Der Wunschzettel Alexander Müller, 29.04.2023 07:44 Uhr
Der Notdienst ist ungewöhnlich ruhig, da hat Apotheker Leon Barba Zeit für sein wichtigstes Projekt: den Wunschzettel (O-Ton Piechotta „Wunschliste“. Es ist noch recht früh im Jahr, aber vielleicht ist seine Liste dann beim Weihnachtsmann an erster Stelle.
„Lieber Weihnachtsmann“, beginnt er in Schönschrift, „am allermeisten wünsche ich mir in diesem Jahr: ein auskömmliches Honorar. Also, wenn es geht, 12 Euro für jede Packung wäre gut (aber dann bitte nicht den Kassenabschlag auf 6 Euro). Und damit ich das nicht jedes Jahr wünschen muss, wäre eine Dynamisierung auch ganz toll.
Das klingt vielleicht viel, lieber guter Lautermann, aber dein treuer Diener hat ausgerechnet, dass ich jetzt 27 Cent drauflege auf jede Packung – und das geht doch nicht, auch nicht an Weihnachten. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass das so genau stimmt, aber mein Betriebsergebnis ist jedenfalls viel schlechter als letztes Jahr. Und wenn du jetzt ‚Coronasondereffekte‘ sagst, lieber Weihnachtsbach, dann sage ich dir, dass ich mir die Pandemie auch nie gewünscht habe. Und fürs Team war das auch ganz schön zermürbend.
Hast du gesehen, wie viele Apotheken schon wieder aufgegeben haben? Wir sind jetzt keine 18.000 mehr. Das heißt, viel mehr Notdienste für jeden von uns. Kein Wunder, dass sich da manche drüber aufregen. Ich wünsche mit weniger Notdienste und im Notdienst nur Patientinnen und Patienten, die wirklich meine Hilfe brauchen und keine Gummibärchen. Kannst du allen anderen zu Weihnachten bitte Kondome und Nasenspray bringen und den Sex-Anrufern einen guten Therapieplatz? Das wäre toll.
Ich weiß, man soll sich nichts Schlechtes für Andere Wünschen, aber die Krankenkassen hätten schon mal den Knecht Ruprecht verdient. Die retaxieren jetzt auch noch Engpässe! Stell dir vor: Du bringst einem Kind nur ein Geschenk vom Wunschzettel nicht und es verbrennt alle anderen und den Weihnachtsbaum. Bitte nimm die Nullretax einfach weg und die Präqualifizierung gleich mit. Oh warte, vielleicht können wir das streichen, der Bundesrat will uns schon helfen. Ich schreibe dir im Sommer, ob das noch auf die Liste soll, okay?
Bitte schicke mir PTA und den Behörden ein bisschen Herz oder Hirn oder beides, damit sie auch hier arbeiten dürfen. Bitte schenk den Polizisten in Hessen keine neuen Schlagstöcke, die können damit nicht umgehen. Und es wäre toll, wenn du eine Winterbevorratung planst: Denn da gibt es auch nichts von Ratiopharm.
Bitte schick' vor allem Fiebersaft und Antibiotika. Ich möchte nicht, dass die Eltern im Mai aufzahlen müssen. Aber bitte gib den Ärzten kein Dispensierrecht. Das führt zu nichts Gutem. Gib' lieber den Apotheken mehr Amoxicillin, die feiern das wie Weihnachten!
Wir werden heute Abend in der Apotheke alle für dich singen und den Wunschzettel im Abholfach für dich zurücklassen:
Morgen kommt der Lautermann,
Kommt mit seinen Gaben
Doch du weißt ja unsren Wunsch
Kennst ja unsre Herzen
Chefchen, PhiP und PTA
Approbierte, PKA
Alle, alle sind wir da
Warten dein mit Schmerzen
Morgen kommt der Lautermann
Kommt mit seinen Gaben.
Ach, weißt du was, lieber Weihnachtsmann, du weißt das schon selbst am besten. Vergiss die ganzen Wünsche. Eigentlich will ich nur eins: Meinen geliebten Beruf ausüben und davon halbwegs gut leben können. Danke!
PS: Hör‘ dir den Podcast an, der ist lustig. Danke, tschüss, dein Leon.“