Ziemlich aus der Zeit gefallen, ein bisschen gruselig mit dem Fackelmarsch, aber trotzdem irgendwie rührselig: Der Große Zapfenstreich. Mutti hat die Blaskapelle mit dem vergessenen Farbfilm ordentlich gechallenged, dafür aber viel besser die Contenance bewahrt als manch flennender Vorgänger. Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte dagegen nur einen letzten Auftritt in der Bundespressekonferenz. Wie ungerecht!
Einen Großen Zapfenstreich bekommt man zur Verabschiedung nur als Bundespräsident:in, Verteidigungsminister:in oder eben als Bundeskanzler:in. Für zwei dieser Posten war Spahn immerhin schon im Gespräch, aber einen „Geheimtipp-Zapfenstreich“ gibt es leider noch nicht und als Gesundheits- respektive Pannendemie-Minister werden einem solche militärischen Ehren eben nicht zu Teil. Völlig aus der Luft gegriffenen Gerüchten zufolge soll Spahn trotzdem schon über einer Wunschliedliste brüten.
Auf keinen Fall will er so einfallslos sein wie Parteifreund Franz Josef Jung mit „Time to Say Goodbye“ (Andrea Bocelli), zumal der Song schon seit 1996 total abgegriffen ist von Henry Maske. Schon gar nicht wie Ursula von der Leyen „Wind of Change“ – da gäbe es nur live Standing Ovations von den Ampel-Koalitionären.
Noch schlimmer: Selbst beim Abgesang so danebengreifen wie Ex-Verteidigungsminister und Swimmingpool-Tester Rudolf Scharping mit dem US-Militärmarsch „Stars and Stripes Forever“. Kennen sie gar nicht? Doch bestimmt. Ist auf die Melodie von: „Wir trinken das schäumende Bier, und sch***en dem Wirt auf die Theke. Schenke ein, schenke ein, schenke ein! Wir wollen alle besoffen sein!“ Jetzt? Na bitte.
Mal überlegen: Spahn ist ja großer Elton John-Fan. Wie wäre es mit „Sorry Seems To Be The Hardest Word“? Von wegen „einander viel verzeihen müssen“. Zu seinem Machthunger und seiner Spahnbezogenheit würden vielleicht besser passen: „Don’t Let The Sun Go Down On Me.“ Oder lieber gleich das ganze Elton-John-Album „Captain Fantastic“? Wird’s eben ein Ganz Großer Zapfenstreich.
Gar als Ausblick auf seine angestrebte Rückkehr an die Schalthebel der Macht wäre „Hello again“ von Howard Carpendale denkbar, denn mit diesem „Hit“ hat Spahn ja bereits erfolgreich Schwung in seine Impfkampagne gebracht. Hüstel. In diese Reihe würde auch „It’s a Long Way to the Top” (ACDC) passen.
Um der Klatschpresse ein bisschen was zum Analysieren zu geben über seine Songauswahl, denkt Spahn auch an die 3er-Kombination „It wasn’t me“ (Shaggy), „Angie“ (Rolling Stones) und „I would do anything for love“ (Meat Loaf) nach. Etwas zu offensichtlich wären dagegen „Money, Money, Money“ (Abba), „I Don’t Care Anymore (Phil Collins) sowie „Smooth Criminal” (Michael Jackson).
Doch Moment, fällt Spahn noch rechtzeitig ein: Er hat sich doch so künstlich darüber aufgeregt, dass er in Berliner Bars zu oft auf Englisch angesprochen wird; vom Personal! Und ohne „Euer Hoheit“!!! Will sagen: Es muss deutsches Liedgut dabei sein. Adaptierte Songs wie „Kein schöner Land nach meiner Zeit“ oder „Du hast den Impfstoff vergessen“ wären griffig, die Originale wurden aber von den Grünen und Merkel schon weggeschnappt. Aber wie wäre es mit „Haus am See“ (Peter Fox)? Oder doch eher das „Lied vom Scheitern“ (Die Ärzte).
Einen vollständigen Abgesang über Spahn gibt es in der XXL-Folge unseres Podcasts NUR MAL SO ZUM WISSEN. Der scheidende Minister hat vorerst seine letzte Bundespressekonferenz gegeben und erneut sein Talent ausgespielt, die Fehler bei anderen zu finden. Doch die Bilanz seiner Amtszeit kann mit Blick auf die beiden Großbaustellen nur katastrophal genannt werden. Die Corona-Pandemie ist völlig aus dem Ruder gelaufen, die Impfstoffversorgung total chaotisch. Sogar der Großhandel schimpft.
Punkt 2: Die Digitalisierung. Wichtige Schritte wurden gemacht, bei den Impfpässen an einer wie sich jetzt zeigt entscheidenden Stelle zu zögerlich. Die Apotheken rufen ständig die Polizei ins Haus, weil so viele Pässe gefälscht sind. Und bei der verstümperten Einführung des E-Rezepts liegt Spahns Gematik jetzt sogar mit den eigenen Gesellschaftern überkreuz. Die Ärzte starten rücken dem Projekt sogar mit einer Petition zu Leibe.
Wenn sich die Herren und Damen in weiß nicht gerade aufregen müssen, weil alle Welt es inzwischen für vernünftig hält, dass auch in Apotheken geimpft wird. Zwar fehlt gefühlt in jeder Offizin derzeit das Personal dazu, viele wollen sich trotzdem einbringen, um die Pandemie endlich in die Knie zu zwingen. Die Ampel macht den Weg frei. Und nächste Woche wissen wir endlich auch, wer Spahns Nachfolger/in wird. Und ob es doch noch eine Zapfenstreich gibt. Schönes Wochenende!
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