Schlag den Arzt! Alexander Müller, 20.10.2018 07:53 Uhr
Wenn zwei sich streiten, freut sich Jens Spahn (CDU). Mit kleinem Einsatz aber großem Erfolg hat er es geschafft, die Ärzte und Apotheker gegeneinander aufzubringen. Das verschafft dem Gesundheitsminister Luft, sich irgendeine Alternative zum Rx-Versandverbot zu überlegen, das er so sehnlich nicht will.
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat ein selbstbewusstes Bild seines Berufsstandes, das er bei seiner DAT-Ansprache auch vor den Augen und Ohren Spahns mit Verve vertreten hat. Er weiß, was Apotheker können und was sie für die Gesellschaft leisten. Aber er weiß auch, was sie nicht sind: Ärzte. Deswegen spart er sich Angriffe auf die verordnenden Kollegen. Und wenn er doch mal austeilt, wie mit dem Hausmeister-Klempner-Vergleich, wirkt das eher ungeschickt als bösartig.
Die ABDA-Spitze hatte sich erhofft, dass Spahn beim DAT etwas deutlicher macht, dass es mit ihm ein Rx-Versandverbot nicht geben wird. So muss die Überzeugungsarbeit in den Gremien selbst vollzogen werden, obwohl ein Gutteil der Wegstrecke als bewältigt gelten darf. Was die ABDA aber bestimmt nicht wollte, war ein Grenzkrieg mit den Ärzten über die Umverteilung hoheitlicher Aufgaben.
Showmaster Spahn hat diesen Wunsch der Apotheker ignoriert und stattdessen „Schlag den Arzt!“ gerufen. Ab jetzt dürfen sich die beiden Heilberufler über mehrere Runden duellieren. Von Spiel 1: „Wer kann den Medikationsplan digital schneller ausstellen“ über „Ich packe meinen Koffer für den Hausbesuch“ bis zum großen Finale „Eine Schulklasse impfen in 5 Minuten“. Der Sieger bekommt einen Strukturfonds für die ländliche Versorgung und einen Sitz im G-BA.
Unwahrscheinlich, dass Spahn Ärzte und Apotheker aus Versehen aufeinander gehetzt hat. Dafür ist er zu lange Profi. Erstaunlich ist aber schon, dass die Mediziner so reflexhaft darauf anspringen und gleich mit dem Wochendispenser wedeln. Besonders souverän ist das auch nicht. Weniger erstaunlich ist, dass Karl Lauterbach auf den Zug aufspringt. Und die Apotheker staunen mit offenem Mund über den Verlauf einer Debatte, die sie nie angestoßen haben. Die meisten würden sich schon zutrauen, eine Impfung zu setzen, aber wirklich niemand sieht darin die Rettung des Berufsstandes.
Dass sich die Politik allmählich bewegen sollte, ist zwei Jahre nach dem EuGH-Urteil offensichtlich: Die börsennotierten Versender kaufen den Markt leer, jetzt geht Medpex an Zur Rose. Chef Walter Oberhänsli hat Spahn sehr genau zugehört und interpretiert dessen DAT-Rede so: Rx-Versandverbot kommt nicht, Boni für alle werden erlaubt. Wachstumsschmerzen spüren die Schweiz-Holländer trotzdem.
Die deutschen Versender machen Kasse oder warten etwas resigniert ab, ob denn nun etwas passiert. BVDVA-Chef Christian Buse will seine Mycare nicht verkaufen, aber so richtig fröhlich hört er sich auch nicht an. Er setzt auf Spahns Versprechen, in den nächsten Wochen etwas auf den Weg zu bringen. Man darf gespannt sein, wie sich dieses Interview in einem Jahr liest.
Dann ist jedenfalls die Bewährungsstrafe eines Apothekers aus Hof abgelaufen. Er wurde zu zehn Monaten auf Bewährung und einer Bewährungsauflage von 15.000 Euro verurteilt. Innerhalb von fünf Jahren hat er rund 140.000 Packungen Rhinopront verkauft – die wurden flugs im benachbarten Tschechien zu Crystal Meth verarbeitet.
Auf ehrliche Art sein Geld zu verdienen, wird allerdings auch immer schwieriger. Vor allem mit Hilfsmitteln. Er fühlt sich zwar qualifiziert für den Läusekamm, trotzdem sagt Apotheker Georg Dribusch „Mir reicht’s“ zur Hilfsmittelversorgung.
Themenbruch. In Köln hat sich in dieser Woche ein Drama abgespielt. In der Apotheke am Hauptbahnhof kam es zu einer Geiselnahme. Dem Team und vor allem der hauptsächlich betroffenen Angestellten alles Gute!
Auch wenn das Rx-Versandverbot und mögliche neue Dienstleistungen für die Apotheken die Diskussion beherrschen, gibt es eine weitere sehr spannende Debatte um die Novellierung der PTA-Ausbildung. Die Apothekengewerkschaft Adexa und der Bundesverband Pharmazeutisch-technischer AssistentInnen (BVpta) wollen weiter für eine Verlängerung der Schulzeit auf 30 Monate lobbyieren. Zudem warnten sie davor, dass der Berufsnachwuchs als billige Arbeitskraft ausgenutzt werde. Ausbeutung lautet das Schlagwort.
Berechtigte Interessen der Angestellten. Aber das Geld will eben auch verdient sein. Und das gelingt immer weniger Apothekern. Und wenn die geplante Sanierung eines kleinen Unternehmens ausgerechnet am Finanzamt scheitert, fühlt sich das nicht nach weitsichtiger Politik an.
Da freut man sich doch als Inhaber über jedes Rezept, das seinen Weg in die Offizin findet. Naja, über fast jedes. Zermatschte Banane muss nicht unbedingt sein. Und einiges andere auch nicht. Nehmen Sie sie trotzdem an, dem Patienten zuliebe. Und für Sie. Oder wollen Sie tatsächlich lieber ein neues Rezept beim Arzt anfordern? In diesen Tagen? Schönes Wochenende!