Harry Wijnvoord hätte seine helle Freude an diesem Maskenball – der Preis für FFP2-Masken ist wirklich heiß. Als Apotheker kann man es kaum richtig machen. Selbst eherne Wahrheiten, wie dass der Gewinn im Einkauf liegt, werden dieser Tage relativiert, er liegt plötzlich auch in Düsseldorf.
Zur Aufklärung für die, die sich in den 90er-Jahren nicht für RTL-Spielshows interessiert haben: Bei „Der Preis ist heiß“ mussten die Kandidaten den richtigen Preis mehr oder weniger gängiger Waren richtig schätzen, ob Bügeleisen oder Design-Nussknacker. Möglichst nah dran, aber auf keinen Fall drüber. Wijnvoord hat den Quatsch mit niederländischem Frohsinn fast 2000 Folgen lang wegmoderiert. Die Show wurde 1997 abgesetzt, weil die ausgelobten Preise zu teuer und das Publikum zu alt geworden waren.
Was nichts anderes bedeutet, als dass ein Gutteil der Zuschauer von damals heute in der Apotheke steht und den Berechtigungsschein zückt. Menschen, deren Gespür für den richtigen Preis in hunderten von Stunden fast konkurrenzlosen Privatfernsehens gestählt wurde. Die Quizshow findet auf der anderen Seite des HV-Tischs statt: Mobile Einkaufspreise und dazu ein Wechselbad aus Gratisausgabe im Dezember und Couponschlacht im neuen Jahr und ein hohes öffentliches Interesse an der Preisgestaltung eines Produkts aus dem Randsortiment.
Was ist also der perfekte FFP2-Preis, wenn der couponlose Kunde eine Maske kaufen will? 7,95 Euro führen dazu, dass die „Bild“-Zeitung „Wucher!“ kräht und die Apotheke mit Dreck bewirft. Weil das Boulevardblatt zwar den Lieferanten sprach, aber eben nicht die Apotheke, wehrt sich die Inhaberin. Den Preis hat sie inzwischen gesenkt, wobei selbst DocMorris mit einem Stückpreis von 4,5983 Euro nicht viel billiger ist. Am Montag kommt Aldi mit den 2er-Pack zu knapp fünf Euro, es werden auch Masken für einen Euro angeboten. Als Apotheke kann man sich aussuchen, ob man sich lieber von Boulevard und Lokalpresse oder den Kollegen vor Ort beschimpfen lassen möchte. Denn zu billig wird auch nicht gern gesehen.
Das gilt sogar für Gratismasken. Eine dem Gegenstand kaum angemessene Diskussion hat sich darüber entsponnen, ob Apotheken die Eigenbeteiligung der Kunden kassieren sollten, wenn diese mit ihrem Berechtigungsschein sechs Masken auf Staatskosten abholen. Selbst die Softwarehäuser wurden in diesen Streit hereingezogen und mussten sich mit der Bon-Frage herumschlagen. Dabei hätten die mit dem E-Rezept eigentlich anderes zu tun. Die Rechenzentren kümmern sich um die Abrechnung – und Vorfinanzierung.
Die Kammerpräsident*innen können den Rabattaktionen bei der Maskenausgabe jedenfalls überhaupt nichts abgewinnen. Berlins Chefapothekerin Dr. Kerstin Kemmritz rechnete vor, dass in Phase 2 und 3 jeweils 54 Millionen Euro verschenkt werden, wenn die Kunden aus der Pflicht genommen werden, und dass sich die Politik fragen möge, ob es den Apothekern eigentlich zu gut geht. Baden-Württembergs Kammerpräsident Dr. Günther Hanke meint sogar schon Drohungen in der Honorarverhandlung herausgehört zu haben. Was zumindest dahingehend tröstlich ist, dass offenbar jemand über die Honorierung verhandelt.
Aber die Politik darf sich wieder abregen, denn das Landgericht Düsseldorf hat den 2€-Erlass verboten. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale. Doch die Geschwindigkeit, mit der die Apothekerverbände Details aus dem gerichtlichen Beschluss an ihre Mitglieder übermittelten, lässt wenig Raum für Zweifel an der Mitwisserschaft der Klageschrift. Zu gratis darf eine Maske also auch nicht sein. Wobei Rechtgelehrte wie Dr. Bernhard Bellinger oder Dr. Morton Douglas nicht glauben, dass der Spruch aus Düsseldorf Bestand haben wird. Und dann wäre immer noch die Frage offen, was mit den 6+1 oder 6+2 oder 6+24 Angeboten ist. Also bitte, lieber Harry, schätzen Sie selbst: „Der Preis ist heiß!“
Und dann kommt die nächste Rechnung: Wie lange hält so eine Maske? Die FH Münster testet die Wiederaufbereitung des Einmalprodukts. Falls Sie mit Ihren Kunden dann noch über die Unterschiede zwischen FFP2 und FFP3 diskutieren möchten, haben wir Ihnen das Wichtigste zusammengestellt.
Aber es war auch nicht alles Maske diese Woche. Es gibt ja noch den Impfstoff – beziehungsweise es gibt ihn nicht. Moderna soll über 300.000 Dosen zurückgehalten haben. Und FDP und Grüne fragen in seltener Einigkeit bei Minister Jens Spahn nach, wer ihm eigentlich den Einkaufszettel geschrieben hat. Der hat dazu seine eigene Theorie. In NRW wurde zwischenzeitlich der Impfstopp verhängt. Umso wichtiger wird es, dass auch Maßnahmen wie das Testen immer leichter werden: Kollege Dr. Björn Schittenhelm zeigt, wie es geht.
Und es gibt sie tatsächlich noch: Meldungen, die nichts mit Corona oder dem orangenen Ex-Präsidenten zu tun haben: Die Bundesregierung hat als Tipp für AvP-Opfer und soche die es werden wollen, als Apotheke könne man doch auch selbst abrechnen. Medizinisches Cannabis ist weder Fertig- noch Präsentationsarzneimittel, sondern Rezepturausgangsstoff, entschied das OLG Hamburg. Und in diesem Sinne wünsche ich allen ein entspanntes Wochenende!
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