ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Spahn tourt im Impfbus

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Berlin -

Viel zu schade um die tolle Idee! Den Test-Bus des Parteikollegen Heilmann einfach abmelden und zurück in die Garage – das konnte und wollte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nicht zulassen. Er übernimmt Bus und Idee und plant eine ausgedehnte Tour über die Dorfplätze. Testchaos? Impfstau? Das Spahnmobil ist auf dem Weg!

Die „Teststelle Heilmann“ im Doppeldeckerbus, Wahlkampf und Pandemiebekämpfung auf einen Schlag, Wahlkampf mit der Pandemiebekämpfung – dass Spahn da nicht selbst drauf gekommen ist! Aber er macht, was Spitzenpolitiker in so einem Fall machen: Er setzt sich auf die Idee und inszeniert einen schönen PR-Termin vor Ort.

Danach will Spahn auch so einen Testbus. Er ruft seinen alten Kumpel MM an und fragt, ob er nicht den DoMo-Bus ausleihen und umlackieren könne. Aber der war ja nur zur Provokation und ist längst verschrottet. Dann vielleicht das Guidomobil? Als die FDP seinerzeit mit dem quietschgelben Bus 2002 in den Wahlkampf rollte, schaffte Spahn erstmals den Einzug ins Parlament. Ein gutes Omen? Vielleicht auch nicht: Das „Projekt 18“ der Liberalen ging bekanntlich nicht so gut aus.

Spahn braucht einen Bus. Das Gesundheitsamt Steglitz-Zehlendorf bekommt einen anonymen Hinweis und interessante Informationen über die Teststelle Heilmann. Die Behörde entzieht die Zulassung. Heilmann ist verwirrt und empört, Spahn ein guter Freund in der Not. Er kauft dem Parteikollegen den Bus ab und lackiert ihn neu.

Und dann beginnt die große Tour: Mit dem Jens-Benz auf die Autospahn, Blinker links und ab auf die Überholspur im Vorwahlkampf. Corona-Tests nimmt der Minister sowieso selbst vor, per ministeriellem Dekret hat er sich auch zum Impfen ermächtigt. Die Impfzertifikate versieht er gern mit einer digitalen Widmung. Und mit das Beste: Weil er als Minister unterwegs ist, darf er überall eigene Verordnungen erlassen. Schluss mit Föderalismus, Ministerpräsident:innenrunde oder Abstimmung mit den Länderkolleg:innen: „Jens regiert vor Ort“ ist das neue Motto und das steht jetzt auch groß auf dem Spahnmobil. Jetzt braucht er nur noch eine Zweitvilla als Carport…

Was bei einer Impfkampagne auch immer hilft ist: Impfstoff. Der ist vielerorts immer noch Mangelware. Wegen der Kürzungen müssen teilweise Zweitimpfungen ausfallen. Und die Vakzine kommen weiterhin unzuverlässig: Wegen des Feiertags in einigen Bundesländern hat sich die Lieferung verschoben, dieser Arzt hier ist mächtig sauer. Und diese Apothekerin berichtet, wie sich ihre Notdienste seit Corona verändert haben: „Die Kunden rufen mich an, weil sie keinen Arzt erreichen.“

Die Corona-Krise bringt für die Apotheken aber nicht nur immer neue Herausforderungen in ihrem Berufsalltag, sondern für viele auch wirtschaftliche Belastungen. Wie eine Studie der Apobank zeigt, haben etliche Inhaber:innen im vergangenen Jahr ins Privatvermögen greifen müssen, um den Betrieb am Laufen zu halten. Und das sind nicht alles ehemalige AvP-Kunden.

Eher zu vernachlässigen und trotzdem, ärgerlich sind dabei die Verluste aus dem Geschäft mit den Laientests. Die Preise sind total eingebrochen, doch die meisten Apotheker:innen waren wohl nach den Erfahrungen mit Masken und Desinfektionsmittel schon vorsichtig im Einkauf. Zwischenhändler haben deutlich öfter das Problem, dass ihnen die Politik mit den kostenlosen Bürgertests einen dicken roten Strich durch die Rechnung gemacht hat.

Dafür haben andere an genau diesen Bürgertests sehr gut verdient, einige viel zu gut. Denn wer die Tests, die er abrechnet, gar nicht durchführt, hat eine deutlich bessere Marge. Und was ist Spahns Reaktion darauf? Er senkt die Vergütung und die Erstattungspreise. Ob das die beste Methode ist, schwarze Schafe zu fangen?

Die Abrechnung passen auch einige Großhändler an, weil sich ihre Vergütung bei der Impfstoff-Logistik ja nun auch ändert. Immerhin wird später und auch weniger stark gekürzt als geplant. Zumindest dürfen jetzt alle Großhändler auch Betriebsärzt:innen beliefern. Aber auch hier regiert der Mangel: 50 Dosen pro Arzt oder Ärztin der Firma ist die neue Bestellobergrenze, was davon ausgeliefert wird, steht auf einem anderen Blatt. Apotheker Apotheker Hubertus Nehring berichtet hier stellvertretend für viele Kolleg:innen über den Impfstoff-Wahnsinn.

Aber zum Schluss noch ein paar gemischte Nachrichten: Verschiedene Abgaberegeln bleiben bis Mai 2022 gelockert, außerdem wird die Medizinprodukte-Verordnung angepasst. Die Abda hat eine Umfrage in Auftrag gegeben, die zu Tage gefördert hat, dass bislang noch niemand weiß, dass es ein E-Rezept geben wird. Und Novo Nordisk entwickelt eine Pille gegen Fettleibikeit bei Jugendlichen. Schönes Wochenende!

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