Graumarkt: Hersteller rüsten technisch auf Alexander Müller, 29.09.2018 07:52 Uhr
Douglas möchte regalmeterweise Kosmetik verkaufen, die eigentlich nur in Apotheken steht. Die Hersteller wollen das nicht, sagen sie. Und tatsächlich: Aus dem ersten Douglas Pro Store ist die Ware auf rätselhafte Weise verschwunden. Denn beim wohlduftenden Konzern hatte niemand mit dem Erfindungsreichtum der Branche gerechnet.
Douglas-Chefin Tina Müller hatte vorab bei den namhaften Kosmetikhäusern vorgesprochen und höflich um Ware für ihren Hamburger Pilotshop ersucht. Sie wurde abgewiesen, das kannte sie nicht. Mit einer beinahe sichtbaren Zornesfalte schwang sie sich auf ihr Einhorn, zischte „Wir werden ja sehen“ und flog davon. Die Sonne brannte.
Und natürlich sie fand einen Weg. Der Laden stand voll. Kiebitze hatten es schon vor der feierlichen Eröffnung entdeckt und schnell Fotos vom Erlkönigshop geschossen. Doch als sich am Mittwoch dann Promis und Promigenerika zum ersten Glas Collagensekt im sepiafarbenen Salon trafen, war alles weg. Die komplette Apothekenkosmetik.
Denn die Hersteller waren dem Graumarkt dieses eine Mal einen Schritt voraus. Die Packungen waren präpariert. Nicht mit einem 2D-Code, um den Bezugsweg offenzulegen, sondern gleich mit High Tech. GPS-gekoppelte Minikameras helfen der Ware bei der Orientierung: Wird sie außerhalb des Hoheitsgebiets eines Vertriebspartners gelagert, kann sie sich selbst evakuieren. Sie fährt ihre Räder aus und rollt kanntapper kantapper in die nächste Apotheke. Die neuere Drohnenversion hebt sogar ab. Und dann gibt es noch den Typ „Deterrence“ mit eingebauter Selbstzerstörung, aber ohne CE-Kennzeichnung.
Sie glauben nicht mehr an Märchen? Dann finden Sie einen eigenen Weg, mit der Konkurrenz von Drogerien und Parfümerien fertig zu werden. Denn es mag sich für Sie immer wieder kurz gut anfühlen, wenn etwa Beiersdorf einen Graumarkthändler hopsnimmt. Aber wenn es sich dabei um einen Kollegen handelt, wissen Sie eben auch, wo das Problem liegt. Frei nach Ian Malcolm (Jeff Goldblum): Die Ware findet einen Weg. Ein Selektivvertrag kann den Kunden nicht halten, das können nur Beratung und Service.
Und die Apothekeninhaber müssen nicht nur ihre Schäfchen in der Freiwahl zusammenhalten, sondern auch im Frühstücksraum. Denn Douglas will nicht nur PTA abwerben, sondern auch Apotheker. Kein Wunder, dass die verbliebenen Teams schon die maschinellen Hilfskräfte personalisieren und liebevoll taufen. Nur wenn der Kommissionierer nicht spurt, wird er Manfred genannt.
Der Mensch ist keine Maschine – kann aber trotzdem Fehler machen. Eine Spandauer Apotheke musste eine Kundin sogar über das Radio suchen lassen, weil ihr ein falsches Medikament herausgegeben wurde. Das Ganze ist der Inhaberin verständlicherweise unendlich peinlich. Ist aber Kollegen in Berlin auch schon passiert. In beiden Fällen wurde die Kundin bislang nicht aufgetrieben.
Dabei geht es viel viel schlimmer. Eine Kollegin aus dem Rheinland hat nicht nur ihre Betriebserlaubnis verloren, sondern durfte auch noch ihre mühsam erworbene Approbationsurkunde zur vorläufigen Verwahrung einschicken. Berufsunwürdig mit schlechter Prognose, so der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln. Aber ehrlich, nicht entzifferbare Privatrezepte chinesischer Ärzte beliefern, mit Dopingmitteln dealen und die Ausgangsstoffe in der Rezeptur verfallen lassen, das ist dann doch vielleicht ein bisschen viel des Schlechten. Trotzdem wünscht man sich als Apotheker, es gäbe diese Berufsunwürdigkeitsklausel auch in anderen Bereichen. In Bayern wird ja demnächst gewählt.
Während das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mitteilt, dass auch Losartan verunreinigt ist, erfahren die Apotheker, dass sie Privatpatienten das zurückgerufene Valsartan ersetzen müssen. Und Stada hatte noch einen Nachzügler-Rückruf zu vermelden.
Derweil läuft sich die ABDA warm für den Apothekertag und den lang ersehnten Auftritt von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der hat zwar mit dem Wartezimmergesetz auch die Rabatt/Skonto-Frage fast abschließend geklärt und das Impfstoffhonorar gesperrt, aber der große Wurf steht noch aus. Dem Rx-Versandverbot werden immer noch Außenseiterchancen eingeräumt, auch wenn die Wettquoten eher etwas für Risikofreudige sind. Gleichwohl: Es ist noch nichts entschieden. Spahn lässt sogar seine Fraktion weiter zappeln, zu deren großer Freude. Die Spannung steigt! Ab ins Wochenende!