Gerade erst wieder drei Gesetze durchs Kabinett gebracht, da schreibt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schon an seinem nächsten: Der Entwurf für ein Apothekenverteidigungsgesetz kursiert. Wenig ist bekannt, aber wenn nur die Hälfte der Gerüchte stimmen, hat der fleißigste Minister in der Geschichte der Republik Großes, ja Abenteuerliches vor.
Jens Spahn ist noch keine 40 Jahre alt und hätte trotzdem keine schlechten Aussichten, würde er sich um den Posten als Alterspräsidenten im Bundestags bewerben. Er hat so viel Erfahrung, er hat fast keine anderen. Beinahe sein halbes Leben ist er jetzt schon Abgeordneter und kein Ende in Sicht. Im Gegenteil: Alle warten nur darauf, dass er die nächste Sprosse seiner Karriereleiter erklimmt.
Und in dieser Woche wäre es fast so weit gewesen: Der Beraterstab von Ursula von der Leyen riet dringend zu einem Wechsel nach Brüssel. EU-Kommissionspräsidentin ist nicht nur ein unglaublich aufgemotzter Machtposten – und wenn man außerdem so viele Sprachen spricht... Gleichzeitig kippeln die Kabinettsstühle in der GroKo bedenklich. SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach spricht schon offen vom Ende der Koalition, sollten ihn die Genossen zum Parteivorsitzenden wählen, zum Herrn der Fliegen gewissermaßen.
Aber zurück zu Spahn: Mit Ursula von Dannen war plötzlich der Posten des Verteidigungsministers vakant. Ein Mann mit Spahns Erfahrung hat das natürlich lange kommen sehen, etwa vor zwei Jahren schon. Also war er vorbereitet und hatte sein eigenes Haus besenrein zur Übergabe: 16 Gesetze in 16 Monaten durchgejagt, den Koalitionsvertrag mit einer Geschwindigkeit abgearbeitet, die kleine Ungenauigkeiten entschuldigt. Kein RxVV, was soll’s? Lob von der Kanzlerin: Er schafft 'ne Menge weg! Wo gehobelt wird, gefällt Spahn. Doch Minister Fleißig wurde wieder nicht belohnt. AKK braucht bei einem möglichen Koalitionsbruch Redezeit im Parlament und deshalb den Posten. Außerdem passt der Spitzname einfach zu perfekt auf das Amt.
Zweimal hintereinander gegen dieselbe Annegret zu verlieren, das hätte andere aus der Bahn geworfen. Nicht so Jens Spahn. Der beruhigt sich mit einem neuen Gesetz. Und da er für sein Apothekenstärkungsgesetz zuletzt so viel Schimpf von einer Wirtschaftspresse bekommen hatte, die sich offenbar niemals von der Chimäre einer mächtigen Apothekerlobby befreien kann, macht Spahn, was er auch gut kann: provozieren. Noch ein Apothekengesetz. Und weil er den trocken ausgebauten Humor seiner westfälischen Heimat hat, nennt er es „Apothekenverteidigungsgesetz“. Jede Apotheke soll erhalten werden, und koste es eine Gorch Fock.
Den Apothekern schwant dabei nichts Gutes, denn so positiv wie ihr oberster Schmidt haben die meisten Pharmazeuten schon das „Stärkungspaket“ nicht empfunden. Ein Boni-Sperre die zum Scheitern nach Brüssel geschickt wird und pharmazeutische Sonderleistungen, die die Kassen schon jetzt ins Visier nehmen. Selbst die SPD-Fraktion rebelliert schon. Die Grünen sind auch nicht zufrieden, aber die gönnen sich derzeit sowieso zu jeder Fragestellung eine bessere Antwort. Die FDP gibt es auch noch. Eine Übersicht der Spahnkritiker finden Sie oben in der Galerie.
Die Apotheker sind aber medial noch viel schlimmer zwischen den Linien: Handelsblatt, FAZ & Co. finden den Schutz vor der Versandkonkurrenz altmodisch, bei der taz auf der anderen Seite beschwert sich ein Kolumnist über zu viel Beratung vor Ort. Die ABDA kommt da gar nicht mehr hinterher, muss sich außerdem mit einer Verpackungsabmahnfalle herumschlagen. Und mit einem ambitionierten Pharmaziestudenten, der seine RxVV-Petition durchgekämpft hat und auf die breite Unterstützung der apothekereigenen Noweda bauen kann. Family Business. Dabei hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zeitgleich eingeräumt, Minister Spahn sei zu jung, um irgendetwas Digitales zu verbieten und dass man sich nicht „verkämpfen“ sollte. Das ist so ein Schmidt-Wort.
Auch ein schöner Begriff ist der „ideelle Wert“ einer Apotheke. Der steigt nämlich laut Apobank-Statistik und hat eher mit Verkaufsabsichten als wirtschaftlichen Kennzahlen zu tun. Die Zahl der Apotheker, die keinen Nachfolger findet, ist wohl in diesem Zusammenhang zu interpretieren.
Zwei Meldungen noch aus dem Großhandel: Der Phagro schlägt Alarm und meint ebenfalls das Apothekenstärkungsgesetz. Denn mit der vorgesehenen Streichung des Boni-Verbots im Arzneimittelgesetz könnten auch die Großhändler Rabatt-Konkurrenz aus den Niederlanden bekommen, so die Befürchtung. Das würde dann auch die Rechnung der Sanacorp mit anderen Vorzeichen versehen, bislang blickt man optimistisch auf das ferne Jahr 2023.
Sehr aktuell sind nicht nur immer wieder Lieferengpässe, sondern auch Pannen bei Securpharm. Das sicherste System mit Ein- und Austragen hilft wenig, wenn der Hersteller den falschen 2D-Code aufdruckt, wie zuletzt bei Mundipharma und Teva geschehen. Alles nicht dramatisch, gemessen am Gesamtaufwand aber irgendwie absurd.
Und damit seien Sie in das Wochenende und den wiederkehrenden Sommer entlassen. Und wenn Sie Musik dazu brauchen, hier geht’s zum Soundtrack der PTA IN LOVE SUMMER TOUR 2019. Schönes Wochenende!
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