Apotheken müssen eine weitestgehend vertrauliche Beratung sicherstellen. Das Landgericht Wuppertal (LG) interpretierte diese Vorgabe so, dass ein separates Beratungszimmer keine Pflicht ist und eine Apotheke daher damit werben darf. Doch ganz so einfach ist es nicht: Denn für einige Apotheken ist ein abgetrennter Raum durchaus Pflicht. Die Regelungen unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland.
In Sachsen-Anhalt beispielsweise ist laut Pharmazierat Rolf-Dieter Schäfer ein durch Türen abgetrennter Beratungsbereich seit Frühjahr für alle Apotheken Pflicht. Die meisten verfügten ohnehin schon über einen zusätzlichen Raum oder – falls das baulich nicht möglich ist – über eine Sondergenehmigung, so Schäfer. Bis Ende des Jahres müssten die Apotheken die neue Vorgabe umsetzen.
Ulrich Ströh, Pharmazierat in Schleswig-Holstein, erklärt hingegen, in seinem Bezirk sei ein Beratungsraum keine Pflicht. Allerdings müsse die Möglichkeit einer diskreten Beratung geschaffen werde. Diese Vorgabe sei erfüllt, wenn ein ausreichender Sicht- und Schallschutz gewährleistet werde. Besonders ältere Apotheken, die über keinen eigenen Raum verfügen, nutzen nach seinen Angaben etwa eine spanische Wand – in einer Apotheke auch in Kombination mit einem großen Aquarium.
Für den Berliner Pharmazierat Dr. Detlef Glaß ergibt sich die Pflicht zum Beratungsraum indirekt aus der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO): Schließlich sei eine Beratung etwa zu Kompressionsstrümpfen nur in einem eigenen Raum möglich. Letztlich hänge es vom Leistungsangebot der Apotheke ab, ob ein abgetrennter Raum benötigt werde.
Dem stimmt Ströh zu: Entscheidend sei, dass der Beratungsbereich den Anforderungen entspreche. Zwei Stühle in der Offizin seien nicht ausreichend, ein Paravent oder Aquarium allerdings schon – zumindest wenn keine Kompressionsstrümpfe angemessen würden. „Ein Raum muss es nicht sein, wenn der Schall- und Sichtschutz auch mit anderen Maßnahmen erreicht werden kann“, so sein Fazit.
Ein separater Beratungsraum muss zwingend über die Offizin zugänglich sein, die übrigen Betriebsräume dürfen Patienten nicht betreten. Das schließt in der Praxis auch das Nachtdienstzimmer aus. Wäre dieses über die Offizin zu erreichen, könnten Patienten auch dort beraten werden. Diese Überlegung ist aber eher theoretischer Natur: Glaß kennt keine einzige Apotheke in Berlin, in der das Nachtdienstzimmer zugänglich ist.
Ein Beratungszimmer entbindet die Apotheker allerdings nicht, auch am HV-Tisch die nötige Diskretion sicherzustellen. Glaß empfiehlt einen Abstand zwischen 1,70 und 2 Meter zwischen den einzelnen Bedienplätzen. In vielen, besonders den älteren Apotheken in Berlin sei diese Vorgabe aber noch nicht erfüllt. Sie müssten dann entweder den Abstand vergrößern – und gegebenenfalls auf eine Kasse verzichten – oder Schallschutzwände zwischen den Kassen installieren.
Auch Ströh erlebt bei seiner Arbeit große Unterschiede zwischen den Apothekengenerationen: In Apotheken, die noch nach der ApBetrO von 1904 gebaut worden seien, sei meist kein Beratungsraum vorgesehen, während die neueren Apotheken die Anforderungen erfüllten.
Anders als in Berlin, wo laut Glaß etwa alle fünf Jahre eine Begehung durchgeführt wird, werden Apotheken in Schleswig-Holstein etwa alle zwei Jahre kontrolliert. Durch dieses engmaschige Netz sei das Problem der vertraulichen Beratung inzwischen weitgehend gelöst, so Ströh. Zwei Stühle in der Offizin – das gebe es nicht mehr.
In dem Verfahren vor dem LG Wuppertal ging es um die Frage, ob eine Apotheke mit einem „diskreten Beratungsbereich“ werben darf oder ob das eine Selbstverständlichkeit sei, wie die klagende Wettbewerbszentrale meint. Die Apotheke verfügte über einen Beratungsraum, der durch zwei Wände und Türen vollständig von der Offizin abgetrennt ist – aus Sicht der Richter ein über das von der ApBetrO geforderte Maß hinausgehendes Angebot.
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