Spahn kreativ: Neue Masken-Vorschriften Alexander Müller, 15.08.2020 08:01 Uhr
Gesundheitsminister Spahn steht in der Kritik, weil er erst zu wenig Masken bestellt hat, dann zu spät zu viele und die jetzt unbezahlt abzulaufen drohen. Doch der geheime Kanzlerkandidat ist kreativ und will mit einem Bündel aus Maßnahmen und Masken zurück auf die Überholspur.
Zunächst hatte Spahn mit Blick auf die wieder sorgenerregend steigenden Infektionszahlen vor, einfach die Maskenpflicht zu verschärfen. Um seinen neuen Anzug als liebend-sorgender Landesvater auszutesten, wäre er persönlich übers Land gefahren und hätte die Masken unter dem Volk verteilt. Doch seine Berater rieten davon ab – die Sympathiewerte der Masken kommen nicht aus dem Keller. Anders als beim Gaul: Ein geschenkter Maul-Nasen-Schutz wird auch nicht mehr genutzt.
Doch Spahn lässt nicht locker, kommt von dieser Redensart auf eine andere. Schon unsere Omas wussten: Doppelt hält besser. Und da Spahn in Sachen Maskenverbrauch auch eine alte Umweltsau ist, schreibt er für den öffentlichen Raum jetzt die Doppelmaskenpflicht vor. Für 140-prozentigen Schutz werden in Bus & Bahn & Laden ab sofort zwei Masken übereinander getragen. Wer auf Nummer Sicher gehen will, schützt zusätzlich die Augen mit einer Drittmaske. Die Idee mit der „Corona-Augen-Gefahrenabwehr“ kam von einem Referenten aus Spahns Ressort. Im Ministerium wird die Bert-CAGE-Challenge schon getestet – Politik mit verbundenen Augen.
Doch selbst mit der Empfehlung der Knie- und Ellenbogenmaske ließ sich nicht genug Bedarf erzeugen. Nach Söders Testpanne sollte Spahn jetzt über das Masken-Gate stolpern auf dem Weg nach oben. Nichts da! Spahn ist ein Querdenker – und ein großer Christo-Fan. Als Hommage an den verstorbenen Verhüllungskünstler will er das komplette Bundesgesundheitsministerium in Masken verpacken. Und falls dann noch welche übrig sind, den Amtssitz in Bonn gleich mit. Warum nicht das Kanzleramt? „Dann kommt man doch gar nicht mehr rein…“
Es ist zugegebenermaßen etwas billig, sich über die Maskenpanne des BMG lustig zu machen. In so einer Ausnahmesituation wie der Corona-Krise kann man nie alles richtig machen. Was die Kritik rechtfertigt, ist die Sorge, dass es beim nächsten Mal, bei der nächsten Welle vermutlich nicht anders laufen würde. Vor der warnt derzeit das Robert Koch-Institut und auch Minister Spahn appelliert an die Vernunft der Menschen. Auch in den Apotheken wächst die Angst vor steigenden Infektionszahlen. Interessanterweise gibt es vor allem unter PTA eine große Zurückhaltung bei der Impfbereitschaft.
Dazu müsste der Impfstoff erstmal verfügbar sein – einer mehr als Sputnik V. Parallel wird mit dem gleichen Druck nach Behandlungsmöglichkeiten geforscht: Lilly testet ein Corona-Medikament in Pflegeheimen und Povidon-Iod zeigt gute Ergebnisse gegen SARS-CoV-2.
Wegen der Corona-Pandemie dürfen die Kassen etwas weniger streng bei der Durchsetzung ihrer Rabattverträge sein. Die Sars-Cov-2-Arzneimittelversorgungsverordnung hat einige regionale Vereinbarungen abgelöst. Nur darüber wollte die AOK Nordost die Apotheken informiere und danke sagen, doch jahrelanges Retaxieren hat die Pharmazeuten misstrauisch gemacht. Durchatmen, hier droht kein Ärger. Auch gut: Bei Lieferengpässen muss der Versicherte keine Mehrkosten tragen.
Das heißt nicht, dass es keine Retaxationen mehr gäbe. Apotheker Schmidt hat eine bekommen, wegen eins angeblich fehlenden Datums bei der Verwendung einer doppelt gültigen Sonder-PZN. Klingt verrückt? Findet Schmidt auch und hat die Rezeptprüfstelle re-retaxiert, inklusive offenem Brief an Minister Jens Spahn und SVLFG-Chef Arnd Spahn. Und Apotheker Müller regt sich auf, dass er für die Beschaffungskosten des Patienten einstehen soll.
Naja, irgendwo muss das Geld der Kassen ja wieder reinkommen, wenn Mittel wie Forxiga aufgrund eines neu entdeckten Zusatznutzens plötzlich 50 Prozent teuer werden. Dabei hat Corona den Kassen auf der anderen Seite einige Einsparungen gebracht, wie die Zahlen der AOK und der Ersatzkassen zeigen. Mit dem Geldeintreiben etwas übertrieben hat das BfArM bei einem Kontrollbesuch. Die ursprünglich veranschlagten 2024 Euro wurden vom Verwaltungsgericht auf 200 Euro zusammengestrichen.
Wir müssen fairerweise noch aufklären, was das BMG wirklich mit den Apotheken vorhat. Die Chance, das zu erfahren bestand: Die FDP hatte dem Ministerium viele Fragen geschickt. Aber wie so oft bei den „Kleinen Anfragen“ an die Regierung war auch der Erkenntnisgewinn aus den Antworten überschaubar. Immerhin wissen wir jetzt, dass es neun Gespräche mit der EU-Kommission über das Rx-Boni-Verbot gab. Scheint kompliziert zu sein.
Was bleibt noch: DocMorris hilft doch nicht in allen Lebenslagen, aber das haben Sie sich vermutlich schon gedacht. Und wenn Sie es bis hierhin geschafft haben ohne sich aufzuregen, dann lesen Sie doch noch, wie die Apotheker bei „GZSZ“ wegkommen, Stichwort Schlampenpille. Schönes Wochenende!