Dienstbereitschaft

Notdienst-Plan per Knopfdruck

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Berlin -

Seit im vergangenen Jahr das Notdienstsystem der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) von Grund auf erneuert wurde, übernimmt eine Software die Verteilung der Notdienste in dem Kammerbezirk. Dadurch werden die Apotheken um zahlreiche Dienste entlastet. Außerdem kann das System flexibel auf Änderungen, wie zum Beispiel Apothekenschließungen, reagieren. Nun macht das Modell die Runde.

Die Software zur Berechnung der Notdienste stammt von der PR- und Web-Agentur Cyrano, die bereits die ABDA-Kampagne zur Bundestagswahl „Gesundheit wählen“ organisiert hat. Zunächst werden die Geodaten in die Software eingespielt: die Adressen der einzelnen Apotheken und die Mittelpunkte einzelner Orte mit der jeweiligen Einwohnerzahl. Großstädte erhalten dabei mehrere Ortsmittelpunkte.

Dann beginnt die Mathematik: Auf Grundlage der Daten, die in das System eingepflegt werden, berechnet die Software, welche Apotheke wann Notdienst machen muss. Dabei berücksichtigt das Programm, welcher Apotheker bereits stark belastet ist und entscheidet sich immer für denjenigen, der bislang am besten weggekommen ist. Auch Sonn- und Feiertage werden berücksichtigt: Wer etwa zu Weihnachten Dienst hatte, muss Ostern nicht schon wieder ran. Abschließend wird die Notdienst-Verteilung noch einmal händisch für jeden Tag des Jahres kontrolliert.

Die Kammern können an verschiedenen Stellschrauben drehen, zum Beispiel der Entfernung zwischen Ortsmittelpunkt und Apotheke oder der Einteilung verschiedener Stadtgrößen. Auf diese Weise kann festgelegt werden, dass Menschen in einer Großstadt maximal zehn Kilometer bis zur nächsten Apotheke fahren und dass Großstädte mehr als 80.000 Einwohnern haben müssen. So kann das System auf die Begebenheiten in den einzelnen Kammerbezirken angepasst werden. Der Computer rechnet sechs bis zehn Stunden.

Bei der Einteilung werden aber nicht nur die reinen Zahlenwerte berücksichtigt, sondern auch lokale Begebenheiten. Eine wichtige Rolle spiele die Psychologie, erklärt Cyrano-Geschäftsführer Alexander Springensguth: „Sie können es einem Menschen aus dem Stadtrand eher zumuten, zum Notdienst in die Stadt zu fahren, als einem Städter, auf das Land zu fahren.“

In Westfalen-Lippe ist die Zahl der Dienste AKWL-Geschäftsführer Michael Schmitz zufolge von rund 40.000 im Jahr 2011 auf rund 30.000 im vergangenen Jahr gesunken. Durch die Aufhebung der Kreisgrenzen werden die Notdienste gerechter zwischen den Apotheken verteilt: „Vorher gab es Apotheken mit vielen Notdiensten und wenig Patienten, und Apotheken mit wenig Diensten und vielen Patienten“, so Schmitz. Von der Umstellung des Systems profitierten 90 Prozent der Apotheken.

Springensguth zufolge werden bei der Einführung der Software durchschnittlich 45 Prozent der Apotheken um drei oder mehr Notdienste entlastet – rund 5 Prozent der Apotheken werden sogar mehr als zehn Notdienste erspart. Bei 50 Prozent der Apotheken ändert sich demnach fast nichts, sie müssen ein oder zwei Notdienste mehr oder weniger machen. 5 Prozent der Apotheken müssen häufiger einen Notdienst leisten.

Die Entfernungen hätten sich hingegen kaum verändert, sagt Springensguth: Durchschnittlich verlängerten sich die Wege in Großstädten von 2,6 auf 2,8 Kilometer, in mittelgroßen Städten von 5,7 auf 6,4 Kilometer und auf dem Land von 9,1 auf 9,7 Kilometer. Damit sei man aber nach wie vor weit von den politisch vorgegebenen Maximaldistanzen von meistens 10, 15 und 20 Kilometern entfernt, so der Agenturchef.

Das Modell überzeugte auch die Apothekerkammer Nordrhein: Kammerpräsident Lutz Engelen geht davon aus, dass mit dem System mehr als 10 Prozent Entlastung für den Berufsstand erreicht werden könnten. Im September sollen den Apothekern die Notdienstpläne für 2014 vorgestellt werden. Anschließend können vier Wochen lang Dienste getauscht werden – Tauschpartner schlägt die Software vor. Im Januar soll es dann die ersten Notdienste nach dem neuen System geben.

Mit dem System werden in Nordrhein auch die 2300 Teildienste abgeschafft: „Da schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagt Engelen mit Blick auf das Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz (ANSG). Laut Gesetz werden nämlich nur Volldienste vergütet. Außerdem wird durch die IT-Lösung direkt dokumentiert, welche Apotheke wann Notdienst macht – Daten, die die Kammern künftig ohnehin erheben müssen.

Perspektivisch können die Systeme mehrerer Kammern miteinander verbunden werden. Technisch sei dies bereits möglich, so Springensguth. Und Engelen plant schon weiter und hat die Kammergrenze zu Westfalen-Lippe im Blick: „In den nächsten Jahren können auch Synergien zwischen Westfalen-Lippe und Nordrhein genutzt werden.“

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