Apothekenbetriebsordnung

Apotheker dürfen keine Ohrlöcher stechen

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Berlin -

Das Stechen von Ohrlöchern zählt nicht zu den apothekentypischen Tätigkeiten. Das hat das Landgericht Wuppertal heute entschieden und Apothekerin Karoline Horstkotte aus Solingen verboten, ihren Kunden diesen Service anzubieten. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale im Auftrag der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR). Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Horstkotte hatte in ihrer Löwen-Apotheke in Solingen-Ohligs in Kooperation mit dem Hersteller Studex das Stechen der Ohrlöcher und Einsetzen der Ohrstecker angeboten. „Wir wollen unseren Kunden eine Möglichkeit geben, das sauber und steril machen zu lassen“, sagte die Apothekerin. Die Ohrlochstecker wurden nicht separat verkauft, sondern nur in Kombination mit dem Ohrlochstechen.

Doch aus Sicht der AKNR zählt der Service nicht zu den Aufgaben einer Apotheke. Auf Antrag der Wettbewerbszentrale hat das Landgericht im Wege der einstweiligen Verfügung entschieden, dass die Apothekerin nicht mehr für das Angebot werben darf. Horstkotte trägt die Kosten des Verfahrens.

Ein Sprecher des Gerichts teilte mit: „Der Entscheidung der Kammer liegt folgende zusammenfassende Bewertung der Rechtslage zugrunde: Ein Apotheker darf nicht für das Stechen von Ohrlöchern inklusive Ohrsteckern werben, weil die beworbene Leistung nicht apothekenüblich ist.“ Apothekenüblich sei, was die Gesundheit fördere, das Stechen von Ohrlöchern falle nicht unter diese Definition.

Studex ist nach eigenen Angaben weltweit führender Hersteller von Ohrlochstechsystemen und Ohrringen. Der Außendienst besucht nicht nur Juweliere, sondern spricht gezielt auch Apotheken und Ärzte an. Weil das Stechen der Ohrlöcher mit den Geräten keine große Kunst ist, bieten bundesweit Apotheken den Service an.

Weil neben Horstkotte auch ein Kollege aus Bayern Ärger mit dem Pharmazierat bekam, hat Studex eigens ein Gutachten bei der Stuttgarter Kanzlei Oppenländer in Auftrag gegeben. Der Verband der Europäischen Hersteller von Ohrlochstechsystemen (Ear Piercing Manufacturers of Europe, EPM) hatte sich darauf bezogen und eine Stellungnahme abgegeben. Studex ist Mitglied im Lobbyverband der Ohrlochstecher.

Dem Gutachten zufolge soll das Ohrlochstechen mit dem System von Studex durchaus eine apothekenübliche Dienstleistung im Sinnes der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sein und die zugehörigen Ohrstecker seien apothekenübliche Waren. Das in den Apotheken eingesetzte System minimiere die beim Ohrlochstechen bestehenden, wenn auch geringen Gesundheitsrisiken, erklärt Ingo Reiners, Repräsentant des EPM in Deutschland. Die medizinischen Ohrstecker würden nämlich in sterilen Einmalkartuschen in das Gerät eingesetzt. Der Anwender müsse also weder die Einstichstelle am Ohr noch den medizinischen Ohrstecker mit der Hand berühren.

Die Wettbewerbszentrale hatte dagegen unter anderem auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Verkauf von Magnetschmuck in Apotheken verweisen. Aus Sicht der Leipziger Richter hatte die Aufsicht dies zu Recht untersagt, weil das Produkt nicht zum zulässigen Warensortiment einer Apotheke gehöre. Es sei weder Arzneimittel noch Medizinprodukt und erfülle auch nicht die Voraussetzung einer apothekenüblichen Ware nach der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), so das BVerwG im September 2013.

In erster Instanz hat sich die Wettbewerbszentrale durchgesetzt und die einstweilige Verfügung erwirkt. Horstkotte hatte den Service zunächst weiter angeboten, darf aber vorerst keine Ohrlöcher mehr stechen.

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