Apothekenbetriebsordnung

Medikationsmanagement aus dem Lager

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Berlin -

Mehr als ein Aufbewahrungsort: Der externe Lagerraum einer Apotheke kann nicht nur zum Lagern von Arzneimitteln benutzt werden, sondern auch für die Prüfung von Arzneimitteln, die Beratung von Patienten und sogar das Medikationsmanagement. Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) entschieden und damit einem Apotheker recht gegeben.

Detlef Steinweg hat sich seit dem Jahr 2000 auf die Heimversorgung spezialisiert. Bis Anfang 2006 genehmigte der zuständige Kreis Recklinghausen ihm 15 Heimversorgungsverträge. Im selben Jahr gründete der Apotheker mit der Steinweg Medical ein eigenes Unternehmen zur Verblisterung von Arzneimitteln, an dem mittlerweile die Noweda beteiligt ist.

Da die Räumlichkeiten der Apotheke in der Zwischenzeit zu klein geworden waren, wollte Steinweg die Tätigkeiten zur Heimversorgung 2011 in die zwei Kilometer entfernte Steinweg Medical auslagern. Dafür mietete er zwei Räume für die Apotheke und legte dem Kreis Recklinghausen den Untermietvertrag vor.

Die Aufsichtsbehörde teilte Steinweg allerdings mit, dass seinem Antrag nicht zugestimmt werden könne. Die beabsichtigte Nutzung der Räume sei nicht rechtskonform, hieß es. In der Folgezeit lehnte die Aufsichtsbehörde auch mehrere Heimversorgungsverträge ab. Die Versorgung erfolge nicht ordnungsgemäß, wenn sie aus den Räumen der Steinweg Medical erfolge. Dagegen klagte Steinweg.

Im Wesentlichen ging es in dem Verfahren um drei Fragen: Welche Tätigkeiten dürfen in den externen Räumen durchgeführt werden? Müssen externe Räume lediglich bei der Aufsicht angezeigt oder von dieser genehmigt werden? Und ist dafür eine Abnahme erforderlich?

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte Steinwegs Klage im September 2013 abgewiesen. Da es sich bei den angemieteten Räumen nicht um Apothekenbetriebsräume handele, dürfe Steinweg Patienten nicht von dort versorgen. Der Apotheker fügte sich und betreibt die Heimversorgung derzeit wieder von seiner Paracelsus-Apotheke in Castrop-Rauxel aus. Doch er will nach wie vor wissen, wie die Rechtslage aussieht.

Deshalb hat Steinweg Berufung eingelegt. Mit Erfolg: Das OVG entschied größtenteils zu seinem Gunsten. Steinweg wurden zahlreiche Tätigkeiten in den externen Lagerräumen erlaubt. Dazu zählt die Entgegennahme und Prüfung von Medikamenten und neuverblisterten Arzneimitteln, die Annahme von Bestellungen durch Heimbewohner und deren Beratung. Auch die Endkontrolle und Lieferung der Arzneimittel sowie die Durchführung des Medikationsmanagements ist in Ordnung. Dabei handele es sich zwar um eine pharmazeutische Tätigkeit – sie sei aber nicht bestimmten Räumen vorbehalten, so die Richter.

Die Verwendung des Wortes „Lagerraum“ in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sahen die Richter nicht sehr eng. Der Begriff schließe mit ein, dass das Lagergut angeliefert, abgenommen, kontrolliert, sortiert, umgepackt und dokumentiert werde. Auch „dienende“ Lagertätigkeiten wie die telefonische Auftrags- und Bestellabwicklungen gehörten zum Zweck eines Lagerraums.

Außerdem gaben die Richter zu bedenken, dass ein Lager in den Apothekenräumen nicht den Einschränkungen unterliege, die die Aufsicht für das externe Lager vorsah. Schließlich müsse eine Apotheke laut ApBetrO nur „mindestens aus einer Offizin, einem Laboratorium, ausreichendem Lagerraum und einem Nachtdienst bestehen“. Folglich müssten die typischerweise anfallenden Tätigkeiten in diesen Räumen durchgeführt werden dürfen.

Auch das Leitbild vom „Apotheker in seiner Apotheke“ spricht den Richtern zufolge nicht gegen die Nutzung externer Räume. Immerhin habe dieses Leitbild in den vergangenen Jahren einen erheblichen Wandel erfahren, so die Richter mit Blick auf die Lockerung des Mehrbesitzverbots und den Beginn des Versandhandels.

Auch die Möglichkeiten zur Auslagerung von Betriebsräumen seien erheblich erweitert worden. Bereits 1987 habe es die erste Ausnahme vom Gebot der Raumeinheit gegeben: Seitdem können „Betriebsräume, die ausschließlich der Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern dienen“, von der Apotheke getrennt sein. 2003 kamen Ausnahmen für das Nachtdienstzimmer, die Zytostatikaherstellung und den Versandhandel hinzu.

Seit 2012 erstreckt sich die Ausnahme für die Krankenhaus- auch auf die Heimversorgung. Mit der Liberalisierung wolle der Gesetzgeber den Apothekern die Möglichkeit zu einer zukunftsorientierten Weiterentwicklung bieten, so die Richter. Dass in der ApBetrO seitdem von „Lagerräumen“ und nicht mehr „Betriebsräumen“ die Rede ist, sollte aus ihrer Sicht daher wohl kaum einschränken.

Der Kreis Recklinghausen hatte noch eingewandt, dass Arzneimittel nur in den Apothekenbetriebsräumen in den Verkehr gebracht und nur durch pharmazeutisches Personal ausgehändigt werden dürften. Das sahen die Richter anders: Die heimversorgende Apotheke müsse Arzneimittel nicht erst aus dem Lager in die Apothekenräume bringen, um sie von dort auszuliefern. Das lasse keinen Mehrwert erkennen und entspreche nicht dem Anliegen des Gesetzgebers, eine zügige Versorgung von Heimbewohnern sicherzustellen. Die Beratung setze nicht die persönliche Anwesenheit des Apothekers voraus.

Allerdings bekam auch die Aufsicht ein bisschen recht: Die Richter stellten klar, dass die Betriebserlaubnis erweitert werden muss, wenn neue Räume angemietet werden. Aus Sicht der Richter handelt es sich bei den angemieteten Räumen solange nicht um Apothekenbetriebsräume, bis die Betriebserlaubnis sie erfasst. Und solange dürfe Steinweg auch keine Heimversorgung aus diesen Räumen betreiben.

Für die Genehmigung sei aber keine Abnahme durch die Aufsicht nötig, stimmte das OVG wiederum Steinweg zu. Eine Abnahme sei nur bei der Eröffnung einer Apotheke Pflicht. Nichtsdestotrotz könne die Aufsicht eine Prüfung durchführen, da ein neuer Raum eine wesentliche Veränderungen der Größe und Lage der Apotheke darstelle.

Da beide Parteien nicht zufrieden mit der Entscheidung sind, haben sie Steinweg zufolge Rechtsmittel eingelegt. Daher geht der Streit nun vor das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG).

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