Was für eine Ehre: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird mit dem inoffiziellen Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Die Jury würdigte seine weitsichtige Handlungsmethodik in Verknappungsmärkten und seine bahnbrechenden Arbeiten zur Preissimulation. Das Preisgeld will er in Masken oder weitere Immobilien stecken.
Der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften ist ja kein richtiger Nobelpreis, sondern eher ein ziemlich gelungener PR-Coup der Wirtschaftswissenschaften. Deswegen ist es auch okay, dass er in diesem Jahr an jemanden verliehen wird, der keine große neue Theorie aufgestellt oder langfristige makroökonomische Analysen gefahren hat. Spahn hat sich streng genommen überhaupt noch nicht durch wissenschaftliche Tätigkeiten ausgezeichnet, nicht einmal durch einen erfundenen Doktortitel.
Doch es ist sein politisches Handeln, mit dem er überzeugt hat. Hinter der Beschaffung von Schutzausrüstung erkennt die Jury eine Theorie stabiler Verteilungen und die Praxis des Marktdesign. Durch unüberstürztes Eingreifen in globale Märkte habe er sich Preise so entwickeln lassen, dass in der Wertschöpfungskette weitere Player (aka Parteibrüder) partizipieren (aka Maskendeals abschließen) konnten.
Gleichzeitig habe Spahn mittels reversibler Preisgestaltung in geschlossenen Systemen (aka Honorarsenkung) eine Verlagerung der Kosten von der öffentlichen Hand hin zu externen Komponenten (aka Apotheken) erreicht. Einzig sein zweifelhafter Umgang mit der Pressefreiheit wurde in der Jurysitzung gegen eine Nominierung ins Feld geführt, da Spahn aber seine aussichtslosen Klagen gegen Journalisten zurückgenommen und seinen Pakt mit Google gebrochen hat, war der Weg zur Medaille frei.
Mehr noch: Durch sein einsichtiges Verhalten und sein wiederholtes Bekennen zum „Verzeihen“ galt Spahn sogar noch als Anwärter für den Friedensnobelpreis. Dass der am Ende ausgerechnet an die philippinische Journalistin Maria Ressa und ihren russischen Kollegen Dmitrij Muratow ging, ärgert Spahn nicht im Geringsten.
In Wirklichkeit hat Spahn gerade ganz andere Sorgen: Wie soller er sich möglichst geschickt im Machtkampf der Union positionieren, ohne allzu gierig zu wirken? Parteichef Armin Laschet strauchelt auf den womöglich letzten Tagen seiner am Ende sehr wahrscheinlich recht kurzen Amtszeit. Spahn will zumindest nicht der gewesen sein, der aus den Vorgesprächen mit der FDP geplaudert und so Jamaika unmöglich gemacht hat. Nachdem Grüne und FDP jetzt mit der SPD konkret über die Ampel verhandeln wollen, dürfte das nicht mehr als eine Randnotiz sein. Aber rückblickend könnte die Indiskretion aus der CDU-FDP-Runde als der Moment definiert werden, da Jamaika platzte und Laschet stürzte.
SPD-Gesundheitsexperte und Twitter-Hero Karl Lauterbach könnte also tatsächlich neuer Bundesgesundheitsminister werden. Doch der Rheinländer fährt lieber auf Nummer Sicher und baut ein zweites Standbein: Bei Amazon Prime lernt er, wie man richtig lustig ist. Noch lustiger, muss man bei Lauterbach sagen, der seinen Humor schon öfter im TV unter Beweis gestellt hat. Aber von Michael Mittermeier, Torsten Sträter, Teddy Teclebrhan, Hazel Brugger oder Harald Schmidt kann bestimmt selbst er noch was lernen.
Im Herzen der SPD nahe ist bekennend Weltoberoberarzt Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery. Und privat hat „Monti“ auch die Apotheker:innen lieb und traut ihnen viel zu. Aber das darf er als Ärztefunktionär nicht laut sagen: Deshalb spricht er sich hier ausführlich dagegen aus, dass in Apotheken gegen Corona geimpft wird. Was nicht recht dazu passen mag: Montgomery kämpft glaubhaft dafür, dass nun endlich die Impfquote wieder steigt. ADHOC-Herausgeber Thomas Bellartz hat dieses einerseits/andererseits nicht vollends überzeugt. Im Podcast NUR MAL SO ZUM WISSEN analysiert und kommentiert er das Monti-Interview.
Für einen handfesten Eklat hat die AOK Baden-Württemberg gesorgt. Die Kasse hat streng vertrauliche Rabattvertragsunterlagen an die falschen Firmen verschickt und so die Geheimgebote öffentlich gemacht. 99,86 Prozent auf den Herstellerabgabepreis in Einzelfällen. Die Generikahersteller müssen sich eine neue Metapher für die Verträge überlegen: Die ausgepresste Zitrone funktioniert nicht mehr, außer man isst die Schale mit. Gegen den AOK-Patzer ist die kleine Anonymisierungspanne der Gematik wirklich nur ein Kinkerlitzchen; der für die Sicherheit des E-Rezepts zuständigen Gesellschaft steht sie trotzdem nicht so richtig gut zu Gesicht.
Apropos E-Rezept. Das wird weiter in familärem Kreis getestet. Dabei warten die Hollandversender mit wachsender Verzweiflung darauf. Es scheint ihre letzte Hoffnung zu sein. Shop Apotheke hat 30 Prozent Rx-Erlöse eingebüßt und die Abdeckung bei der Same-Day-Delivery könnte auch dichter sein.
In den Apotheken vor Ort könnte es ab Montag wieder mehr Stress geben. Dann müssen die allermeisten Bürger:innen ihre Tests selbst bezahlen. Die Teams rechnen mit Ärger in der Offizin, viele steigen laut der aposcope-Umfrage sogar ganz aus dem Testgeschäft aus. Eine Goldgrube war das eh nie. Und jetzt könnte der Preiskampf richtig giftig werden. Auch bei den Antikörpertests läuft nicht alles glatt: Die Kunden fragen, die Apotheken wollen, aber die Aufsicht spielt nicht überall mit. Dabei ist das BMG diesmal auf der Seite der Apotheken. Noch ein Orden für Spahn! Schönes Wochenende!
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