sei eine Schreckensvision: Wenn sich die Bereiche vermischten, würden die Regenerationszeiten ständig unterbrochen. Bei abhängiger Lohnarbeit wiege dies umso schwerer, wenn nicht richtig definiert sei, wann man ansprechbar sein sollte und wann nicht.
„Wer lässt denn ohne schlechtes Gewissen und Rechtfertigungsdruck das Handy am Abend klingeln, wenn der Chef dran ist?“, fragt die Adexa. Man schalte nie richtig ab, sei in ständiger Rufbereitschaft und im Lauermodus. Es könnte ja eine wichtige E-Mail kommen, das Handy klingeln oder auch eine Idee im Kopf rumspuken, die dann sofort umgesetzt werden müsse.
„Wenn man von der Arbeit nicht loslassen kann und ständig Arbeitsthemen in die Freizeit und das Familienleben grätschen, nennt man so jemanden einen Workaholic. Und dahinter steht ein Krankheitsbild!“ Dies sei der Wegbereiter für einen Burnout. Wenn schon Rufbereitschaft, dann zu entsprechenden Konditionen – bei einem ordentlichen Lohnzuschlag und zu festgelegten Zeiten, so die Gewerkschaft.
Andersherum sei es gerade in Apotheken nicht erstrebenswert, dass Mitarbeiter während der Arbeitszeit ihre WhatsApp-Nachrichten und Facebook-Postings von Freunden abriefen: „Gute pharmazeutische Arbeit für und mit Menschen braucht aus unserer Sicht Konzentration und Zuwendung“, so die Gewerkschaft. „Nur so kann eine optimale Leistung entstehen.“
Für die Regeneration seien Pausen gut und notwendig. „Dabei wollen wir keineswegs den tauben Ohren von Arbeitgebern für private Belange und Notfälle das Wort reden.“ Die bettlägerige Mutter, die Theateraufführung der Tochter, die Beerdigung des Patenonkels – das seien Gründe, um im Team eine familiengerechte Lösung zu finden.
Das Privatleben bestehe zudem nicht nur aus Erholung, sondern aus jeder Menge Haus-, Familien- und Beziehungsarbeit. Das könne Kraft geben aber auch viel Energie verbrauchen – etwa bei der Pflege von Angehörigen oder beim Streit mit dem Partner oder den Kindern. „Da ist man manchmal vielleicht sogar lieber am Arbeitsplatz als zuhause“, schreibt die Gewerkschaft. Dafür jedoch brauche man als Arbeitnehmer die Gewissheit, dass die Freizeit nicht von Arbeit unterbrochen werde.
Hin und wieder erhalte die Adexa entsprechende Mitteilungen von Angestellten. Geballt kämen solche Rückmeldungen jedoch nicht. „Das heißt aber nichts“, sagt Vorsitzende Tanja Kratt. Nicht jeder melde sich gleich bei der Adexa. Um genau zu erfahren, wie sehr das Work-Life-Blending in den Apotheken Einzug hält, fragt die Gewerkschaft aktuell online Apotheker und PTA nach ihren Erfahrungen und Wünschen.
Die Teilnehmer sollen angeben, ob sie nach Feierabend berufliche Telefonate führen oder in der Freizeit und im Urlaub regelmäßig Ihre beruflichen Nachrichten checken. Auch sollen sie angeben, ob sie dies freiwillig tun oder ob es erwartet wird. Daneben wird die Meinung abgefragt, ob Apothekenangestellte auch außerhalb der Pausenzeiten ihre mobilen Geräte für private Zwecke nutzen dürfen sollten und wie das Konzept Work-Life-Blending insgesamt bewertet wird.