Video-Spezial Packungsgrößenverordnung

Apotheken kämpfen mit Normgrößen

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Wer als Apotheker dieser Tage in seine Software sieht, weiß nicht, ob er den Informationen wirklich trauen kann. Der Grund ist die Änderung der Packungsgrößenverordnung zum Jahreswechsel. Am Handverkaufstisch stehen die Mitarbeiter beim Austausch von Arzneimitteln vor neuen Herausforderungen.

„Die Situation in den Apotheken ist sehr schwierig gewesen, insbesondere am ersten Tag des Jahres“, sagt der Sprecher des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Thomas Bellartz. „Wir wurden mit einer Reihe von Fehlermeldungen konfrontiert und mit falschen Angaben. Wir haben uns bemüht dies abzustellen, aber das ist sehr schwierig.“

Gehörten bislang alle Packungen unterhalb des definierten Wertes und bis zur nächstkleineren Gruppe zur jeweiligen Normgröße, sind die N-Bereiche jetzt auf konkrete Spannen eingeschränkt. Mit der Änderung wollte das Bundesgesundheitsministerium die politischen und juristischen Wirren um die Austauschbarkeit beenden: Alle Präparate mit gleichem Wirkstoff gelten innerhalb der Spanne um die N-Größe als austauschbar - selbst dann, wenn nicht genau die gleiche Tablettenzahl enthalten ist, also beispielsweise 95 statt 100 Stück.

Substituiert werden kann auch, wenn statt N1, N2 oder N3 eine definierte Tablettenzahl verordnet ist. Allerdings muss dann exakt die verordnete Menge abgegeben werden - es sei denn, die Stückzahl liegt wieder innerhalb einer N-Spanne. Alle Packungen außerhalb der Spanne besitzen aufgrund der Neuregelung zwangsläufig keine Normgröße mehr. Sie sind in der Software mit KTP, dem Kürzel für „keine therapiegerechte Packungsgröße“ gekennzeichnet.


Viele Apothekenmitarbeiter sind verunsichert. Im Wesentlichen stellen sich zwei Fragen: Darf eine Packung ohne N-Größe überhaupt zu Lasten der Krankenkassen abgegeben werden? Und: Wie ist mit einer N-Verordnung umzugehen, wenn es ein Rabattarzneimittel außerhalb der Spanne gibt?

Die Hersteller geben Entwarnung: „Grundsätzlich ist es so, dass auch Packungen, die zukünftig kein N-Kennzeichen mehr tragen, zu Lasten der GKV verordnungs- und erstattungsfähig sind“, sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Ausnahme blieben wie bisher Packungen, die größer seien als die N3 nach den noch unveränderten Messzahlen. „Die Kennzeichnung mit einer N-Nummer ist nicht zwingende Voraussetzung für die Verordnungs- und Erstattungsfähigkeit der Produkte“, so Fahrenkamp. „Diese Auffassung wird auch vom BMG explizit geteilt.“

Ohne diese Neuregelung wäre es zu Engpässen in der Versorgung gekommen: Denn bei bestimmten Arzneimitteln gibt es keine Handelsformen mit N-Kennzeichen mehr. Betroffen sind zum Beispiel Ophthalmologika, Dermatika und Antibiotika. In diesem Fall muss also die abzugebende Menge auf der Verordnung stehen oder beim Arzt nachgefragt werden.

Was das Thema Rabattvertrag und N-Größen angeht, ist ausgerechnet eines der am häufigsten verordneten Arzneimittel betroffen: Für den Protonenpumpenhemmer Omeprazol gilt die N1 mit 20 Stück, die N2 mit 50 Stück und die N3 mit 100 Stück. Zur jeweiligen Spanne gehören also alle Präparate mit 16 bis 24, 45 bis 55 beziehungsweise 95 bis 100 Kapseln.


Die AOK hat jedoch einen Rabattvertrag mit der Firma KSK geschlossen. Die Rabattarzneimittel enthalten 15, 28 und 56 beziehungsweise 98 Stück und liegen damit - bis auf die große N3-Packung - alle außerhalb der Spanne. In vielen Apotheken ist das Problem jedoch noch gar nicht angekommen. Denn der Hersteller hat sein Produkt nicht umgemeldet. So wird Omeprazol KSK in der Software als austauschbar angezeigt - zu Unrecht nach der neuen Packungsgrößenverordnung. Statt 50 Stück erhalten die AOK-Versicherten bei einer N2-Verordnung nur 28 Kapseln.

Beim DAV sieht man die Schuld bei Industrie und Politik gleichermaßen: „Das Chaos wäre seitens der Hersteller zu vermeiden gewesen, indem man einfach korrekt meldet. Aus Sicht des Gesetzgebers wäre eine längere Frist zur Umsetzung besser gewesen. Dann hätte man auch sorgsamer planen können und in dem ein oder anderen Testlauf auch gesehen, was geht und was noch nicht geht“, so Bellartz.

Wer das Risiko bei falscher Abgabe trägt, ist noch vollkommen unklar. Die Hersteller sind zwar verpflichtet, ihre Präparate korrekt zu melden. Sanktionen gibt es allerdings nicht. Im Zweifelsfall könnten also die Apotheken mindestens ein Inkasso-Risiko zu tragen haben.

Der DAV setzt auf Verständnis bei den Kassen: „Wir erwarten von den Krankenkassen, dass sie nicht retaxieren, sondern dass sie sich genauso fair verhalten, wie sich die Apotheken in den letzten Tagen in der Versorgung verhalten haben“, so Bellartz. „Es ist gut versorgt worden, trotz der Probleme, insofern darf nicht retaxiert werden. Ich denke, das werden die Krankenkassen nicht anders beurteilen.“ Der DAV geht allerdings nicht von einer Friedenspflicht aus.


Mit einer schnellen Lösung der Probleme ist nicht zu rechnen. Die aktuellen Daten in der Software beruhen auf den Meldungen der Hersteller vom 7. Dezember. Änderungen sind frühestens zum 1. Februar möglich. Für März ist dann eine Anpassung der N-Größen vorgesehen. Mehr als 3000 Änderungsanzeigen sind beim BMG eingegangen.

Die gestaffelte Umsetzung sorgt nicht nur in den Apotheken für Unmut: „Zum Januar die Spannweitenkorridore einzuführen und innerhalb der nächsten zwei Monate dann möglicherweise noch mal eine Veränderung durchzuführen, macht absolut keinen Sinn“, so Fahrenkamp.

Die nächste Änderung steht im Juli 2013 an. Dann sollen die N-Kennzahlen an der Behandlungsdauer orientiert werden. Liegen die Hersteller wieder nicht im richtigen Korridor, müssen sie ihre Packungen erneut umstellen. Das Thema Packungsgrößen und ihr korrekter Austausch wird die Apotheken also voraussichtlich noch lange beschäftigen.

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