Apotheken mit Heiligenschein Deniz Cicek-Görkem, 19.12.2017 13:03 Uhr
Einen passenden Namen für sein Neugeborenes zu finden, ist häufig ein Denkakt. Bei der eigenen Apotheke sieht es nicht anders aus. Auf Namen von Tieren und Wissenschaftlern sowie regionale Besonderheiten greifen die Apotheker oftmals zurück, aber auch Heilige sind besonders populär. Doch wer verbirgt sich eigentlich hinter diesen Namensgebern?
Nach christlicher Lehre handelt es sich bei Heiligen um Menschen, die Gott besonders nahe standen beziehungsweise in religiöser und ethischer Hinsicht vorbildlich gehandelt haben. Die Anrufung um ihre Fürbitte ist im katholischen Glauben üblich, etwa bei Sakramenten wie der Taufe. Evangelische Christen dagegen nehmen sie als Vorbilder im Glauben wahr. Oder sie werden um Fürsprache für einen bestimmten Ort, eine Region, einen Beruf oder einen Zustand angerufen. Und nicht nur die Kirche sieht die Heiligen als Schutzpatrone, sondern auch viele Apothekeninhaber.
Die Promis unter den Heiligen dürften Sankt Martin und Sankt Nikolaus sein. Der Heilige Martin wurde als Helfer der Armen bekannt, da er seinen Mantel mit einem Bettler teilte und wurde später wegen seiner guten Taten heiliggesprochen. Als er aufgrund seiner Tat zum Bischof der Stadt ernannt werden sollte, versteckte er sich aus Bescheidenheit und die Menschen suchten die halbe Nacht mit Laternen nach ihm. Als christliches Fest findet daher jährlich am 11. November zur Erinnerung an diese Geschichte ein Laternenumzug statt. Nikolaus von Myra ist den Legenden zufolge Mitgiftspender, Wunderheiler und Retter.
Die beiden Persönlichkeiten schmücken zwar die Namensschilder vieler Apotheken, doch ein Promi-Leben reicht anscheinend nicht aus. Denn im bundesweiten Vergleich unter Apotheken ist Georg der beliebteste Heilige, mehr als 60 Apotheken sind nach ihm benannt. Der Überlieferung zufolge war er ein Märtyrer, da er während der Christenverfolgung unter Diokletian (284–305) umkam. Georg ist bekannt als mutiger Held im Kampf gegen das Böse und zählt unter anderem als Helfer bei Fieber, Pest sowie als Beschützer der Haustiere. Sankt Georg ist Schutzpatron für Kranke und Aussätzige und passt damit in das Bild der Ratsuchenden, die in die Apotheke kommen.
Er ist außerdem einer der sogenannten „vierzehn Nothelfer“, die in der katholischen Kirche als Schutzpatrone im Gebet angerufen werden. Die Nothelfer sind 14 Heilige aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert, bestehend aus drei weiblichen und elf männlichen Heiligen und werden auf ein bayerisches Brauchtum zurückgeführt. „Die Entstehung der Nothelfer geht auf das Bistum Regensburg zurück. Regional gibt es Unterschiede in der Wahrnehmung der Gedenktage“, sagt die am Bistum Görlitz tätige Theologin Katja Wöhle. In Berlin und Umgebung sowie in Sachsen sei das Gedenken an diese Heilige nicht so stark ausgeprägt. Das erklärt wahrscheinlich, warum es in Bayern so viele Sankt-Georg-Apotheken gibt.
Unter den weiblichen Heiligen bevorzugen Apothekeninhaber die Heilige Barbara. Überlieferungen zufolge wurde sie in einem Turm eingesperrt, misshandelt und getötet. „Türme werden mit Maurern assoziiert, daher ist sie unter anderem Schutzpatronin dieser Berufsgruppe“, erklärt Wöhle. „Aber sie ist auch Helferin der Sterbenden. Apotheker sind im Alltag auch mit Todkranken konfrontiert. Möglicherweise bedienen sich die Inhaber deshalb gerne diesem Namen“, ergänzt die 33-jährige Expertin.
Als weibliche Namensgeber tauchen weiterhin die Heilige Anna, der christlichen Lehre nach die Großmutter Jesu sowie die Heilige Maria, öfter auf. Von den rund 380 Marien-Apotheken befindet sich der größte Teil in Bayern. Denn Maria, Mutter Jesu, wird in diesem Bundesland mit der Bezeichnung „Patrona Bavariae“ als Schutzheilige verehrt.
Weitere Lieblinge der Apotheker sind Namen der Zwölf Apostel, die Jünger Jesu. Dazu gehören beispielsweise Petrus, Jakobus, Johannes sowie Thomas. Die Namen kommen sowohl mit als auch ohne der vorangestellten Bezeichnung „Sankt“ oder „St.“ sehr häufig vor. Manche Apotheker knöpfen sich gleich das ganze Team vor und benennen ihr Unternehmen nach ihnen. Apostel(n)-Apotheken sind bundesweit vertreten. „Ihre Gesundheit ist uns heilig“, lautet beispielsweise das Motto der Düsseldorfer Aposteln-Apotheke.
Welcher Name passt denn am besten zu Apotheken? „Zum einen der Heilige Martin, der Helfer der Armen“, sagt die Referentin des Bischofs von Görlitz. Zum anderen würde auch der Heilige Blasius infrage kommen, der einer der vierzehn Nothelfer war. „Der Legende nach hat ein Junge eine Fischgräte verschluckt und wäre fast am Erstickungstod gestorben. Blasius hat seine Hand über den Hals gelegt, woraufhin seine Beschwerden verschwanden“, erzählt Wöhle. Der Blasius-Segen wirkt gegen Halskrankheiten, so der Glaube.
Nicht zuletzt werden Apotheken auch nach dem Heiligen Cosmas benannt. Die Zwillingsbrüder Cosmas und Damian waren der Überlieferung nach Heilkundige. Unabhängig von Krankenversicherung, Religion und Aussehen: Sie behandelten Kranke unentgeltlich und bekehrten viele so zum Christentum. Neben St. Vitus und St. Rochus von Montpellier zählen sie zu den weiteren Schutzpatronen der Apotheker, derer Namen sich Apothekeninhaber bundesweit gerne bedienen.