APOTHEKE ADHOC Umfrage

Warnschuss für Rezepturverweigerer

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Berlin -

Die Herstellung von Rezepturen ist für Apotheken oft ein Minusgeschäft. Die ABDA fordert daher seit langem eine Erhöhung des Honorars. Weil das bislang nicht von Erfolg gekrönt ist, verweigern einige Apotheken schon einmal die Herstellung. Das ist berufsrechtlich unzulässig. Bei einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC sprach sich die Mehrheit der Teilnehmer aber dagegen aus, Rezepturverweigerer sofort hart zu bestrafen.

36 Prozent der Teilnehmer finden, dass beim ersten Mal eine Verwarnung ausreicht, wenn eine Apotheke die Anfertigung einer Rezeptur ablehnt. Weitere 32 Prozent sind komplett gegen eine Bestrafung, Aufklärung und Schulung wären aus ihrer Sicht geeigneter, das Problem in den Griff zu bekommen.

Andere sind weniger nachsichtig mit Kollegen, die sich ihrer ureigensten Tätigkeit verweigern: 13 Prozent befürworten Geldbußen ab dem ersten Verstoß. Weitere 15 Prozent sind dafür, Rezepturverweigerern im Wiederholungsfall die Approbation zu entziehen. 4 Prozent hatten zu dieser Frage keine Meinung. An der Umfrage nahmen zwischen dem 19. und 22. November insgesamt 143 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.

Viele Apothekerkammern haben das Problem grundsätzlich erkannt und sorgen mit Testkäufen für Aufklärung und Aufmerksamkeit. Für das Frühjahr plant die Apothekerkammer Berlin eine entsprechende Aktion in den Apotheken der Hauptstadt. Die Delegiertenversammlung hat dafür 30.000 Euro im Haushalt bereitgestellt. Aus der Opposition der Kammer gab es deutliche Stimmen dagegen.

Die Qualität der Rezepturen soll nicht überprüft werden, sondern lediglich die Bereitschaft, Rezepturen herzustellen. Im Test werden daher auch keine Spezialrezepturen abgefragt, sondern solche, die von jeder Apotheke in einer angemessenen Zeit hergestellt werden können. Die Lieferfähigkeit der Ausgangsstoffe soll gewährleistet sein. im Blick behalten. „Man braucht eine Rezeptur, bei der es keine Ausreden gibt“, so Kammer-Geschäftsführer Rainer Auerbach. Wenn sich Rezepturverweigerer uneinsichtig zeigen, soll es berufsrechtliche Verfahren geben. Ob es zunächst einen verbalen Warnschuss inklusive zweiter Begehung geben soll, ist noch nicht entschieden.

Schon 2010 war das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (Lageso) nach Testkäufen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Hälfte der Zubereitungen aus Berliner Apotheken mangelhaft ist. Die Behörde hatte sowohl Mängel bei der Qualität als auch bei der Kennzeichnung festgestellt. Insgesamt 38 Bußgeldverfahren hatte die Behörde eingeleitet: Weil einfache Maßnahmen wie Merkblätter nicht zu einer Verbesserung führten, startete die Kammer im Juni 2011 ein „Forum zur Rezepturqualität“. 20 Experten identifizierten 59 Faktoren, die aus ihrer Sicht zu den schlechten Ergebnissen geführt hatten. Seitdem bietet die Kammer verstärkt Fortbildungen zum Thema an.

Im August hatte das LG Berlin mit einer einstweiligen Verfügung gegen einen Apotheker für Schlagzeilen gesorgt, der die Anfertigung einer Rezeptur verweigert hatte. Das Gericht erkannte an, das solche Verstöße auch wettbewerbsrechtlich zu ahnden seien. Demnach können Apotheker Kollegen abmahnen, die es sich allzu einfach machen.

Regelmäßig testet die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK), wie die Apotheken sich beim Thema Rezeptur schlagen. Bei einem groß angelegten Test im vergangenen Jahr hatten die Mitglieder insgesamt nicht besonders gut abgeschnitten: Von den 1065 getesteten Apotheken verweigerten 94 die Anfertigung der Rezeptur ganz, das waren immerhin knapp 9 Prozent. Von den restlichen 971 Apotheken bestanden 831 (85,6 Prozent) die Anforderungen an die Herstellung einer Rezeptur, 140 Apotheken (14,4 Prozent) dagegen nicht.

Die BLAK hatte sich bewusst entschieden, die Ergebnisse öffentlich zu machen. Gleichzeitig wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um das Abscheiden der Apotheken künftig zu verbessern. Mit Erfolg: Die Zahl der Rezepturverweigerer ist immerhin von 9 auf etwa 5 Prozent gesunken. Kammerpräsident Thomas Benkert will Verweigerer nicht dulden: „Die Chefs haben eine heilberufliche Verantwortung“, sagte er im August. Notfalls müsse der Inhaber eben abends die Rezeptur herstellen. Die Rezeptur sei das Alleinstellungsmerkmal der Apotheke.

Auch Stiftung Warentest hatte im vergangenen Jahr die Anfertigung von Rezepturen abgefragt. Hier waren vor allem die Versandapotheken negativ aufgefallen. Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, hatte in der Folge berufsrechtliche Schritte angekündigt: „Die Apotheken werden Post bekommen.“ Zuständig sind die jeweiligen Landesapothekerkammern.

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