ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Grüne Kittel für Hausärzte

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Berlin -

Endlich, die neuen Kittel sind da! Das ganze Praxisteam hat das Päckchen schon sehnsüchtig erwartet. Pünktlich zum E-Rezept-Deal werden der Hausarzt und sein Team neu eingekleidet. DocMode – der grüne Kittel für den modernen Arzt. Und die Kooperation mit der Versandapotheke verspricht noch viel mehr ...

Die Hausärzte wollen ihre Verordnungen künftig digital ausstellen – solange das nicht mehr Arbeit macht. Zum Glück haben die hilfsbereiten Niederländer schon eine fertige App mitgebracht. E-Rezept und AMTS in einem! Und eine Überraschung dazu. Passend zur Online-Verordnung können sich die Mediziner modische Kittel bestellen. Geschenkt gibt es die zwar leider nicht, wegen dem Anti-Korruptionsgedöns, aber der Preis im Online-Shop ist trotzdem attraktiv. (Hintergrund: Der EuGH hat entschieden, dass Online-Versandhändler für Mode keine Retouren akzeptieren müssen, wenn die Ware an medizinisches Personal gesendet wird, damit entfallen 80 Prozent der Logistikkosten in dieser Sparte).

Die Kittel gibt es der Variante „classic“ mit dezentem Logo auf Höhe der Brusttasche oder in der gewagteren Version „Auswärtstrikot“ im quietschgrün des Kooperationspartners. Auf dem Rücken ist jeweils ein QR-Code aufgedruckt, der direkt in den Shop der Versandapotheke leitet.

Und mit den Kitteln soll noch lange nicht Schluss sein. DocMode plant seinerseits Kooperationen sowie Line Extensions bekannter Marken. Die Edelkittelvariante von Dolce & Morrina soll im Wintergeschäft erscheinen, spätestens im Frühjahr die Kollektionen von DocIgual und Doc O’Molo. Noch nicht entschieden ist, ob die Streetwear-Kooperation mit Unfair Conditions zustande kommt, hier gibt es offenbar europarechtliche Bedenken. Fest eingeplant sind dagegen die Modeschmucklinie DwocMrovski und die Parfumserie Oil of Olaf.

Ohne Kittel, dafür aber mit DocMorris-App soll in Wirklichkeit schon im November ein Pilotprojekt in Westfalen-Lippe zum E-Rezept starten. Dass DocMorris bei dem Thema in die Offensive gehen würde, damit war zu rechnen, aber dass sich ausgerechnet der Hausärzteverband unterhakt, kam denn zumindest für die ABDA doch überraschend. Zwar tat man äußerlich gelassen, heimlich hätte man sich vermutlich aber gewünscht, mit der eigenen WebApp bei den Medizinern zu landen.

Zwar können die Patienten ihr E-Rezept mit der DocMorris-App auch in einer Apotheke vor Ort einlösen, aber das ist sicher nicht das langfristige Ziel des Versenders. So lange ist es schließlich noch nicht her, dass man von Heerlen aus versucht hat, die Apotheker unter dem grünen Kreuz zu versammeln. Und die Bedingungen für den Einzelnen haben sich seitdem nicht unbedingt zum Besseren gewandelt.

Zunächst aber das Pilotprojekt, in Zahlen: Fünf Ärzte und circa 15 Apotheken sollen die DocMorris eRx-App testen. In zwei Wochen soll es los gehen. Mit im Boot sind auch einige Krankenkassen. Die ABDA will aber nicht nur mit ihrer Gerda im Ländle dagegenhalten, sondern hat für die Präsentation des Pilotprojekts in Berlin immerhin Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gewinnen können. Hoffentlich redet der bei der Gelegenheit nicht über sein Masernschutzgesetz. Denn das beinhaltet die vom Minister so sehnlich gewünschte Apotheken-Impfkampagne, über die sich jeder Arzt bei jeder Gelegenheit geradezu grün ärgert.

DocMorris‘ Mutterkonzern Zur Rose wächst weiter – n den ersten neun Monaten um 30 Prozent auf 772 Millionen Franken – und hat sich mit Betül Susamis Unaran die Digitalchefin von Novartis an Bord geholt. Weil das Wachstum aber immer weiter gehen soll und muss, hat man sich wieder frisches Geld besorgt: Am Freitag wurde erfolgreich eine Anleihe über 180 Millionen Schweizer Franken platziert. Das Geld soll wenig überraschend vor allem für die Einführung des E-Rezepts genutzt werden.

Ja, wenn man sich als Apotheker auch so einfach am Kapitalmarkt bedienen könnte. Warum eigentlich nicht, fragt sich Apotheker Peter Ricken aus Essen. Für seine vierte Apotheke, diesmal in Mülheim an der Ruhr sucht er Investoren. Überraschend laut sucht er nach stiller Beteiligung. Doch wenn ein Apotheker potenzielle Anleger mit „besten Renditeaussichten“ zu sich ruft, wird die Aufsicht zwangsläufig hellhörig.

Aber immer noch besser über apothekenrechtlich sehr wackelige Finanzierungsmodelle zu Geld kommen, als mit Perücke und falscher Brille durch die Lande zu reisen und selbst gefälschte Rezepte bei den Kollegen einzureichen. Wegen der aufwendig betriebenen Betrugsmasche stand am Donnerstag erstmals ein Trio aus Brandenburg vor dem Amtsgericht Nordhausen. Die ganze absurde Story zum Nachlesen oder Nachhören – je nach Wunsch.

Bereits verurteilt wurde ein Apotheker aus Tirol. Das Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) verpflichtete ihn wegen mangelhafter Aufklärung einer Kundin, es ging um Paraffin, zu einer Zahlung von mehr als 44.000 Euro. Zusätzlich muss die Apotheke für 50 Prozent der mit dem Unglück verbundenen Folgeschäden aufkommen. Und im Bottroper Zyto-Skandal wird jetzt auch gegen zwei PTA Anklage erhoben.

Damit aber genug Verbrechen für heute, wenden wir uns dem alltäglichen Nachbarschaftsstreit zu. Der Wort & Bild Verlag ist sauer auf Burda, weil das My Life Portfolio im Vergleich zum Ausgangsstoff Umschau keine allzu großen Innovationssprünge wagt. Der Neue in der Klasse findet es wiederum larmoyant und unpassend, wie hier gleich die Moralkeule geschwungen wird. Die Auseinandersetzung droht, etwas schmutzig zu werden.

Eher in die Kategorie Familienzwist fällt die Auseinandersetzung zwischen Phoenix und dem MVDA. Die Zeichen stehen auf Scheidung, spätestens seit Phoenix-Deutschlandchef Marcus Freitag diesen gepfefferten Brief an alle MVDA-Apotheken geschrieben hat. Im Markt ist mit größeren Umwälzungen zu rechnen.

Apotheken dürfen jetzt immer Botendienst anbieten. Und die Realität reibt sich verwundert die Augen, weil viele Apotheken schon immer viele Einzelfälle kannten. Aber der Ausdruck „Regelleistung“ hat dann bei manchem Inhaber doch Phantasien geweckt. Eigentlich müssten die Kassen für die Botendienst-Kosten aufkommen, wenn mal wieder eines ihrer Rabattarzneimittel nicht lieferfähig ist. Da das ja laut vdek so gut wie nie vorkommt, müsste sich vielleicht eine Lösung finden lassen. Andererseits vielleicht auch nicht.

Immerhin gelöst ist, gute Nachricht zum Schluss, die Sache mit den unseligen Anrufen in der Praxis. Der GKV-Spitzenverband hat den dahingehend den Preisanker gelichtet. Will sagen, die Apotheken dürfen jetzt offiziell ohne Rückfrage abzeichnen. Ausgeplaudert haben das übrigens ausgerechnet die Ärzte. Und wer weiß, vielleicht wäre es in Zeiten der Entfremdung zwischen Doc und Aptheker sogar besser, man würde ab und zu telefonieren. Dann hätten es die grünen Kittel zumindest etwas schwerer. Schönes Wochenende!

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