Das hätten Sie sich Spahn können Alexander Müller, 28.04.2018 07:56 Uhr
Das Treffen der ABDA-Spitze mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wurde unter Geheimhaltung gestellt. Top secret, Panabda Papers. Bekannt geworden ist natürlich, wie das Ministerbüro für das Gespräch präpariert war, nämlich mit allerlei Bastelutensilien: Edding, Tipp-Ex, Schere, Licht – der Koalitionsvertrag interessiert mich nicht.
Ja, das war eine schöne Überraschung, als das Rx-Versandverbot auf den letzten Metern einen Weg in den Koalitionsvertrag gefunden hatte. Warum sich die Lieblingskoalitionäre Union und SPD ausgerechnet dieses Apothekenthema bis zum Schluss aufgehoben hatten, leuchtete niemandem so recht ein. Auch nicht, warum es in derselben Regierungskonstellation wie davor plötzlich eine Mehrheit dafür am Kabinettstisch geben sollte. Schnell zeigt sich: Die gab es auch gar nie.
Die SPD wollte die ohnehin weiche Formulierung im Vertrag nicht als echtes Versprechen verstanden wissen, und überhaupt: die Verfassungsressorts. Und in der Union schienen sich immer mehr Abgeordnete mit dem Gedanken anzufreunden, das Rx-Versandverbot im Justizministerium versanden zu lassen – wie weiland das Pick-up-Verbot der FDP.
Jetzt ging es schneller als erwartet. So hatte es sich die ABDA eigentlich gewünscht. Nur eben anders. Zur Erinnerung: „Erleichtert“ hatte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt reagiert, als das Rx-Versandverbot im Koalitionsvertrag stand. Nun komme es darauf an, „dass baldmöglichst eine neue Bundesregierung ihre Arbeit aufnehmen kann, um die Zusage im Koalitionsvertrag möglichst zügig in gesetzgeberische Maßnahmen einfließen zu lassen.“
Leider hat das Rx-Versandverbot die Regierungsbank offenbar mit seinem Ziehvater Hermann Gröhe (CDU) verlassen, die Notiz im Koalitionsvertrag war sein Vermächtnis. Aber das schert Spahn nicht, der Gröhe erst den Platz im CDU-Präsidium weggenommen hat und dann den auf der Regierungsbank. Und Spahn wird sich zusammenreißen müssen, um am Fremdbesitzverbot festzuhalten, ein Rx-Versandverbot war von ihm eigentlich nie zu erwarten.
Damit lag Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas richtig, der Anfang Februar sagte: „Ein Rx-Versandverbot wird nicht kommen.“ Und nur halb richtig lag die SPD-Politikerin Martina Stamm-Fibich, die Mitte März noch meinte: „Das Rx-Versandverbot wird die Maut des Jens Spahn.“ Während das Projekt des früheren Verkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU) leise vor sich hin stirbt, hat Spahn schneller eine Ausfahrt gefunden. Jetzt ist man vermutlich in den Niederlanden „erleichtert“.
Das Verbot des Rx-Versandverbots hat es sogar ins ARD-Mittagsmagazin geschafft, so dass die Apotheker die frohe Kunde auch noch gebührenfinanziert „frei Haus“ bekamen. Nur der arme Michael Hennrich (CDU) musste auf dem DAV-Wirtschaftsforum persönlich Prügel einstecken. Und die Entwicklung der Umsatzzahlen im Versandhandel zeigt auch deutlich, warum sich die Apotheken Sorgen machen. DAV-Chef Fritz Beckers Geduld ist zu Ende. Nur, was folgt darauf?
Sehr schnell mit seiner Geduld am Ende war Apotheker Christoph Burggraf (23) – seine Apotheke hat er nach einem Monat wieder geschlossen. Das lag aber nicht an Retaxationen, so schnell sind die Kassen nicht. Und das ist manchmal teuflisch, weil sich Fehler in der Offizin wiederholen können, bis sie einer nach dem anderen bestraft werden. Und dann hat man eine 100.000-Euro-Retax im Haus – wenigstens war das Geld in diesem Fall schon da. Recht hatte leider auch die Barmer bei dieser 5000-Euro-Retax. Und deshalb blieb die Kasse auch hart.
Noch schneller weg ist das sauer verdiente Geld, wenn ein falscher Kunde in der Apotheke einfach zugreift und ein Arzneimittel im Wert von 2500 vom HV-Tisch nimmt. In Gangster-Kreisen heißt das übrigens „einen Retax machen“. Dann doch lieber ab ins Ausland. Wie diese PTA, die in Neuseeland beraten und verkauft hat. So weit ist Manfred Schneider noch nicht, aber bei seinen BerlinApotheken ist er ausgestiegen.
So, und jetzt vergessen Sie bitte alles, was Sie bis hierhin gelesen haben. Wegen Datenschutz. Ich bin nämlich der Datenschutzbeauftragte, intern und extern. Sie hingegen müssen sich das für Ihre Apotheke gut überlegen. Föderalismus ist eine wundervolle Erfindung. Zumindest eines gilt in allen Bundesländern: Schönes Wochenende!