Burdas Apothekenfranchise Alexander Müller, 22.09.2018 08:06 Uhr
Burda goes Apotheke. Ein Medienkonzern dieses Formats will mehr als sich „nur kurz umschauen“. Rätselheft und TV-Programm sind die Einstiegsdroge. Und ohne eigene Bestellplattform traut sich heute kaum noch jemand unter die Leute. Die könnte wiederum nur der Startschuss sein für ein eigenes Franchise-Konzept. Je nach Ausrichtung kann der Inhaber dann wählen zwischen Focus- oder Bunte-Apotheke.
Wer auf ganz klassische Schulmedizin fokussiert, evidenzbasiert berät und am HV-Tisch nur Fakten, Fakten, Fakten kennt und immer an den Kunden denkt, für den ist die Focus-Apotheke vielleicht das richtige. Wechselwirkungen werden hier am liebsten mithilfe einer anschaulichen Infografik erklärt.
Wer dagegen auf ein breites Sortiment setzt mit großer Freiwahl und auch in Glaubensfragen wie der Homöopathie die Philosophie vertritt „Wer heilt, hat recht“, der entscheidet sich vielleicht für das Konzept der Bunte-Apotheke. Mit ein bisschen mehr Klatsch in der Illustrierten, der Ganz Neuen Apotheken-Jllustrierten. Das Marketing wird zum Kinderspiel. Aktionen zur Krönungsfeier oder die beliebtesten Kosmetiklinien der Stars sind nur erste Ideen.
Aber das Angebot des Medienkonzerns ist riesig, dass eine Ausweitung auf andere Apothekenkonzepte kein Problem ist. CHIP-Apotheke für die technikaffinen, Xing-Apotheke für die aktiven Netzwerkapotheker, Freizeit Revue oder HolidayCheck-Apotheke für die etwas weniger Aktiven. Mehr als 500 Medienprodukte hat Burda im Bauchladen, da sollte sich doch für jeden etwas finden.
Wobei die größte Apothekenkooperation ist ja nach neuer Selbstwahrnehmung die Noweda mit 9000 Mitgliedern. Dabei hätte ein Konzern mit der Geschichte von Burda es sicher auch vertragen, eine Genossenschaft zu integrieren. Wohin die Partner mit ihrer Plattform genau wollen und wie sich damit die Apotheke vor Ort stärken lässt, wurde im Detail noch nicht verraten.
Vielleicht wird auch noch daran geschraubt. Die im Aufbau befindliche Seite ihreapotheke.de deutet zumindest darauf hin, dass es plötzlich schnell gehen musste. Dass der Chef des Wort & Bild Verlags von seiner 9 Millionen Auflage herunterlächelt, dürfte Burda herzlich egal sein.
Denn auch wenn der Medienkonzern natürlich keine eigene Focus-Apothekenkooperation plant, ist die Sache mit dem Magazin schon ernst gemeint. Für einen Titel mehr ist immer Platz im Sortiment, vor allem, wenn man damit auf Anzeigenseite eine gesunde Branche angraben kann. Und eine „Rentner-Bravo“ hatte der Verlag bislang nicht im Programm, obwohl der ebenfalls im Haus verlegte Playboy vielleicht inzwischen als so etwas durchgeht. Wäre vielleicht auch ein Konzept für eine Apothekenkooperation. Doch genug davon.
Es gab in dieser Woche schließlich noch andere Themen. Zum Beispiel den Absturz von Bayer in der Gunst der Apotheker. Und das hat in der APOSCOPE-Umfrage nicht oder nur sehr bedingt mit dem jüngsten Ärger um Iberogast zu tun. In der „OTC-Marktanalyse 2018: So tickt das Apothekenteam“ von ging es zum Beispiel um Lieferfähigkeit.
Gleichwohl hat die Schöllkraut-Debatte Bayers Image sicherlich nicht beflügelt, das Kraut bleibt aber drin. Mit Warnhinweis. Die grüne Abgeordnete Kordula Schulz-Asche attestiert den Leverkusener im unnötigen Armdrücken mit dem BfArM alles falsch gemacht zu haben. Und sie sagt das mit glaubhaftem Bedauern, weil sie schon zweimal bei Steigerwald war und alles andere als eine Phytohasserin ist.
Weniger euphorische Meldungen als die Noweda hat die Konkurrenz aus Stuttgart in dieser Woche verbreitet: Man sei bei der Marge an einem historischen Tiefpunkt angekommen, mahnte Gehe in Richtung der Politik. Eine Honorarerhöhung sei dringend geboten. In das Boot setzen sich die Apotheker sofort. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt menetekelte passend dazu, dass die chronisch preissensitiven Chroniker vermehrt in den Versandhandel fliehen. Davor schützt auch keine Plattform und deswegen will die ABDA wohl auch keine eigene. Sondern nur ein Rx-Versandverbot.
Mal sehen, was Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit zum Deutschen Apothekertag (DAT) bringt. In seiner Biographie stand noch nichts dazu. Dafür ist DocMorris-Vorstand Max Müller ein eigenes Kapitel gewidmet.
Ob der Geschichte der Pelikan-Apotheke in Düsseldorf noch ein Kapitel hinzugefügt wird, ist noch offen. Denn im Streit mit dem Ex-Inhaber hat die Vermieterin die Apotheke versiegeln lassen. Und wegen der drei Stufen vor der Tür bleibt die Apotheke auch geschlossen, wenn es schlecht läuft.
Zumindest wäre dann die Schnäppchenjagd zu Ende. Der Berliner Apotheker Thomas Bong hatte sich lange gegen den Rabatt-Wahnsinn gewehrt, aber irgendwann ermüdet aufgegeben. Da habt ihr eure Schnäppchen! Immerhin, er hält es im Rahmen. Radikaler ist Kollegin Sabine Herrmann aus Hannover in Sachen Kulanz. Sie will die Kunden erziehen. Gutes Gelingen! Und falls Sie ein Testfeld suchen: Die Kalendersaison hat angefangen (ob Sie es glauben oder nicht).
Wer sollte HIV-Selbsttests verkaufen? Alle, damit der Zugang maximal niedrigschwellig ist? Oder doch besser die Apotheker, weil sie die notwendige Beratung mitliefern? Kann man drüber streiten. Wenn Sie wollen, Sie mit mir. Ansonsten: Schönes Wochenende!