Was für ein Schock: Bei Pharmaziestudent Benedikt Bühler wurde eingebrochen. Wertgegenstände wurden nicht gestohlen. Die Diebe entwendeten offenbar sehr gezielt nur einen Stapel Papier von Bühlers Schreibtisch: Alle Gutachten zum Rx-Versandverbot, die er am kommenden Montag mit in den Bundestag nehmen wollte, sind weg. Die Kriminalpolizei ermittelt.
Für seinen Auftritt im Petitionsausschuss lag schon alles bereitet: Ausweis, ein Blatt mit den Kernthesen und Hauptargumenten für ein Rx-Versandverbot und eben die Rechtsgutachten zum Thema. Diese waren vor wenigen Tagen plötzlich aufgetaucht, ohne Absender im Briefkasten sowie im E-Mail-Postfach. Ob die Dokumente ihm im Kampf gegen die Boni-Ritter helfen, weiß Bühler nicht, aber er will zumindest nichts unversucht lassen.
Doch als er am Freitagabend in seine Wohnung kam, merkte er gleich, dass etwas nicht stimmte. Irgendetwas war anders. Die silberne Kaffeekanne da auf dem Tisch, die hatte er doch dort nicht abgestellt. Auch das offene Fenster kam ihm merkwürdig vor. „Komisch, passiert mir eigentlich nie“, murmelte er vor sich hin. Dann sah er den Schreibtisch – und augenblicklich wusste Bühler Bescheid. Die Gutachten, gestohlen! Und still lächelnd dachte er daran, dass die Digitalisierung noch nicht überall das Bewusstsein durchdrungen hat.
Die Spurensicherung war wegen des geringen Schadens nicht lange am Tatort. Vor der Eingangstür fanden die Ermittler Plastikbruchstücke, die von einer Kreditkarte stammen sollen. „Möglicherweise hat jemand versucht, mit der Karte das Schloss zu knacken, das funktioniert aber nur im Film“, so der die Ermittlungen leitende Kommissar. Dass es sich bei dem Einbruchswerkzeug um eine Kreditkarte der Apobank handeln soll, wollte er auf Nachfrage nicht bestätigen. „Die Ermittlungen laufen noch.“
In die Wohnung waren der oder die Einbrecher über den Balkon gelangt. „Offenbar sind die Täter an der Hauswand hochgeklettert. Wir haben einen Karabinerhaken auf dem Balkon gefunden“, berichtet der Polizist. Das Fenster wurde dann vermutlich mit einer „Klempnerzange“ entriegelt, wie sich der Beamte ausdrückte. Über die Hintergründe der Tat ist noch nichts bekannt, Verdächtige gibt es nicht. Dass es sich, wie eine Nachbarin äußerte, um Gespenster handelt, will der Kommissar aber ausschließen. Die ältere Dame hatte mehrfach ein lautes „Buuuh!“ gehört…
Bevor jetzt wirklich die Polizei ausrückt: Bei Bendikt Bühler ist natürlich nicht eingebrochen worden. Aber sonst stimmt fast alles. Weil die ABDA ihm im Rahmen des Fachgesprächs die Langfassungen der Gutachten von die Fabio & Co. für sich behielt, wurden Whistleblower aktiv: Rund ein Dutzend Mal wurden dem Pharmaziestudenten die Dokumente anonym zugeschickt. Am Montag gilt es im Bundestag, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird dabei sein. Dass die ABDA sich mit dem Thema Rx-Versandverbot im Verhältnis zu Spahn schwer tut, ist verständlich, aber wieder einmal macht die Standesvertretung im Umgang mit ihren Mitgliedern eine unglückliche Figur.
Etwas den Ton verfehlt hat auch TK-Manager Daniel Cardinal in seinem Hohelied auf das E-Rezept. Beim BMC-Kongress verstieg er sich zu der Aussage, dass es mit Einführung der E-Rezept-Apps keine Lieferengpässe mehr geben würde. Der Patient könne sich dann ja eine Apotheke suchen, die das gewünschte Medikament vorrätig hat. Einfach mal wegdigitalisiert das Problem. Genau! Sollen die Leute doch Kuchen essen, wenn sie kein Metformin haben.
Man muss allerdings dazu sagen, dass das „Satellitensymposium“ von DocMorris und Zur Rose gesponsert war, weshalb auch das E-Rezept-Modell der niederländischen Versandapotheke von eHealthTec als Zukunftsmodell gefeiert wurde. Ein Wunsch der Ärzte wurde dabei umgesetzt: Bis zu 250 Rezepte gleichzeitig signieren.
Und wie sollen die Apotheker dagegen halten? Mit dem Botendienst, schlägt Spahn vor und bietet es den Patienten auf seiner Ministeriumshomepage an. Serviceangebote im Namen Dritter. Finden nicht alle gleich lustig. Andere schlagen schon zurück: mit digitaler Sichtwahl und einer E-Rezept-Kampagne für die Apotheke vor Ort. Auch die ABDA ist nochmal aktiv geworden. Slogan: Das E-Rezept kommt.
Und Gegenmaßnahmen scheinen auch geboten: Zwar müssen die Anleger bei Zur Rose schon viel Fantasie mitbringen, aber der Wachstumskurs hält vorerst an. Und Konkurrent Shop-Apotheke vermeldet, bis zu 7000 Rezepte täglich zu beliefern – und das sind noch Rezepte ohne e. Nach der Umstellung reichen dafür 28 Klicks mit der linken Maustaste eines motivierten Arztes.
Dass sich die Vertreter der Krankenkassen ebenfalls so auf die Einführung des E-Rezepts freuen, überrascht ein wenig. Immerhin drohen mit eindeutigen Verordnungen und einer Formfehler-sicheren Software hohe Verluste im so einträglichen Retaxgeschäft. Aber noch geht das ja alles: Und bei Cannabisrezepturen retaxieren die Kassen wild drauf los. Noch frecher als Kassen zocken nur die Jungs vom falschen Transparenzregister.
Wenn bei Ihnen in der Apotheke die Müllereimer überquellen, weil kein Kunde seine Zwangsbon mitnehmen möchte, dann können Sie entweder das Konfetti ans Bundesfinanzministerium (BMF) schicken oder, wenn Sie den Aufwand scheuen, bei der Bon-Bucket-Challenge mitmachen. Die Belegausgabepflicht ist bekanntlich nur die erste Zündstufe. Spätestens bis Ende September muss die TSE an die Kasse. Pharmatechnik hat vorgelegt.
Noch etwas Nachholbedarf haben alle Softwarehäuser bei der Umsetzung der neuen ABDA-Datenbank. Wenn die Apotheken-EDV dann demnächst viel mehr kann, darf sie auch mehr kosten. Also ab an die Hausaufgaben, der Rest darf raus und spielen. Schönes Wochenende!
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