PTA im Kühlschrank, 20 Impfdosen verfallen Alexander Müller, 04.08.2018 07:59 Uhr
Es war einfach zu verlockend: Dreimal musste PTA Giulia schon an den Kühlschrank – und immer diese verführerische Kältewoge. Beim vierten Mal konnte sie nicht widerstehen: Sie räumte die Impfstoffe, Insuline und Antikörper aus und setzte sich kurzerhand selbst in die Kühlkammer. Ahhhh, was für eine herrliche Abkühlung. Nur der Chef fand die Aktion nicht ganz so gelungen.
Denn natürlich müssen alle Arzneimittel vernichtet werden, der Großhandel nimmt auch nichts zurück. Dem Inhaber entsteht ein Schaden in vierstelliger Höhe. Und die Versicherung zahlt in solchen Fällen leider nicht – das fällt wohl unter grobe Fahrlässigkeit. Totale Dummheit, meint der Apotheker. Handlung in einer Notlage, meint die PTA. Sie erklärt sich für vorübergehend nicht zurechnungsfähig und weist alle Haftungsansprüche weit von sich.
Zum Glück ist pharmazeutisch geschultes Personal im wirklichen Leben nicht so bescheuert… Aber alle Kompetenz und die strengsten Lagervorschriften sind machtlos gegenüber technischem Versagen. Fällt die Klimaanlage aus, werden aus Wärmepflastern zu warme Pflaster und die büßen ihre Wirkung ein. Und vieles andere auch. In dieser Hinsicht unterscheiden sich viele Wirkstoffe nicht von uns Menschen: Ist es zu heiß, funktionieren beide nicht mehr so gut.
Ausgerechnet die Apotheke am Berliner Hauptbahnhof hat dieses Schicksal ereilt. Sie musste für mehrere Tage schließen, weil die Klimaanlage der Hitze irgendwann nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Ein Betrieb war unter diesen Bedingungen nicht mehr möglich. Erst nach vier Tagen konnten wieder Kunden empfangen werden – die übrigens erschreckend wenig Verständnis für die Situation entwickelt haben. Bahnreisende halt, Meckern gewohnt. Immerhin haben sie nicht gleich die Apotheke zerlegt wie die Kunden in einer türkischen Apotheke.
Für eine Apotheke, die normalerweise rund um die Uhr geöffnet hat, fühlen sich vier Tage umsatzseitig an wie eine kleine Ewigkeit. Denn leider gilt: Auch ungekühltes Personal will bezahlt werden. Tipp des Experten, um solchen Unglückfällen vorzubeugen: Klimaanlage lieber eine Nummer größer, verdiente Kühlschränke rechtzeitig in den Ruhestand schicken und nicht grob fahrlässig sein. Tipps von uns, was Sie den Kunden lieber nicht entgegnen, wenn die über die Hitze jammern.
Die Pharmazieräte sind nicht so gemein, jetzt an den heißen Tagen mit dem Thermometer in jede Offizin zu rennen, aber Mercurius kann bei der Revision schon mal Thema werden. Wer im Alltag noch Zeit und Lust hat für ein bisschen mehr Bürokratie, kann sich ein Temperaturprotokoll anlegen. Und darüber schwitzend fragen sich viele Apotheker, wie es eigentlich den Päckchen der lieben Versandkonkurrenz geht, die im DHL-Transporter friedlich einschmelzen.
Und während er darüber grübelt, wird er nach vorne gerufen. Der Herr Doktor ist da und möchte den Chef sprechen. Es handelt sich um Zahnarzt Dr. Coronius Brücke. Er möchte seinen Blutdrucksenker und die Pille für seine Tochter. Ein Rezept hat er jeweils nicht, aber seinen Arztausweis. Das werden entspannte 20 Minuten denkt sich der Apotheker.
Und die nächsten Diskussionen stehen gleich an. Denn gerade war die Valsartan-Welle so ein bisschen abgeebbt, da nimmt sich das ZDF-Morgenmagazin des Themas noch einmal an. Von Systemversagen ist die Rede, einem Medikamentenskandal und der medizinischen Überwachung potenziell Betroffener. Und dass Panik jetzt fehl am Platze ist. Na Dankeschön. FDA sagt: 1:8000.
Die Debatte über die Frisur der neuen Kollegin oder die neue Frisur der etablierten Kollegin spart sich der Inhaber deshalb lieber gleich. Soll sie doch selbst beim Kunden gegen den ersten Eindruck ankämpfen. Die #MeToo-Debatten bringt das Gegenüber sowieso selbst mit. Das gilt auch für die Hollywood-Apotheke Berlins, die so viele Drehtage im Jahr hat wie andere Kollegen Rezepturen anfertigen.
Den korrekten Preis für eine Rezeptur ausrechnen wollte 2hm. Die Chefgutachterin hat jedenfalls jetzt noch einmal nachgelegt, dass ein Rx-Versandverbot keine Apotheke retten würde. Und offenbar sollen auch gar nicht alle gerettet werden. Zum Glück gibt es wenigstens für die Abwicklung professionelle Hilfe. Für alle anderen gilt: Durchhalten! Und: Schönes Wochenende!