Kassen schicken Geldtransporter zu Apotheke Alexander Müller, 01.10.2022 07:51 Uhr
Masken, Hochpreiser oder aber auch Masken, um nur drei zu nennen: Die Apotheken haben aus Sicht der Krankenkassen mal gar keinen Grund zu klagen. Und trotzdem will dieser Gesetzgeber ihnen viel zu wenig wegnehmen. So kann das nicht weitergehen, finden die Kassen. Sie schicken ab sofort Geldtransporter zu den Apotheken, um die Effizienzreserven einzukassieren.
„WAS?! DIE APOTHEKEN SOLLEN SCHON WIEDER MEHR GELD BEKOMMEN?! 2 STATT 1,77 EURO PRO PACKUNG!!!“ Bevor dem Kassenmanager der Kopf platzt, wird er sacht darauf hingewiesen, dass die Apotheken den Kassenabschlag ABGEBEN müssen, mithin der GKV jedes Jahr 120 Millionen Euro MEHR erlassen sollen. „WAS?! 23 CENT?! VIEL ZU WENIG!!!“
Der Manager rechnet vor, wieviel Geld die Apotheken mit ihrem 3-Prozent-Aufschlag an sehr teuren Arzneimitteln verdienen. „DA IST NOCH WAS ZU HOLEN!“ Er ordnet an, dass sofort Geldtransporter zu den Apotheken fahren, und diese Übergewinne abholen. Wer die eigene Insolvenz dauerhaft belegen kann, darf rückwirkend Widerspruch einlegen. Irgendjemand wirft leise ein, dass das Inkassorisiko voll bei den Apotheken liegt – genau wie beim Herstellerabschlag.
„PAPPERLAPAPP! 2 MILLIARDEN GESCHENKT!“, donnert der Kassenfürst und pocht mit dem Finger auf eine Zeitung aus Süddeutschland. „WIE BITTE?! DAVON MUSSTEN DIE MASKEN KAUFEN UND VERTEILEN? UND WENN SCHON!“ Jetzt traut sich keiner mehr, etwas zu sagen.
„HONORAR DECKELN! KASSENABSCHLAG AUF 10 EURO!“, schreit der Kassenmanager in seine Stellungnahme zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG). Um ihn zu stabilisieren, weisen die Untergebenen darauf hin, dass die Regierungsfraktionen den Honorardeckel nur zusammen mit einer Abschaffung von Nullretaxationen wollen.
Die Gesichtsfarbe des Managers wechselt von zinnoberrot zu kalkweiß. Keine Nullretax mehr? Er weiß sehr genau, wie viele Millionen allein seine Kasse mit in zwei Drittel der Fälle unberechtigten Vollabsetzungen bei vollversorgten Patienten spart. „DANN WENIGSTENS NOCH DIE MEHRWERTSTEUERSENKUNG AUF ARZNEIMITTEL. DAS SPART UNS MILLIARDEN!“ Jemand rechnet vor, wie sehr selbst das die Apotheken belasten würde. Der Kassenmanager ist wieder rosig.
Tja, in Wirklichkeit sah es lange danach aus, als würden sich die Kassenverbände diesmal nicht auf die Apotheken stürzen. Ihre Lobbyarbeit zum GKV-FinStG konzentrierte sich auf die – berechtigte – Forderung nach einem angemessenen ALG-II-Zuschuss des Bundes und auf die MWSt-Senkung. Ja, letztere würde die Apotheken treffen, aber die Kassen ungleich mehr entlasten. Doch dann kamen in den Stellungnahmen des vdek und des BKK Dachverbands doch wieder die offenbar unvermeidlichen Spitzen gegen die Apotheken. Und merkwürdige Prüfbitten der Ampel-Fraktionen nehmen diese teilweise auf. Immerhin Staatssekretär Edgar Franke (SPD) hat Mut gemacht, dass es noch Änderungen am Gesetz geben könnte.
Immerhin: Es gibt eine Inflationsausgleichsprämie. Aber bevor Sie sich jetzt als Inhaber:in zu sehr freuen: Die ist nicht für Sie. Die dürfen Sie zahlen, bis zu 3000 Euro. Immerhin steuerfrei. Viele fragen sich, woher sie das Geld nehmen sollen. Andererseits ist der Personalmangel schon jetzt das vermutlich größte Problem der Branche. Und bei der nachrückenden Generation gibt auch Probleme, wenn man den Berichten von PTA-Schulen und Ausbildungsapotheken glauben mag.
Kaum zu glauben ist, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) sich vielleicht bald schon wieder mit Apotheken befassen muss. Und bezeichnenderweise mit der Frage, ob diese sich gegenseitig wegen möglicher Datenschutz-Verstöße verklagen dürfen. Auslöser des Streits war eine noch grundsätzlichere Frage: Dürfen apothekenpflichtige Arzneimittel bei Amazon angeboten werden?
Noch eine große Frage: Was ist eigentlich los bei Noventi? Das ist eine lange Geschichte. So, alle wollen ins lange Wochenende! Gibt es noch irgendetwas erfreuliches zum Abschluss? Ja, Sie müssen das Spahn-Buch nicht lesen. Das habe ich für Sie gemacht und mit Thomas Bellartz in unserem Podcast NUR MAL SO ZUM WISSEN darüber gesprochen. Der Ex-Minister hat recht: Wir werden viel verzeihen müssen. Schönes Wochenende!