Apothekenbetriebsordnung

Dürfen Apotheker Ohrlöcher stechen? Alexander Müller, 02.12.2014 12:55 Uhr

Berlin - 

Blutdruck oder Blutzucker bestimmen, Anmessen von Kompressionsstrümpfen – alles Services, die viele Apotheken ihren Kunden anbieten. Aber zählt Ohrlöcherstechen noch zu den Aufgaben einer Apotheke? Die Apothekerkammer Nordrhein ist anderer Ansicht und hat die Wettbewerbszentrale eingeschaltet. Doch die abgemahnte Apothekerin verteidigt ihr Angebot.

Die Firma Studex ist nach eigenen Angaben weltweit führender Hersteller von Ohrlochstechsystemen und Ohrringen. Der Außendienst besucht nicht nur Juweliere, sondern spricht gezielt auch Apotheken und Ärzte an. Weil das Stechen der Ohrlöcher mit den Geräten keine große Kunst ist, bieten bundesweit Apotheken den Service an.

So auch die Löwen-Apotheke aus Solingen. Im Ortsteil Ohligs gebe es derzeit keinen Juwelier mehr, der Ohrlöcher steche, berichtet Inhaberin Karoline Horstkotte. „Wir wollen unseren Kunden eine Möglichkeit geben, das sauber und steril machen zu lassen“, so die Apothekerin. Die Ohrlochstecker würden nicht separat verkauft, sondern nur in Kombination mit dem Ohrlochstechen.

Die Apotheke hat von der Wettbewerbszentrale eine Abmahnung erhalten. In einem weiteren Fall in Bayern ist der Pharmazierat eingeschritten. Das Argument ist jeweils dasselbe: Das Stechen von Ohrlöchern habe keinerlei Gesundheitsbezug und gehöre daher nicht in die Apotheke.

Bei Studex ist man vom Gegenteil überzeugt und hat von der renommierten Kanzlei Oppenländer Rechtsanwälte ein Gutachten anfertigen lassen, um den Gesundheitsbezug zu belegen. Rechtsanwalt Dr. Heinz-Uwe Dettling hat die Firma juristisch munitioniert.

Die Wettbewerbszentrale verweist dagegen unter anderem auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Verkauf von Magnetschmuck in Apotheken. Aus Sicht der Leipziger Richter hatte die Aufsicht dies zu Recht untersagt, weil das Produkt nicht zum zulässigen Warensortiment einer Apotheke gehöre. Es sei weder Arzneimittel noch Medizinprodukt und erfülle auch nicht die Voraussetzung einer apothekenüblichen Ware nach der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), so das BVerwG im September 2013.

Die Wettbewerbszentrale will gegen die Löwen-Apotheke eine einstweilige Verfügung erwirken. Dort wird der Service weiter angeboten – bis zu einer juristischen Klärung will Horstkotte weitermachen. Ein Mitarbeiter von Studex sei zur Schulung in der Apotheke gewesen, berichtet die Apothekerin. Die Handhabung der Geräte sei sehr leicht, das Stechen absolut hygienisch. Die entsprechend geschulten PTA würden das Stechen in einem Nebenraum durchführen. „Ich finde es besser, das passiert in einer Apotheke, als auf dem Jahrmarkt“, so Horstkotte.