Es fängt immer ganz harmlos mit einem Gutschein für die Stammkunden an: Zu Weihnachten gibt es einen Rabatt-Coupon, 10 Prozent auf den nächsten Einkauf, natürlich nur auf nicht-verschreibungspflichtige Präparate. Doch dann reagiert der benachbarte Kollege und die Rabattschlacht schaukelt sich hoch – bis einer der beiden die Waffen streckt.
Auf den Gutschein folgt die „kauf 2, nimm 3“-Aktion, die der Nachbar mit einem „30 Prozent auf Alles (außer Tierarzneimittel)“ kontert. Bonusheftchen, Stempel, Taler für jeden Besuch und einen Arm voll Zeitungen in jede Tüte, will sagen, in jede Designer-Jutetasche mit dem Logo der Apotheke.
Schon zu Ostern gibt es die Kalender fürs nächste Jahr, man will ja schneller sein als der Konkurrent. Auf die Sommer-Sonne-Sonderangebote folgt das große Wohlfühlpaket im Herbst, mit Kosmetik und Badezusätzen im Wert von rund 50 Euro für jeden Kunden. Und zu Weihnachten darf jeder Kunde so viel aus der Freiwahl mitnehmen wie er tragen kann. Die besonders findigen Schnäppchenjäger kommen mit Säcken.
Natürlich ist das längst kein gesunder Wettbewerb mehr. Eigentlich war angesichts der wirtschaftlichen Lage schon in der Vergangenheit das Päckchen Taschentücher grenzwertig. Aber dem Kollegen kampflos das Feld überlassen? Das geht schließlich auch nicht. Als der Steuerberater mit Schweiß auf der Stirn die tiefroten Bilanzen präsentiert und dringend zur Abkehr von diesem Pfad der Rabattschlacht rät, wird der Inhaber kurz nachdenklich.
Aber dann sieht er den Mitbewerber gegenüber, der gerade ein Schild ins Schaufenster hängt: „Keinen Parkplatz gefunden? Kein Problem! Wir schenken Ihnen ein neues Auto.“ Sternchen: Ab 20 Euro Einkauf. Der Gegenschlag: „Bargeld für alle!“ Und zum Schluss: „Alles muss raus – jetzt Insolvenz-Schnäppchen sichern…“
Ganz so schlimm wird es in Wirklichkeit hoffentlich nicht. Aber nicht nur bei der Wettbewerbszentrale wundert man sich, was Apotheken noch alles so zu verschenken haben. Gegen das 1000-Euro-Gewinnspiel einiger MAK-Apotheken ist zwar wettbewerbsrechtlich nichts einzuwenden, aber selbst marketingaktive Apotheker müssen sich schon fragen, welchen Eindruck sie mit solchen Aktionen bei der Bevölkerung und in der Politik hinterlassen. Immer noch besser, als die kriminellen Kollegen. Hören Sie jetzt das Interview mit Apothekenjäger Oliver Schröm.
Gerade jetzt zählt Wolverhalten – wo doch der Gesetzgeber sich endlich anschickt, das Honorar für Notdienste und die BtM-Dokumentation zu erhöhen. Läuft alles glatt, winkt der Bundesrat das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) noch vor dem Deutschen Apothekertag (DAT) durch. Dann kommt der ganz bestimmt auch nach Düsseldorf. Vorausgesetzt, es gibt noch eine Koalition, die er zu vertreten hat.
Parallel zum DAT findet wie immer die Expopharm statt. Und ein Besuch der Messe lohnt sich. Einerseits, um an unserem Stand das nette Team von APOTHEKE ADHOC, PTA IN LOVE und aposcope kennenzulernen. Aber auch, weil einem der Genuss einer Curry-Wurst den Besuch eines Großhandelschefs in der in Handarbeit errichteten eigenen Apotheke nach sich ziehen kann. Einfach mal ausprobieren.
Zu den großen Ausstellern zählen in jedem Jahr die Softwarehäuser und Apothekenrechenzentren. Vor allem Noventi mit Awinta und VSA braucht viel Platz. Demnächst vermutlich noch mehr, denn es gibt ein mehr als heißes Gerücht, dass die Übernahme des ARZ Darmstadt ansteht. Wenn es beim DAV keinen runden Tisch zum E-Rezept gibt, dann kauft man sich den Tisch mit allen Stühlen eben selbst, könnte die Überlegung dahinter sein.
Zu den viel diskutierten Themen in dieser Woche zählte auch der Bericht über einen zum Islam konvertierten Apotheker, der seine Kunden missioniert. Da er dies offenbar noch recht dezent macht, ist rechtlich dagegen wohl nichts einzuwenden. Ob es deswegen angemessen ist, können Sie für sich entscheiden. Meine Meinung: Religiöse Gespräche haben am HV-Tisch keinen Platz.
Vor allem: Wann soll dafür noch Zeit sein? Schließlich müssen die neuen Vorgaben des Rahmenvertrags eingehalten werden – anderenfalls droht der Branche ein Retax-Millionengrab, gegen das die oben erfundene Rabattschlacht Peanuts wäre. Dann muss das benötigte Arzneimittel auch verfügbar sein – Stichwort Lieferengpässe. Und zu guter Letzt muss die Packung noch ordnungsgemäß ausgebucht werden. Securpharm hatte in dieser Woche nicht nur erneut massive Serverprobleme, sondern einem Apotheker aus NRW auch ein bislang ungelöstes Rätsel beschwert. Wie soll man da nicht vom Glauben abfallen? Und wie soll man dann noch konstruktiv über Religion diskutieren?
Wenn Sie auch noch offen Stellen zu besetzen haben, müssen Sie vielleicht bei den Stellenanzeigen kreativer werden. Wobei: Manchmal hilft es auch, eine 08/15-Stelle in einer 08/15-Apotheke anzubieten – wenn acht Wochen Urlaub dabei sind. Oder Sie sparen sich das Geld aus den Rabattaktionen und zahlen Ihren PTA ein bisschen mehr. Das Team wird es danken, vielleicht sogar mit einer Überraschungsparty. „Normalerweise weint die Chefin immer.“ Bitte keine Tränen, schönes Wochenende!
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