„Sind Sie hierhergekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss mit Ihrer Braut Carla den Bund der Ehe zu schließen?“ Enrique: „Ja.“ Der Apotheker: „Wollen Sie Ihre Frau lieben und achten und ihr die Treue halten alle Tage ihres Lebens?“ Enrique: „Ja.“ „Apotheker: „Carla, ich frage Sie …“ Noch zweimal „Ja“, und das Paar ist getraut. Es ist nicht das erste heute, obwohl die Zeremonie nur halblegal ist.
Alles begann mit den Impfzertifikaten im Mai 2021. Die waren sehr gefragt, weil Durchgeimpfte endlich wieder reisen wollten, oder Gourmets in die neuerdings so betitelte „Außengastronomie“ drängten. Die Hausärzt:innen wollten nur Comirnaty, Vaxzevria & Co. reindrücken und mit solchen Passamt-Tätigkeiten nichts zu tun haben. Das Geschreibsel könnten ruhig die pharmazeutischen Kollegen übernehmen, die rissen sich doch sonst so um neue Tätigkeiten.
Die Apotheker:innen glaubten dem damaligen Gesundheitsminister Spahn, dass die Dienstleistung angemessen vergütet würde und willigten ein. Allerdings war den sonst so sorgfältigen Beamten im Ministerium ein folgenschwerer Fehler unterlaufen: Mit der Verordnung wurden die Apotheken nicht nur ermächtigt, Impfzertifikate auszustellen, sondern auch mit allen anderen notariellen und hoheitlichen Rechten versehen.
Das sprach sich schnell herum: Beglaubigte Kopie? Macht der Apotheker. Polizeiliches Führungszeugnis? Ab in die Offizin. Änderung im Grundbuchamt, Testamentsvollstreckung oder wie im obigen Fall eine Eheschließung – alles erledigt die freundliche Pharmazeutin in der Nachbarschaft. Die Superbefugten hatten zwar mehr zu tun als in einer vorweihnachtlichen Heuschnupfengrippesaison mit FFP2-Verteilung und Schnelltestzentrum – aber die Gebührenordnung der Notare ließ Apothekerherzen höherschlagen.
Ein schlechtgelaunter Pharmazierat bekrittelte die TüV-Zulassungsstelle in der Rezeptur als nicht apothekenübliche Dienstleistung. Und er setzte vor dem Verwaltungsgericht sogar einen Approbationsentzug durch. Dem auf diese Weise minutenlang beurlaubten Inhaber machte das aber nicht allzu viel aus: Er druckte sich einfach eine neue Approbationsurkunde aus, unterschrieb und verlieh sich das Dokument in einer feierlichen Zeremonie in der Offizin unter dem Applaus des ganzen Teams und der wartenden Hochzeitsgesellschaft.
Und als sich Spahns Nachfolgerin anschickte, den Apotheker:innen die Superrechte wieder zu entziehen, übergab sich der Apotheker die Ernennungsurkunde und entließ die Ministerin aus dem Kabinett. Dann stellte er sich als ein Impfzertifikat und zwölf Reisepässe aus und verschwand in der untergehenden Sonne.
Hallo! Aufwachen! Bei Impfzertifikat und Genesenennachweis war in der Realität Schluss. Die Ärzte wollen wirklich nicht (vielleicht auch wegen der drohenden Haftstrafen), und 18 Euro Honorar für das „Geschreibsel“ sind eingeplant. Zumindest vorerst. Denn dass Spahns Preise Wanderdünen gleichen, haben die Apotheken beim FFP2-Honorar gesehen und sehen es jetzt wieder bei der Vergütung für die Impfstofflogistik. Wer jedenfalls im großen Stil an Betriebsärzt:innen liefert, muss neu kalkulieren. Das BMG will die ganz großen Impfstoffversender nicht noch größer machen.
Maximal 804 Dosen gibt es pro Arzt und Ärztin. Gestern kamen die ersten Bestellungen in Apotheken an und konnten an die Großhändler weitergereicht werden – jedenfalls an die großen Vier, was Pharma Privat ordentlich vor den Kopf stößt. Phagro-Nichtmitglied AEP steht wie schon zum Start der ersten Impfkampagne erneut in der gesundheitspolitischen Vollsperrung.
Die Noweda dagegen war etwas zu schnell unterwegs, der rasende Mitarbeiter wurde geblitzt und zur Ordnung gerufen: Betriebsärzten eine Direktbelieferung anzubieten, war die übermotivierte Aktion eines Greenhorns, das kann schon mal passieren.
Auf der anderen Seite versuchen offenbar auch einige Apotheken, die vorgesehenen Abrechnungsmodalitäten etwas zu ihren Gunsten auszudehnen. Jedenfalls beklagt der oberste Betriebsarzt, dass so manche Apotheke angeblich eine „Servicegebühr“ verlangen. Geht natürlich nicht, andererseits ist es verständlich, wenn sich Apotheken darüber ärgern, dass Ärzte, die seit Jahren Praxisbedarf vom Versender kommen lassen, plötzlich auf der Matte stehen und nach Impfstoff fragen.
Beim Impfstoff gibt es jetzt insgesamt mehr Spielraum: Biontech ist im Kühlschrank nun doch länger haltbar und Janssen kommt, Curevac bestimmt auch irgendwann. Spahn hat mit den EU-Kollegen deshalb eine 2+2-Strategie vereinbart.
Noch was außer Impfstoff und Zertifikaten? Ja, die Kassen dürfen bei DocMorris nicht an der Mehrwertsteuer sparen und zwei AOK haben hunderte Apotheken völlig umsonst genervt. Die ersten Zulassungen für Laientests laufen aus und Rezepte sind künftig einheitlich 28 Tage haltbar. PTA und PKA finden es nicht so toll als „berufsmäßige Gehilfen“ bezeichnet zu werden. Allen ein schönes langes Wochenende!
Hier noch zur Übersicht die Topnews der Woche im Video bei adhoc24:
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