Die Pandemierendite fällt aus, auf die Apotheken dürften schwere Monate zukommen. Wer sich wegen des Engagements der Branche Nachsicht von Markt und Politik erhofft hatte, wurde in den vergangenen Tagen gleich mehrfach enttäuscht. Von den Sparplänen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) bis zu den Spritaufschlägen der Großhändler werden die Kosten für Pandemie und Angriffskrieg in Europa weitergereicht.
Ja, es mag stimmen, dass viele Apotheken in den vergangenen zwei Jahren an Sonderleistungen wie Masken, Tests und Impfzertifikaten dazuverdienen konnten, wenn auch natürlich nicht, ohne die entsprechende Arbeitskraft dafür einsetzen. Den meisten galt das höchstens als Ausgleich zu den seit 18 Jahren ausbleibenden Honorarerhöhungen und den allgemein schwieriger gewordenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Corona hin, Krieg her: Diese Rahmenbedingungen werden von der Politik weiterhin ignoriert. Statt systematischer Erleichterungen will das BMG über eine Erhöhung des Kassenabschlags bei den Apotheken nun sogar die Hand aufhalten.
Dabei sind die Apotheken genauso von den allgemeinen Kostensteigerungen betroffen wie alle anderen Betriebe auch. Explodierende Energie- und Treibstoffkosten schlagen sich auch bei ihnen nieder, genauso wie die überfällige Anpassung der Tariflöhne.
Anders als die Großhändler stecken sie jedoch in einem Dilemma: Sie können die Kostensteigerungen nicht so einfach weitergeben. Wie auch? Durchschnittlich 80 Prozent des Umsatzes entsteht durch verschreibungspflichtige Arzneimittel – da können die Apotheken an keiner Preisschraube drehen. Und auch im OTC-Sortiment wäre es unethisch, den einen oder anderen Zusatzverkauf aus wirtschaftlichen Erwägungen zu forcieren.
Wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nun auch noch argumentiert, die Kassen hätten „sehr starkes Engagement bei der Bewältigung der Corona-Krise“ gezeigt und die erwarteten Milliardendefizite seien „der Preis für die gute Versorgung, von der wir alle profitiert haben“, dann klingt das für viele Apothekerinnen und Apotheker wie Hohn, die in den vergangenen beiden Jahren Überstunden geschoben haben und tief ins persönliche Risiko gegangen sind – nicht nur wirtschaftlich, sondern oft auch gesundheitlich.
Wenn Lauterbach also verspricht, er wolle die Lasten auf verschiedene Schultern verteilen, dann mag das aus seiner Sicht ein fairer Ansatz sein. Er sollte dabei nur sicherstellen, dass jene Strukturen, die sich als krisenfest erwiesen haben, erhalten bleiben. Dazu gehören Praxen und Apotheken vor Ort genauso wie Hersteller, die in Europa produzieren. Und das ist alles andere als selbstverständlich, wie die Entwicklung der Apothekenzahlen bereits seit einem Jahrzehnt zeigt. Ein Griff in die Klamottenkiste seiner Vorgänger ist dabei sicher keine angemessene Maßnahme.
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