Der wütendste Apotheker Deutschlands Alexander Müller, 02.12.2017 07:45 Uhr
Apotheker Friedemann S. ist sauer! Im Auftrag des Wirtschaftsministeriums wurde ausgerechnet, dass seine Kollegen viel zu viel verdienen. Rund eine Milliarde Euro überweisen die Kassen angeblich jedes Jahr zu viel. „Da sind ein paar Nullen zu viel“, so S. und meint damit wohl nicht nur die Zahl. Gegenüber BILD stellt er die Gegenprobe auf und beweist: Die Gutachter des Ministeriums haben sich brutal verrechnet!
Man würde es den Apothekern wirklich wünschen, dass sie es in diesen Tagen mal wieder auf die Titelseite großer Tageszeitungen schaffen – und dass es dabei nicht um verpfuschte Zytorezepturen geht oder vermeintlich zu viel gezahlte Milliarden. Und die Frustration bei der ABDA ist verständlich, über die Ergebnisse des Gutachtens sowie über die Umstände der Veröffentlichung.
Statt sich darüber zu beschweren, dass das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) seine Zahlen nicht zuerst mit den Apothekern bespricht, könnte die ABDA mit eigenen Berechnungen dagegen halten. Denn dass jede Apotheke 45.000 Euro zu viel verdient haben soll, wäre vermutlich ohne Gutachten schon früher aufgefallen. Vor allem den Apotheken, die zwischenzeitlich aufgeben mussten. Aber wie ungenau die Berechnungen auch sein mögen, diese Zahlen werden in den kommenden Monaten gegen die ABDA ins Feld geführt werden.
Viele Apotheker würden sich vermutlich einen wahrnehmbaren Gegenschlag wünschen. Der Politik aber in einem mehr oder weniger internen Video zornbebend mit dem Abbruch der Gespräche zu drohen, dürfte kaum ein Umdenken auslösen. Die Standesvertretung hat sich schon von den Parteitagen verabschiedet und DocMorris dort das Feld komplett allein überlassen. Mit der Folge, dass mittlerweile sogar der CSU-Nachwuchs das grüne Kreuz spazieren trägt.
Verschwunden ist das Logo dagegen jetzt endgültig aus den Innenstädten. Die letzten Markenpartner von DocMorris haben umgeflaggt und heißen jetzt wieder wie ganz normale Apotheke. DocWar’s dann. Wer noch nach besonders kreativen Namen für seine Apotheke oder nächste Filiale nachdenkt, sollte unsere Vorschläge auf gar keinen Fall berücksichtigen, denn wir haben uns von den schlimmsten Berliner Friseursalons inspirieren lassen (HaarSpree usw.).
Über den Namen DocMorris kann man auch streiten. Dafür können Kunden der Versandapotheke erst online bestellen, sich die Rechnung ausdrucken, dann in den nächstgelegenen Rewe oder dm laufen, oft gleich rechts neben der Apotheke, und dort bezahlen. Sobald das Geld in Heerlen ist, wird das Päckchen auch schon losgeschickt, welches sich der Kunde dann, wenn er Glück hat, am nächsten Tag bei der Post abholen kann. Schöne neue Welt.
In diesem Fall hat jemand den alten Service-Traum vom „Wünsche von den Augen ablesen“ dagegen missverstanden. Zwei österreichische Apotheken scannten mit Videokameras die Gesichter ihrer Kunden, um ihnen geschlechts- und altersspezifische Werbung zu zeigen. Die Technologie kam von Bayer, das Projekt sollte drei Monate laufen. Allerdings hatten die Apotheker nicht mit den renitenten österreichischen Kunden gerechnet. Die wollten ihre Wünsche gar nicht von den Augen abgelesen bekommen. Wie undankbar… Ohne Gesichtsscan hat sich das Projekt innerhalb von wenigen Tagen selbst gekillt.
Haben Sie in Ihrer Apotheke noch eine PKA? Oder sogar einen? Seien sie nett zu diesem aussterbenden Wesen. Verwöhnen Sie es mit Kaffee, Kuchen und Käsebroten. Immer weniger junge Menschen wollen diesen Beruf erlernen – manche gehen lieber zur Bahn als in die Apotheke. Im Pharmazie-Museum in Marburg ist schon ein Platz für die Habseligkeiten der letzten PKA reserviert.
Er hat es wieder getan. Männer wie Professor Dr. Gerd Glaeske müssen nur die rechte Augenbraue heben und schon schalten Hunderttausende den Fernseher ein. In der fröhlichen Reihe „Apotheker-Bashing“ waren diesmal Erkältungsmittel dran. Die klugen Tester stellten sich als gesunde Menschen vor, die für sich und ihr Kind prophylaktisch etwas für die Erkältungszeit wollten. Anschließend empörten sie sich quotenheischend, dass die Apotheker ihnen etwas verkaufen wollten. Offizin hat auch schon mal mehr Freude gemacht. Jede freundliche Oma könnte in Wahrheit eine 17-jährige Testerin sein.
Immerhin müssen sich die Apotheker hierzulande nicht mit der Bedarfsplanung herumschlagen. Anders in Österreich: Mit einer Konzession des Gesundheitsministeriums ausgestattet eröffnete Elisabeth Wieser vor fast 18 Jahren ihre Apotheke in Innsbruck. Hartnäckig beharrte eine Mitbewerberin darauf, dass ihr dadurch zu wenig Kunden blieben. Nach einer neuerlichen Niederlage vor Gericht muss sich Wieser zum Jahresende geschlagen geben und schließen. Wenn Sie eine Apotheke in Tirol planen: Zwischen einer neuen und einer bestehenden Apotheke müssen mindestens 500 Meter Abstand sein. Sind es nur etwa 499,83 Meter, gehen sie besser gleich Ski fahren.
Und Neuigkeiten am Markt gab es auch: Dermapharm – böse Zungen sagen Schickeriapharm – soll an die Börse. Solche Pläne gibt es bei der EU-Versandapotheke nicht, aber sie soll verkauft werden. Homeda macht mit seinen Homöopathika dicht und Ratiopharm streicht bei rabattvertragskritischen Produkten das Direktgeschäft. Mit einem gewagten Spot und einem extremen Niedrigpreis will der Ulmer Hersteller sein PrEP-Präparat nach vorne bringen.
Als Preisbrecher der anderen Art führen sich Kassen trotz Retax-Deal zuweilen immer noch auf. Weil auf der Kundenkarte eine veraltete Kassennummer hinterlegt war, hagelte es Nullretaxationen. Immerhin: Die BKK zeigt sich jetzt nachsichtig. Es gibt also noch Hoffnung. Auch für eine Apotheke in Tübingen soll es weitergehen – wenn auch nicht ganz freiwillig. Der Vermieter will die Inhaberin zwingen, noch bis März weiterzumachen.
In Großbritannien streicht Celesio, pardon McKesson, den Gratis-Botendienst. Dafür gibt es Viagra jetzt ohne Rezept. Hierzulande ist Zovirax duo rezeptfrei, aber die Auslieferung verzögert sich noch. Solange kann man schonmal nachdenken, welche Schlankheitsmittel man ab Januar empfehlen will. Schönes Wochenende!