ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Mehr Geld? Apotheker wirft Sparstrumpf nach PTA

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Berlin -

War es die Hitze? Einfach ein besonders schlimmer Tag? Was auch immer den Apotheker geritten hat, der Vorfall hätte für ihn leicht vor Gericht enden können. Denn er hat eine Socke nach seiner PTA geworfen. Genauer gesagt – und das Detail ist durchaus entscheidend: seinen vollen Sparstrumpf.

An diesem Nachmittag muss sich der Apotheker um den Papierkram kümmern. Vorne in der Offizin ist es trotz 36°C Außentemperatur angenehm kühl, aber im Büro ist die Klimaanlage ausgefallen. Mit hochrotem Kopf prüft der Apotheker die Rezepte, bloß nicht wieder so eine blöde Retaxation, nur weil die Kasse auf ihren heiligen Rabattvertrag pocht.

Meine Güte, was soll der ärztliche Kollege denn noch machen, um seinen Willen zu bekunden?! Früher galt, verordnet ist verordnet und wenn ein sogenanntes Generikum abgegeben werden darf, macht er ein großzügiges Kreuz. Dann wurden die Ärzte 2002 verdonnert, immer ein Kreuz (oder ein Smiley) zu setzen, wenn sie nie Substitution verhindern wollen.

Und heute sollen sie auch noch zusätzlich auf dem Rezept vermerken, dass der Patient wirklich wirklich dieses Arzneimittel bekommen soll – die Importeure kämpfen dafür. Spielt die Apotheke nicht mit, retaxiert die Kasse – und holt sich Notfalls eine Klatsche vor Gericht. Einzelfall. Abhaken. Weiter retaxieren.

Als der Apotheker mit dem Rezeptstapel durch ist und hoffentlich alle Retaxationen abgewendet hat, kommt die Meldung vom nächsten Rückruf rein. Jetzt auch noch Irbesartan. Er erinnert sich an die vergangenen Wochen im Zeichen von Valsartan, den Aufwand im Team, die Organisation der Retouren und vor allem die vielen klärenden Gespräche mit besorgten Kunden. „Geht das schon wieder los?“, seufzt er verzweifelt.

Und dann liest er die Meldungen des Tages: Dass eine PTA einen Job nicht bekommen hat, nur weil sie ein Kopftuch trägt. Oder deswegen fast gekündigt wird. „Hallo?! Wir haben Religionsfreiheit und es ist nicht verboten”, murmelt er vor sich hin. Er klickt weiter, solche Debatten führen selten in eine produktive Richtung.

Hätte er lieber nicht weiter geklickt. Er liest über Spahns neues Gesetz: Angehängt an Arzttermine und Ambulanzen plant der Gesundheitsminister eine „Klarstellung“ zur Arzneimittelpreisverodnung: Der fixe Teil der Großhandelsvergütung von 70 Cent pro Packung soll nicht rabattiert werden. „Wir nehmen Apothekern nichts weg“, heißt es aus dem BMG.

Aha. Hat doch bislang eh kein Großhändler offiziell getan, auch nicht nach dem BGH-Urteil im Skonto-Prozess. Und mit Sicherheit wird es auch danach noch individuelle Konditionen geben – und ebenso individuelle Gebühren. Aber eines dürfte klar sein: Kommt das Gesetz, kommt als nächstes der Außendienstler des Großhändlers und will reden…

Und in diesem Moment kommt die PTA rein. Es ist die Mitarbeiterin, die die letzte Retaxation über runde 5200 Euro ausgelöst hat und neulich im Berartungsgespräch in lautes Gelächter ausgebrochen war, als eine Kundin den Namen des Arzneimittels vollkommen falsch ausgesprochen hatte. Da steht sie im heißen Büro und verlangt allen ernstes nach einer Gehaltserhöhung. Ausgerechnet heute, ausgerechnet in dieser Situation.

Da greift der Apotheker seinen Sparstrumpf und ruft: „Hier! Das ist alles, was ich noch übrig habe.“ Und er wirft, und zum Glück trifft er nicht. Und zum Glück ist PTA nicht nachtragend. Und zum Glück ist das so nie passiert. Aber wenn Kassen und Politik so weitermachen, dann müssen wir vielleicht wirklich demnächst vom ersten Sockenwurf berichten.

Valsartan ist zurückgerufen, jetzt sollen ACE-Hemmer die Alternative sein. Aber alle behördlichen Sicherheitsvorkehrungen helfen nicht, wenn die Kundin einfach das falsche Arzneimittel greift. Oder wenn jemand vielleicht doch kein Shrimps im Handgepäck hat, sondern Arzneimittel schmuggelt. Noch so ein schöner Fall, den jeder gern mit seinen Kunden am HV-Tisch bespricht.

Aber oft geht es ja eh nur um den Preis: Kunden sind Schnäppchenjäger, was in der Berliner Müllerstraße abgeht, erschüttert allerdings auch erfahrene Apotheker. Bei Rabatten von bis zu 63 Prozent muss man sich nicht wundern, wenn es Leute gibt, die nach wie vor glauben, dass das Apothekerleben süß und vergoldet ist. Politiker und Krankenkassen inklusive. Das Faszinierende an der Müllerstraße ist, dass trotzdem alle irgendwie überleben. Verhungert ist jedenfalls noch kein Apotheker. Also weiter so! Weiter so?

Aber es gibt auch gute Neuigkeiten: PTA Ina Müller erwägt die Rückkehr in die Apotheke – nach ihrer Fernseh-Karriere. Das ist zwar unwahrscheinlich, aber bis dahin wäre sie zumindest eine gute Markenbotschafterin. Vielleicht kann das den Nachwuchs noch mehr für diesen schönen Beruf begeistern. Manchmal reicht dazu auch ein tolles Schulgebäude – ein Hogwarts für PTA.

Kollegenschelte kassierte Apotheker Frank Henle, der auf Facebook verkündete, dass er einen Jahresvorrat an Ibuprofen angelegt hat, mitten im Engpass. Was die einen für schlau halten (und auch schon gern eher getan hätten!), ist für andere ein No-Go. Wenn das alle machten! „Derartige Mengen an Wirkstoffen kann kein Hersteller der Welt produzieren“, tadelt ein User den Erfinder der Eichhörnchen-Methode für Pharmazeuten.

In ein paar Jahren wird Henle vielleicht als Visionär gelobt. Eichhörnchen sind nämlich tolle Wesen. Tagaktiv, geschickt, schnell, alles Eigenschaften, die man in der Offizin gut gebrauchen kann. Nur eines ist doof: Viele Eichhörnchen vergessen, wo sie ihre Nüsse eingegraben haben. Dann ist der Hunger im Winter groß. Deshalb empfehlen wir die prophylaktische Einnahme eines zuverlässigen homöopathischen Mittels gegen Vergesslichkeit, am besten….ja, genau, dieses. Schönes, äh, Wochenende!

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