Ich werfe jeden Tag einen Kunden raus Alexander Müller, 06.01.2018 07:54 Uhr
Mit dem Rauchen aufhören? Check. Schon vor 15 Jahren. Mehr Sport treiben? Zweimal die Woche Yoga und am Wochenende joggen, das sollte reichen. Gesünder ernähren? Wenn Nina noch mehr Obst und Gemüse isst, wird sie selbst zur Avocado. Aber irgendeinen guten Vorsatz für das neue Jahr braucht doch jeder. Also beschließt Nina, 2018 jeden Kunden aus ihrer Apotheke zu bitten, der grundlos unfreundlich ist.
Ja, die Vorweihnachtszeit ist für alle irgendwie stressig. Und natürlich sind Rabattverträge und Lieferengpässe auch für die Kunden nervig. Deshalb ist Nina sehr geduldig mit jedem Patienten, erklärt, berät, tröstet und hilft, wo sie kann. Doch manchmal nützt das alles nichts: Die Leute sind trotzdem pampig und unverschämt. Darauf hat Nina einfach keine Lust mehr.
Der Apothekerin ist aufgefallen, wie oft sie sich noch am Abend über solche Vorfälle aufregt. Beim Abendessen sind die unschönen Anekdoten fast täglich Gesprächsthema. Weil es so nicht weitergehen kann, hat Nina am Silvesterabend den Entschluss gefasst, nicht immer nur einzustecken. Schon im Neujahrsnotdienst setzt sie ihren Plan in die Tat um.
Der Kunde ruft verärgert: „Wie, nicht da?! Dann müssen Sie mir das aber bringen!“ Nina ganz ruhig: „Ok, ich gehe jetzt in die Rezeptur und wenn ich wieder nach vorne komme, können sie es gerne noch einmal versuchen. Oder gehen.“ Es klappt. Der Kunde, ein Mann vielleicht Anfang 50, guckt erst wie ein Auto und als Nina wenig später zurückkehrt, entschuldigt er sich und die beiden plaudern noch nett über Not- und Botendienste.
Zwar hätte Nina schon Lust gehabt, einmal in ihrem Leben „Raus hier!“ durch die Offizin zu schreien, aber dazu kommt es nicht. Der Aufkleber „Freche Kunden müssen draußen bleiben“ sowie einzelne kleinere Vorfälle haben sich bei der Kundschaft schnell herumgesprochen. Der gute Vorsatz „Ich werfe jeden Tag den frechsten Kunden raus“ konnte so zwar nicht eingehalten werden. Es ist sicher nicht der erste gebrochene Silvesterschwur. Nur ist es in diesem Fall erfreulich: Das Miteinander ist angenehm und das Arbeiten macht Spaß wie nie!
Ach, wenn es nur so einfach wäre… Wie ist das in Ihrer Apotheke? Was machen Sie mit nervigen Kunden? Die Kollegen debattieren darüber jetzt im LABOR von APOTHEKE ADHOC. Vielleicht können Sie etwas mitnehmen oder beitragen oder – bestenfalls – beides.
Ganz vermeiden lassen werden sich Begegnungen der besonderen Art in der Apotheke nie. Weil es einfach immer wieder zu Ausnahmesituationen kommt, wie etwa in der Burg-Apotheke in Iserlohn am ersten Weihnachtsfeiertag. Als „invasionsartig“ erlebte Inhaberin Britta Gößling den Kundenansturm. Knapp 300 Patienten wurden allein an diesem Tag versorgt. Eine Kollegin hatte über Weihnachten nicht nur sehr viele Kunden, sondern auch noch einen Zebrafinken in der Apotheke.
Aber immer noch lieber einen „Spatz“ im HV, als eine Rakete auf dem Dach: In der Silvesternacht verursachte eine fehlgeleitete Rakete einen Schwelbrand im Dach der Rats-Apotheke. Inhaber Armin Noeske hatte Glück im Unglück. Weil es im Ort früher schon gebrannt hat. Auch anderenorts flogen Böller durch die Notdienstklappe. Nebenbei: Hätten Sie beim Feuerwerk den Test mit der Flammenfärbung noch bestanden?
Was 2018 auf jeden Fall Thema bleiben wird, ist das Honorargutachten von Zweihaem. Ein Kollege hat mal unverbindlich und kostenlos eine Gegenrechnung aufgestellt. Er kommt zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass man das Geld verdienen muss, das man in ein Geschäft investiert. Auch der MVDA hält dagegen. Die Kollegen sind trotzdem skeptisch: Viele befürchten, dass schon in diesem Jahr eine Honorarkürzung droht, wie eine Umfrage von APOSCOPE ergab.
Aber auch die Hersteller haben es nicht leicht. Öko-Test hat mal wieder Hustenmittel aufs Korn genommen. Und Bayer muss sich wegen des Monsanto-Deals mit Glyphosat-kritischen Apothekern herumplagen. Die streichen Aspirin oder wiegeln die Patienten mit Flyern auf.
Bei der APOSCOPE-Umfrage kam außerdem heraus, dass die Apotheker mit einem ernst gemeinten Einstieg Amazons in den Apothekenmarkt rechnen. Also so richtig mit eigener Versandapotheke. Denn der heutige Plattformkapitalismus hat bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln so seine datenschutzrechtlichen Stolperdrähte.
Und damit wären wir beim letzten Thema, einem ganz alten zu Beginn des neuen Jahres: Die Datenaffäre des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sollte vor dem Landgericht Berlin verhandelt werden. Zunächst muss aber die Kammer nach einer Rüge ihre Zuständigkeit klären – nach fünf Jahren. Also wurde gleich wieder vertagt.
Dabei hatten sogar die Tagesthemen eine große Sache daraus machen wollen: Moderator Ingo „Der Zapper“ Zamperoni brachte das Kunststück fertig, in seine Anmoderation fast sämtliche Klischees über Apotheken in zwei Sätze zu packen: „Der Apotheker um die Ecke, und davon gibt es eine Menge, genießt bei den Deutschen viel Vertrauen: Für eine gute Beratung und die Apotheken Umschau sieht man über den stolzen Preis für so manches Medikament schon mal hinweg.“ Da wissen die Apotheker wenigstens wieder, wofür sie jeden Monat den stolzen Preis zahlen, den die GEZ aufruft.
Weil der Prozess noch vor Anklageverlesung vertagt wurde, gab es eigentlich nicht viel Neues am Donnerstag. Doch dann hatte das Schnatterinchen der Staatsanwaltschaft seinen Auftritt vor dem Gerichtssaal und plauderte ziemlich freizügig über die Anklage. Nächste Woche Freitag geht es weiter. Bis dahin lassen Sie sich nicht ärgern, auch nicht von frechen Kunden. Denken Sie an Ihre guten Vorsätze... Schönes Wochenende!