Apotheker verliert Schaufenster-Wette Alexander Müller, 01.12.2018 07:55 Uhr
Prost!! Tobias, David, Klaus und Tanja stehen endlich zusammen auf dem Weihnachtsmarkt und freuen sich über den ersten Glühwein des Jahres. Das Treffen an der Bude ist gute Tradition, seitdem die vier vor elf Jahren gemeinsam das dritte Staatsexamen geschafft haben. Doch der dritte Glühwein mit Schuss wird wenig später dafür sorgen, dass der diesjährige Besuch länger in Erinnerung bleiben wird.
Klaus findet nämlich, dass es eigentlich viel zu warm ist für Weihnachtsmarkt und Glühwein. Bestimmt sei die Natur verwirrt, weil die Schokonikoläuse schon seit Monaten im Supermarkt stünden. Nach dem Marketingkalender sei quasi schon wieder Frühjahr, philosophiert er. „Ja ja, wir sollten allmählich die Oster-Deko wieder aus dem Keller holen“, pflichtet ihm Evi bei.
Nach der nächsten Runde versteigt sich David zu der Idee, dass die Kunden sowieso nicht wahrnehmen, was im Schaufenster steht. Und er lässt sich auf die Wette ein: Am Montag muss er wirklich Ostereier und Hasen ins Schaufenster stellen und wenn ihn bis zum nächsten Wochenende nicht mindestens zehn Kunden darauf ansprechen, müssen die anderen ihm den ganzen Abend Glühwein spendieren. Anderenfalls muss er eine Runde schmeißen.
David verliert, gewinnt aber eine Erkenntnis. Er kommt mit so vielen Kunden ins Gespräch, dass er sich entscheidet, das Thema in der Sichtwahl fortzusetzen: Lorano statt Grippostad, Cold Cream raus, Ladival rein. Er macht eine Der-Frühling-ist-da-Rabattaktion und begeistert damit nicht nur aber vor allem die Weihnachtsmuffel. Also: Wie dekorieren Sie? Wir sind auf Fotos gespannt.
Was sich auf jeden Fall für die Werbung anbietet ist Vitamin D. Das passt nämlich – anders als Ostereier – gut in die dunkle Jahreszeit. Und was vielleicht auch bei den Kunden bekannt ist: Im Test auf Wirksamkeit und Nutzen, Vollständigkeit der Warnhinweise und bedenkliche Hilfs- oder Inhaltsstoffe wurden die Arzneimittel von Stiftung Warentest rehabilitiert. Nahrungsergänzungsmittel floppten.
Aber das sind so Kleinigkeiten. Dabei geht es jetzt um die großen Fragen: Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird den Apothekern sein „Konzept“ vorstellen (kurz nachdem er ganz knapp nicht zum CDU-Vorsitzenden gewählt worden sein wird). Keinen fertigen Entwurf, er will reden, aber auf die Zustimmung der Apotheker angewiesen ist er auch nicht. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt tingelt deshalb in der Zwischenzeit übers Land und bereitet die Basis auf das vor, was wohl kommen wird. Dazu gehört das Eingeständnis, dass man sich beim Thema Rx-Versandverbot politisch verspekuliert hat.
Ein eher vager Hoffnungsschimmer ist die Tatsache, dass europaweit der Versandhandel mit Rx-Tierarzneimitteln verboten wird. Selbst ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ist in seiner Videobotschaft zurückhaltend mit Analogien. Die Tatsache wird das BMG vermutlich genauso wenig umstimmen wie das Gutachten von Dr. Di Fabio zur Machbarkeit eines Rx-Versandverbots.
Dieses aufgegeben hat mittlerweile auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Er warnt allerdings auch davor, dass sich Apotheken als Gegenreaktion zu Krämerläden machen. Ein Berufsstand, der sich durch Paketservices quersubventionieren soll, ist weder naheliegend noch angemessen. Und dass die Apotheker wegen allzu viel Jammerns selbst schuld am Fachkräftemangel sein sollen, hätte ABDA-Vize Mathias Arnold bei näherer Analyse des Verursacherprinzips vielleicht auch besser für sich behalten.
Was Spahn mit Sicherheit massiv vorantreiben wird, ist die Einführung des elektronischen Rezepts. Einen Vorteil wird das ganz sicher bringen: Apotheker müssen sich nicht mehr nötigen lassen, welche Farbe der Stift haben darf, mit dem Korrekturen auf der Verordnung vorgenommen werden. Versuchen Sie doch beim nächsten Besuch auf dem Weihnachtsmarkt mal, diesen Umstand einem unbeteiligten Dritten zu erklären. Und danach, dass bei der DAK 1,77+1,77=7,08 Euro sind. Zwei mal Drei macht Vier widdewiddewitt und Drei macht Neune!
Und wenn Sie schon im Thema sind, erklären Sie Ihrem Gesprächspartner bei der nächsten Runde Glühwein, was es mit der Präqualifizierung auf sich hat. Schon für den Begriff werden Sie einen Lacher ernten, versprochen. Die PQS der Ersatzkassen stellt übrigens den Betrieb ein. Hilft aber auch nicht, auf den Läusekamm müssen Sie sich trotzdem weiter examinieren lassen. Und auch die Importquote wird es weiter geben – nur anders.
Derweil in Apotheken: Eine falsche Dosierung auf der Packung löste einen Polizeialarm aus. Die Kundin fand das übertrieben, die Apotheke gelobt zerknirscht Besserung. Keine Besserung mehr in Sicht war für diese Apotheke. Die Inhaberin gibt jetzt auf – und fühlt sich als Versagerin. Eine traurige Geschichte. Mut machen und helfen wollen die Kollegen der BerlinApotheke in Friedrichshain – und zwar einer ganz bestimmten Zielgruppe: HIV-infizierten Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter.
Apotheker sind ja meist sehr fortschrittlich. Und dann streikt das Elektroauto im Botendienst, das ist bitter. Lassen Sie sich bitte davon nicht entmutigen. Alles Schlechte geht auch mal vorbei. Halten Sie durch! Schönes Wochenende und einen friedlichen 1. Advent.