ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

DroDaNa: Apotheke liefert ans Ehebett

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Berlin -

Was für ein Dilemma: Statistiken belegen, dass die Deutschen überdurchschnittlich häufig am Wochenende und gerne auch nachts im Schlafzimmer zugange sind – also dann, wenn die Apotheken geschlossen sind! Oder anders ausgedrückt: Nur eine Minderheit der deutschen Beischläfer nimmt Rücksicht auf die gängigen Ladenöffnungszeiten. Ein umtriebiger Verhütungspharmazeut stößt nun in diese Marktlücke.

Eigentlich wünsche er ja keinem, dass es passiert, sagt Dionysos Priapos. „Aber die Liste möglicher Fehlerquellen ist einfach zu ... lang“, so der Apotheker. Was also tun, wenn es im Bett eine Verhütungspanne gibt? Mitten in der Nacht zur nächsten Notdienst-Apotheke? „Das ist ja voll 90er! Was es nicht online gibt, taugt nichts“, findet bekanntlich jeder normale Mensch unter 30 – und die machen hier rund drei Viertel der Zielgruppe aus. Also an den Computer. Aber halt! Bis das Paket aus Holland da ist, dauert es schon mal zwei bis drei Tage. Die hat man aber nicht.

Hier kommt Apotheker Priapos ins (Liebes-)Spiel: „DroDaNa“, die „Drohne danach“, liefert innerhalb von 30 Minuten, verspricht er. Einfach die App „Love Rocket“ aufs Smartphone laden, anmelden und bestellen. Der Clou dabei: DroDaNa ist mit einem neuartigen LCD ausgestattet, einem sogenannten „Love Chamber Detector“. Mittels Infrarot-, Geruchs- und Wärmebildsensoren findet das Navigationsmodul nicht nur die Lieferadresse selbstständig, sondern direkt das Schlafzimmerfenster. „Ist das Ziel erreicht, schalten die Kameras aber selbstständig ab“, versichert Priapos. Also einfach vom Bett aus das Fenster öffnen, die Packung aus der Drohne nehmen und die Pille mit dem Schluck Schampus runterspülen, der noch vom Vorspiel übrig ist.

Anderthalb Jahre hat Priapos versucht, das Konzept in Kooperation mit einem Großhändler aufzuziehen, doch weder (Fremd)gehe noch Samacorp oder Poweda wollten sich beteiligen. Also nahm er Hypothek für das Sommerhaus seiner Eltern auf Kreta auf und gründete sein Start-up „PilldanachPack“. Wer weiß, vielleicht ist seine Firmen einem großen US-Versender ja irgendwann mehrere Fantastilliarden Euro wert. Vorher muss er sich aber erst einmal etablieren. Denn bisher wissen noch viel zu wenige sexuell aktive Deutsche von dem revolutionären Angebot. Die rufen dann auch gern mal am Wochenende im Notdienst an und verlangen vom Apotheker: „Bringen Sie mir die Pille sofort nach Hause!“, wie Apotheker Georg Dribusch zu berichten weiß.

Dass der Kundenstamm in Zukunft kleiner wird, ist kaum zu befürchten. Geht es nach Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wird künftig auch die normale Pille zwei Jahre länger erstattet, dann bis zum 22. Lebensjahr. Und wenn das E-Rezept erst einmal da ist, steht auch hier der Auslieferung nichts mehr im Weg. Dass die Techniker Krankenkasse beim Modellprojekt in Hamburg ausgerechnet die Software einer Firma nutzt, die zur Hälfte der DocMorris-Mutter Zur Rose gehört, lässt Priapos hoffen, dass es auch für unkonventionelle Zustellungsmethoden taugt.

Und wer weiß, wenn sich die Drohnentechnologie so rasant weiterentwickelt wie bisher, kann Drodana bald auch ganze Lebewesen transportieren. Die „Alpha-Ärzte“ wären dann ein natürlicher Kooperationspartner. Die haben den ärztlichen Bereitschaftsdienst zum Geschäftsmodell gemacht – müssen sich allerdings fragen lassen, ob das alles auch ganz koscher ist.

Genau wie das Bundesgesundheitsministerium. Die von Securpharm „betroffenen“ Verbände machten dort diese Woche ihrem Unmut Luft. Von massiven Problemen beim Einspielen der Herstellerdaten war da die Rede. Wahrscheinlich ist das aber nur wieder falscher Alarmismus. Es ist immerhin noch eine ganze Woche Zeit bis zur Einführung! Aber heutzutage muss eben alles wahnsinnig schnell gehen. Deshalb erwägt der gesündeste aller Minister auch, sein Apothekenpaket per Drohne zustellen zu lassen. Die fliegt nämlich demnächst ohnehin das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung aus. Für das bisschen Apothekenpaket ist da bestimmt noch Platz.

Und wenn nicht, dann muss es halt mit dem E-Bike ausgefahren werden. Das hat diese Woche bei vielen Apothekern an Ansehen gewonnen, nachdem das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main DocMorris deshalb eine Watsche verpasste. 2015 hatte der Hollandversender eines verlost, was ihm das OLG nun verbot. Das sei ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz. Kurios: Zur Begründung zogen die Richter das berüchtigte EuGH-Urteil zur Preisbindung heran und kamen zu dem Schluss: „Die Entscheidung für eine stationäre Apotheke oder eine Versandapotheke ist daher für die Gesundheit des Kunden relevant und muss von ihm getroffen werden.“

„Gut zu wissen“, denkt man sich da wohl im Hause Generali. Der Privatversicherer hat nämlich vor dem OLG Köln gegen die Wettbewerbszentrale gewonnen. Die Richter entschieden: Herr Generali ist kein Arzt. Für die gilt nämlich das Zuweisungsverbot, ein privater Krankenversicherer hingegen darf seinen Schützlingen eine Apotheke zuweisen, wenn er mit dem Apotheker kooperiert und diesem – über den Arzt – Patienten zuführt. Die Wettbewerbszentrale will es aber wissen und den Bundesgerichtshof in Anspruch nehmen.

Der sollte sich mit dem Verfahren beeilen, denn es gibt immer weniger zuzuweisen. Es ist ein trauriges Jubiläum: Zehn Jahre Apothekensterben. So lange ist die Zahl der Apotheken nun kontinuierlich gesunken, noch nie gab es im wiedervereinigten Deutschland so wenige Apotheken wie im Moment. Und mit den Schließungen geht nicht nur Sicherheit in der Arzneimittelversorgung verloren, sondern auch ein Stück Kultur. Die muffige Eck-Apotheke ist tot, es lebe die muffige Eck-Apotheke! In diesem Sinne: ein schönes Wochenende!

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