Bundesverwaltungsgericht

Apotheken-Notdienst beschäftigt Richter

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Jeder zehnte Apotheker in Deutschland betreibt eine oder mehrere Filialen. Für so manchen Inhaber liegt es nahe, die anfallenden Notdienste in einer ihrer Apotheken zu bündeln. Da die Kammern dies offenbar nicht mehr genehmigen, beschäftigt der Streit die Richter. Nun ist ein höchstinstanzliches Urteil zu erwarten: Die Thüringener Apothekerkammer klagt gegen zwei ihrer Mitglieder vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Thomas Hartmann, Inhaber von vier Apotheken in Gera, will seit Jahren die Notdienste seines Filialverbundes in der Vitalis-Apotheke durchführen. Anders als die Filialen liegt die Hauptapotheke zentral und nur wenige Gehminuten von einem Ärztehaus entfernt. Dort sei es einfacher, das Warenlager für den Notdienst anzupassen, sagte Hartmann gegenüber APOTHEKE ADHOC. Im Übrigen habe er früher problemlos sämtliche Notdienste in der Vitalis-Apotheke durchgeführt, die damals noch eine Filialapotheke war.

Im August 2006 hatte Hartmann bei der Kammer eine Verlängerung der Ausnahmegenehmigung beantragt. Doch sein Ersuchen wurde abgelehnt. Die Kammer erklärte, dauerhafte Notdienst-Übernahmen würden nicht mehr genehmigt. Filialapotheken seien keine Apotheken minderen Ranges.

„Aus Sicht des einzelnen Apothekers ist die Forderungen nachvollziehbar“, sagte ein Kammersprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC. Die Kammer hat aber grundsätzliche Bedenken: Würde der Notdienst an eine andere Apotheke abgegeben, sei dies der Anfang vom Ende der vollwertigen Apotheke: Schrittweise könnten weitere Leistungen wegfallen. Denn in Apotheken ohne Notdienst wäre das - in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vorgeschriebene - Notdienstzimmer überflüssig und könnte abgeschafft werden.


In einem nächsten Schritt könnte die Streichung von Labor und Rezeptur an der Reihe sein. „Die vorgezeichnete Spirale lässt sich ohne weiteres bis auf das niedrigste Niveau fortsetzen“, warnt die Kammer ihre Mitglieder in einem Rundschreiben. Ohne Beratung wären Apotheken bloße Pick-up-Stellen - und schließlich auch die Apotheker überflüssig.

Seit beinahe vier Jahren beschäftigt der Notdienststreit in Gera daher die Richter: Im Juni 2007 hatte das dortige Verwaltungsgericht die Ablehnung der Kammer bestätigt. Hartmanns Forderungen seien „sinngemäß als Befreiungsantrag“ für drei seiner vier Apotheken aufzufassen, betriebswirtschaftliche Argumente seien kein berechtigter Grund für die Ausnahme vom Notdienst.

Hartmann legte Berufung ein. Im April 2010 folgten die Richter des Thüringer Oberverwaltungsgericht seiner Argumentation zumindest teilweise. Demnach reicht grundsätzlich „jeder sachliche vernünftige, triftige Grund“ für die Ausnahmegenehmigung. Allerdings sei es Sache der Kammer, erneut über Hartmanns Antrag zu entscheiden.

Eine Entwicklung hin zu Schwerpunktapotheken kann das Gericht nicht erkennen: Die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung werde von anderen Regelungen der ApBetrO - wie etwa zur Einrichtung der Betriebsräume - sichergestellt.

Die Apothekerkammer ging in Revision, um endgültige Klarheit zu erhalten. „Wir wollen die Frage höchstrichterlich klären lassen“, so der Sprecher. Neben dem Fall aus Gera beschäftigt sich das Bundesverwaltungsgericht auch mit dem Streit zwischen der Apothekerkammer und einer Apothekerin aus Jena, die die Notdienste ihrer Filialapotheke ebenfalls auf die Hauptapotheke übertragen will. Auch hier hatte das Thüringer Oberverwaltungsgericht die Kammer zu einem erneuten Bescheid aufgefordert. Die Verhandlungstermine vor dem Bundesverwaltungsgericht stehen noch nicht fest.

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