Böse Überraschung am Samstagmorgen: Katerina M. steht fassungslos vor ihrer Apotheke: Beide Schaufenster sind mit quietschgrüner Farbe angestrichen. Unbekannte haben die Apotheke in der Nacht nach eigenem Geschmack neu gestaltet. Und nicht nur diese, alle 19.591 Apotheken bundesweit sollen betroffen sein.
Manche glauben, dass der Plakatstreit eskaliert ist. Erst haben Apothekerinnen angefangen, die Werbung einer Versandapotheke zu überkleben. Spruch: Schnelle Hilfe gibt es in der Apotheke vor Ort. Doch die Zettel wurden überklebt. Die Botschaft: Ihr müsst doch immer erst alles bestellen.
Die Replik auf dem Zettel auf dem Zettel. Kann vorkommen, dann bringen wir es nach Hause, am selben Tag und kostenlos. Nächster Zettel: Wir liefern innerhalb einer Stunde. Und darauf: Ja, Nasenspray in Spanien. Das ging eine Weile so hin und her, die Kritik an der mangelhaften Beratung in der Hotline wurde mit dem Bericht des letzten Testkaufs gekontert. Jemand schrieb: Wir geben unseren Kunden etwas ab von unserem Gewinn. Und die Apothekerinnen: Dafür müssen Arzneimittel bei uns nicht schwitzen und nicht frieren.
Als nächstes waren alle Zettel mit einem viel größeren Zettel überklebt. Auf dem stand jedes Mal: Wir haben mehr Zettel. Am nächsten Morgen waren alle Zettel verschwunden und jemand hatte mit Edding auf die Plakate geschrieben: Wir arbeiten auch nachts. Und als nächstes waren die Scheiben grün. „Guter Zug“, hört man Apothekerin Katerina M. zwischen den Zähnen murmeln, „aber das ist noch nicht das Ende“.
Mal sehen, wie weit die Sache mit den Plakaten in Wirklichkeit getrieben wird. Aber man kann schon verstehen, dass sich einige Apotheker von der DocMorris-Kampagne gegen die Vor-Ort-Apotheke provoziert fühlen. Die Idee mit dem Konter ist wirklich ganz nett, nur sollten sich die Kollegen nicht zu übertriebenen „Vergeltungsschlägen“ hinreißen lassen. Denn das ist nicht nur nach dem Gesetz unlauter, sondern auch unfair. Und die Ungerechtigkeit gilt es doch gerade zu bekämpfen.
Das ist das Gleiche wie mit den Wahlplakaten. Mich lädt auch jedes AfD-Plakat, das von deutscher Leitkultur brummelt, zum Herunterreißen ein. Aber das wäre eben auch kein demokratieverliebtes Vorgehen. Da hat es MSD eleganter gemacht und ein eigenes Gegenplakat vor der Zentrale aufgestellt.
Den ganz basisdemokratischen Weg der Petition ist Christian Redmann gegangen. Und der Weg war lang und anstrengend. Es hat recht lange gedauert, bis er die 50.000 Unterschriften zusammen hatte – es gibt eben auch Kollegen, die nichts von einem Rx-Versandverbot halten. Dennoch: In dieser Woche konnte Redmann die Unterschriften endlich übergeben. Chapeau immerhin für so viel Einsatz.
Und was macht die Politik jetzt daraus? Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird es beim Deutschen Apothekertag in der kommenden Woche in München verraten, oder auch nicht. Nicht einmal in seiner eigenen Fraktion wissen sie, was ihr Mann im BMG vorhat. Vielleicht ist sein Plan A zum ungeliebten Plan B (Rx-Versandverbot) auch noch gar nicht fertig.
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt wird seine Begrüßungsrede auf dem DAT womöglich aus dem Ärmel schütteln müssen. In dieser Woche hat sich die ABDA-Spitze erst einmal zur Krisensitzung getroffen. Sogar die Grünen gestehen der Standesvertretung mittlerweile zu, dass sie am Rx-Versandverbot festhält. Aber jetzt dürfen sich die ABDA-Oberen ganz offiziell auch mit Alternativen befassen. Bis zum 5. Dezember darf jeder seinen Wunschzettel schreiben. Die Schubladen im Lindencorso werden offenbar auf die herkömmliche Art für Büromaterial verwendet.
Ein Gesetz für (oder gegen) die Apotheker hat Spahn schon auf den Weg gebracht. Mit dem TSVG werden die Großhandelsrabatte gedeckelt, allerdings nicht ganz so, wie man sich das im BMG zuerst vorgestellt hatte. Gegen eine Verrabattierung des Skonto hatten die Kollegen aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) etwas einzuwenden. Wie Peter Altmaier das Skonto rettete. Und damit sicherlich ein paar Apotheken.
Und es gibt so viele wertvolle. Diese hier ist so schön, dass die Kunden innen sogar auf den Bus warten. Die schickste Apotheke Berlins hat eröffnet. Und dann gibt es noch das „Fräulein aus der Retro-Apotheke“. Über die Kollegen geärgert hat sich eine Apothekerin, die vermuteten illegalen Absprachen zur Chroniker-Zuweisung konnte sie vor Gericht aber nicht beweisen. Es soll aber auch ein Gerichtsverfahren geben, in denen den Richtern Beweise gar nicht so wichtig sind.
Die Empörung einer Apothekerin über eine vergleichsweise harmlose Tena-Werbung hat jedenfalls gefruchtet. Der Hersteller will die Werbung überarbeiten. Sie sehen also: Einsatz lohnt sich. Bevor Sie jetzt aber übertrieben aktionistisch werden denken Sie bitte daran, dass Sie dieses ApoRetrO nur ausdrucken, wenn Sie wirklich dringend etwas überkleben müssen. Der Umwelt zuliebe. Schönes Wochenende!
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