Krankenhausversorgung

Apotheken-Bote darf 216 Kilometer fahren APOTHEKE ADHOC, 24.05.2011 11:37 Uhr

Berlin - 

Eine Entfernung von 216 Kilometern ist nah genug, um ein Krankenhaus mit Arzneimitteln zu versorgen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat jetzt entschieden, dass die Apotheke des St. Franziskus-Hospitals Münster mit Sitz in Ahlen ein Bremer Krankenhaus versorgen darf. Damit widerriefen die Richter das Urteil des Verwaltungsgericht (VG) Münster.

Das St. Franziskus-Hospital hatte im Februar 2006 einen Versorgungsvertrag mit dem Krankenhaus St. Joseph-Stift Bremen geschlossen. Beide Einrichtungen gehören zur St. Franziskus Stiftung Münster. Derzeit versorgt die Apotheke rund 20 Krankenhäuser, darunter mehrere des Stiftungsverbands. Der Jahresumsatz der Apotheke beträgt rund 22 Millionen Euro.

In dem Versorgungsvertrag mit dem Bremer Krankenhaus verpflichtete sich die Apotheke, das Krankenhaus dreimal wöchentlich zu beliefern und ein Arzneimittellager für Notfälle zu unterhalten. Akut notwendige Medikamente sollen zudem gegebenenfalls per Botendienst geliefert werden. Im ersten Monat berät der Apotheker laut Vereinbarung an einem Tag die Woche vor Ort in Bremen; zusätzliche Beratungsleistungen müssen dann zusätzlich vergütet werden.

Die zuständige Behörde genehmigte den Vertrag nicht: Es sei nicht sichergestellt, dass die persönliche Beratung gewährleistet sei und das Krankenhaus im Notfall unverzüglich beliefert werde, kritisierte der Landrat des Kreises Warendorf. Bei einer Lieferzeit von mindestens drei Stunden sei eine unverzügliche Belieferung nicht mehr gegeben.

Nachdem der Widerspruch des St. Franziskus-Hospitals abgelehnt wurde, zog das Krankenhaus Anfang 2007 vor Gericht. Die Arzneimittel würden unverzüglich zur Verfügung gestellt - dabei gehe es nicht um örtliche Nähe, sondern um zeitnahe Versorgung. Das Krankenhaus hatte auch auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom September 2008 Bezug genommen, in dem keine konkreten Angaben zur Entfernung gemacht worden seien. Die EU-Richter hatten das Regionalprinzip für vereinbar mit Gemeinschaftsrecht erklärt, da die Einschränkung des Binnenmarktes aufgrund des Gesundheitsschutzes zu rechtfertigen sei.

Aufgrund ihrer Größe habe die Krankenhausapotheke zudem mehr Medikamente als andere Krankenhausapotheken vorrätig, so die Kläger weiter. Für die Beratung müsse der Apotheker nicht vor Ort sein, auch eine unverzügliche Beratung per Telefon oder E-Mail sei möglich. Der Apotheker, der nicht am Krankenbett stehe, könne außerdem sofort auf Fachliteratur zurückgreifen.

Das VG Münster hatte die Klage des St. Franziskus-Hospitals zurückgewiesen: Die persönliche Beratung erfordere die körperliche Anwesenheit des Apothekers. In zweiter Instanz kassierte das OVG Münster in der vergangenen Woche das Urteil. Die Richter sahen die unverzügliche Arzneimittelversorgung gesichert; für die persönliche Beratung sei nicht die Anwesenheit, sondern die Beratung durch den Apotheker selbst entscheidend - die Beratung könne deshalb auch telefonisch oder per E-Mail erfolgen. Nun könnte der Fall vor das Bundesverwaltungsgericht gehen.