Die ABDA versucht seit Jahren, das Medikationsmanagement in der Apotheke zu etablieren und damit eine weitere Vergütungsquelle zu erschließen. Doch das Modellprojekt ARMIN hat nach wie vor Verspätung. Die private Krankenversicherung DKV bietet jetzt in Kooperation mit den „Guten Tag Apotheken“ der Kooperation Elac Elysée eine Medikationsanalyse an. Die Teilnehmer erhalten 80 Euro.
Das Pilotprojekt läuft seit April. In Berlin, Hamburg und München beteiligen sich laut Elac knapp 50 Mitglieder. Die Teilnehmer werden in zweistufigen Seminaren von einer zertifizierten Medikationsmanagerin ausgebildet. Für Apotheken sei es wichtig, eine vertrauensvolle Basis zum Kunden aufzubauen und diesen im Bereich der Arzneimitteleinnahme mit Hilfe zur Seite zu stehen, sagt Elac-Chef Frank Baer. Kosten könnten dadurch gesenkt und Wechselwirkungen rechtzeitig aufgedeckt werden.
Elac wollte nicht auf ARMIN und den Ausgang in Sachsen und Thüringen warten. „Wichtig war uns, einfach zu beginnen“, sagt Baer. Durch die Zusammenarbeit mit der DKV könnten Aufwand und Nutzen der Medikationsanalyse eingeschätzt und optimiert werden. Die Systemzentrale mit Sitz in Hamm will auch die Weichen für weitere Projekte mit anderen Kassen stellen. Ein Ziel könne ein eigenes Elac-System sein, so Baer.
Die DKV hat insgesamt rund 1300 Voll- sowie Beilhilfeversicherte angeschrieben, die fünf oder mehr Medikamente einnehmen. Die Patienten sollten sich bei den Apotheken melden und einen Termin vereinbaren. Vorgesehen sind ein Gespräch über aktuell eingenommene Rx-Medikamente sowie Selbstmedikation. Dafür ist etwa eine Stunde angesetzt. Im Anschluss bewertet der Apotheker die Daten und informiert Patienten oder Arzt über mögliche Wechsel- und Nebenwirkungen.
Die Ergo-Tochter bietet ihren Mitgliedern erstmals einen Medikations-Check an. Die Pilotphase läuft bis Ende des Jahres. Bislang hätten sich rund 70 Versicherte zurückgemeldet, sagt eine Sprecherin. Der Bedarf sei vorhanden; allerdings gebe es sicher Versicherte, die den Service nicht annehmen würden, da es sich nicht um ihre Stammapotheke handele. Ob das Projekt ausgeweitet wird, will die Versicherung im kommenden Jahr nach der Auswertung entscheiden.
Die Münchener Apothekerin Barbara Walter hat bisher vier Versicherte beraten. „Beim ersten Patienten habe ich zwei Tage für die Analyse gebraucht“, sagt sie. Mittlerweile gehe es schneller. Die Analyse könne derzeit aber nicht täglich durchgeführt werden. Der Check sei arbeitsintensiv. Die Vergütung hält die Pharmazeutin für angemessen. „Ich habe aber nicht die Illusion, dass uns die Krankenkassen soviel zahlen würden.“
Für die Kundenkontakte sei der Medikationscheck ein Zusatzgewinn: „Die Patienten gehen glücklicher aus der Apotheke“, sagt Walter. Außerdem komme sie sich als Apothekerin wieder gebraucht vor. „Ich habe viel dabei gelernt“, sagt sie. Walter hat wie die anderen Elac-Apotheker zuvor an der Schulung teilgenommen. Die Kasse habe vorher auch auf Einsparungen durch Generika, Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) sowie Doppelmedikation hingewiesen, sagt die Apothekerin.
In der Hamburger Schwanen-Apotheke wurde mit der Analyse bei einem Patienten eine Kontraindikation entdeckt. In diesem Fall sei der behandelnde Arzt informiert worden, sagt Apothekerin Ina Barzel. Bisher hätten sich zehn Versicherte gemeldet. Das Pilotprojekt werde bei Patienten und in der Angestellten positiv bewertet: „Diese Arbeit gehört zur Apotheke und zeichnet unsere Kompetenz aus“, sagt Barzel. Ein guter Arzt solle glücklich über diese pharmazeutische Unterstützung sein und die Zusammenarbeit zwischen Offizin und Praxis Hand in Hand gehen.
Ähnlich funktioniert das Modell Athina, das die Kammern in Nordrhein, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen ihren Mitgliedern anbieten. Nach einer entsprechenden Weiterbildung laden die Apotheken ihre Patienten ein, alle Rx- und OTC-Medikamente sowie Nahrungsergänzungsmittel, die sie einnehmen, in die Apotheke zu bringen.
Dort werden Dosierungen, Einnahmeregimes, Verfalldaten, Doppelverordnungen und Interaktionen in einem elektronischen Erfassungsbogen – entsprechend dem Aktionsplan AMTS – dokumentiert und geprüft. Beim zweiten Termin folgt ein intensives Beratungsgespräch, in dem die Ergebnisse ausgewertet werden. Auch für Athina soll es irgendwann Geld geben; einstweilen sollen die Apotheken den Patienten einen Betrag nach LeikA für die Dienstleistung in Rechnung stellen.
Doch es gibt auch Kassen, die für Medikationschecks zahlen – allerdings nicht an Apotheker, sondern an Ärzte. 80 beziehungsweise 160 Euro können Hausärzte in Nordrhein-Westalen bei der AOK Rheinland/Hamburg für eine Analyse abrechnen. Die Kasse wählt potenzielle Teilnehmer aus und informiert die Mediziner: Mit dem Einverständnis des Patienten wird dem Arzt eine vollständige Liste der Medikation der vergangenen vier Quartale – inklusive Verordnungen und Diagnosen – geschickt.
Die Knappschaft-Bahn-See (KBS) hat ein ähnliches Modell. Im Fokus stehen bei beiden Kassen ältere und chronisch kranke Patienten, die mindestens fünf Medikamente erhalten oder bei denen mittelschwere Interaktionen wahrscheinlich sind. Auch Versicherte, die Wirkstoffe von der sogenannten Priscus-Liste erhalten, werden angesprochen. Bislang ist die Resonanz überschaubar.
AXA und Gothaer bieten zusammen mit der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft (HÄVG), ein Dienstleistungsunternehmen des Hausärzteverbands, bundesweit einen Arzneimittelservice für Privatversicherte an. Seit September 2012 können Hausärzte bundesweit Arzneimittel-Checks durchführen und ihre Patienten zu Nebenwirkungen und Interaktionen beraten. 87,73 Euro können die Mediziner pro Patient und Jahr nach Gebührenordnung abrechnen. Die Versicherten müssen keinen zusätzlichen Tarif abschließen.
Doch es gibt auch Kassen, die in Sachen Medikationsmanagement auf die Apotheken setzen: In Mittelfranken fand in diesem Jahr die Aktion „Arzneimittel sicher einnehmen“ zum sechsten Mal statt. Der Bayerische Apothekerverband (BAV) kooperiert mit der AOK Bayern; Geld gibt es aber nicht: Die Pharmazeuten wollen beweisen, dass ihr Einsatz sich für Versicherte und Kasse auszahlen kann.
In Sachsen-Anhalt konnten Patienten in diesem Frühjahr ihre Medikation im Rahmen des Projektes „Eine Tüte Sicherheit“ von einem Apotheker prüfen lassen. Die Ergebnisse könnten aus Sicht von Kammerpräsident Dr. Jens-Andreas Münch Argumente für eine Vergütung liefern. Bei der Aktion sei auch deutlich geworden, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker sei. Denn in der Mehrzahl der Fälle seien weder Arzt noch Apotheke umfassend über die Medikation des Patienten informiert gewesen.
Die Techniker Krankenkasse (TK) bietet Typ-2-Diabetikern seit einem Jahr zwei Beratungstermine in ihrer Stammapotheke an: Alle Versicherten, die im Rahmen des TK-Arzneimittelcoachings „Diabetes“ betreut werden, können den Service nutzen. Die Apotheken erhalten nach dem Ende der Startphase 25 Euro für die Zusatzleistung.
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