ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Apotheker fallen auf Ärztetrick rein

, Uhr
Berlin -

Es ist paradox: Ab kommender Woche (20.11.) dürfen die Apotheken ihre übrig gebliebenen Grippeimpfstoffe an den Nacht- und Notdienstfonds melden – und gleichzeitig melden die Ärzte einen Engpass bei Grippeimpfstoffen. Daran sollen die Apotheken schuld sein. Ist das alles womöglich nur ein hinterhältiger Trick?

Wegen Corona würden sich viel mehr Menschen gegen die Grippe impfen lassen, so die nicht ganz fernliegende Erwartung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) im vergangenen Jahr. Doch die zusätzlichen 6 Millionen (insgesamt 26 Millionen) wurden zu spät verteilt, da wollten sich die Leute nicht mehr impfen lassen. Minister Spahn versprach, dass der Bund trotzdem für die Kosten aufkommt und so dürfen die Apotheken Impfstoff, den die Praxen nicht wollten, wenigstens verrechnen.

Heute sagen die Ärzte, sie könnten die benötigten Mengen Impfstoff „sehr genau kalkulieren” und seien auf den Ansturm vorbereitet. Wären da nicht diese wegelagernden Apotheken, die plötzlich mitimpfen wollten und gierig Vakzine abgreifen. Deren Modellprojekte sorgten jetzt für eine künstliche Verknappung, so dass in den Praxen der Impfstoff fehle.

Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Fehlt Grippeimpfstoff, der einem Impfwilligen verabreicht wurde? Die praktizierenden Heiler:innen müssten doch eigentlich froh um jede Dosis sein, die in einem Arm verschwindet. Vielleicht geht es doch um etwas andres bei dem Aufschrei. Zumal zweitens die Apotheken ja nicht wirklich aus den Beständen der Praxen impfen, diese können vielmehr nach Bedarf bestellen.

Und dann die beschworene Verknappung: Gibt es nun aufgrund der paar gesetzten Spritzen in Apotheken wirklich schon Lieferengpässe? Oder – und die KVen sollten sich gut überlegen, ob sie diese Karte spielen wollen – ist das Angebot in Apotheken am Ende wirklich so beliebt, dass die Vakzin in der Praxis rar wird?

So viele Denkfehler unterlaufen den Ärzten normalerweise nicht auf einmal. Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass sie gar nicht mehr selbst impfen wollen. Nach so vielen Corona-Diskussionen und Lamento über die stotternde Quote sind sie selbst „impfmüde“ geworden. Mit kernigen Aussagen werden die apothekerlichen Kolleg:innen so lange provoziert, bis selbst Zurückhaltende den Fortbildungskurs buchen und „Oberarm freimachen“ rufen. Und Efluelda gibt es jetzt sogar über den Großhandel.

Dann sind die Ärzte am Ziel, der Plan ist aufgegangen und die lästige Arbeit ist in die Offizin abgewälzt. So muss es sein, anders ist das irrlichternde Gebaren der ärztlichen Standesvertretung nicht zu erklären. So wiederum wär schlüssig, warum Karl Lauterbach (SPD) den Apotheker:innen scheinbar beispringt und die Corona-Impfkampagne in der Offizin fordert (und die Cannabis-Legalisierung gleich mit). Der Meldefehler, für den das RKI nichts kann, hat zwar einen kleinen Schub in der Quote gegeben, aber der Weg zur Herdenimmunität ist noch weit. Vielleicht bringt der erste Totimpfstoff noch einmal einen Boost.

Vielleicht hilft das Ende der kostenloser Bürgertests, als Akt der Fairness von Minister Spahn über die Steuerzahler:innen gebracht. Zu den erwarteten Diskussionen in der Apotheke haben die Nachweisnachfragen und Chaos jedenfalls schon geführt. Manchmal auch zu Preisverhandlungen. Immer wieder müssen Impfpassfälscher enttarnt oder wie hier aufs Glatteis geführt werden.

Was gibt es Neues zum E-Rezept? Das kommt nicht als Big Bang, Stefan Klose aus dem BMG erklärt, warum. Und die Gematik beschließt, dass dieses ganze System aus Karten und Konnektoren doch nicht so wichtig ist. Für diese Apothekerin sowieso nicht: Sie freut sich so auf Weihnachten, dann kann sie endlich in Rente gehen. Von Hash-Codes wird sie vielleicht auch im Ruhestand noch eine Weile träumen. Oder von der Unterscheidung von Skonto und Rabatt. Das LG Cottbus sagt: Es gibt keinen.

Ausgerechnet in der Woche, in der wir in unserem Podcast NUR MAL SO ZUM WISSEN über Tabus und blankziehende Kund:innen in der Apotheke sprechen, ist erstens die „Popo-Diebin“ wieder in Berlin unterwegs und bringt zweitens eine Apotheke einen erotischen Kalender heraus. Kann man sich nicht ausdenken.

True Crime zum Schluss: Ist Chemnitz das Bottrop Sachsens? Die Staatsanwaltschaft ist in eine Zyto-Apotheke eingerückt und hat falsch dosierte Sterilrezepturen beschlagnahmt. Was hoffen lässt, dass der Fall nicht so ein systematisches Verbrechen ist: In Einzelfällen war wohl zu viel Wirkstoff drin. Der Hinweis über die Missstände kam aus der Apotheke.

Über solche Selbstheilungskräfte verfügt die Polizei bekanntermaßen nicht. Hier muss die FDP im hessischen Landtag die Aufarbeitung eines Falles ziemlich eindeutiger Polizeigewalt aufklären. Er spricht von einer Häufung merkwürdigen Zusammentreffens zwischen Polizei und Bürgern. Die Beamten versuchen dem Vernehmen nach ihrerseits, Berichterstattung über den Vorfall zu verhindern. Na da gehen wir doch gleich mal zum Briefkasten! Schönes Wochenende!

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Mehr zum Thema
Kein Bewusstsein für Leistung vorhanden
Notdienst: Apotheker für 50 Prozent Luxus-Aufschlag
294 Euro für alle – mit Ausnahmen
Berlin: Eine Stelle für den Kammerbeitrag
Mehr aus Ressort
Neue Nische für Zwischenhändler
Skonto über Großhandelsapotheken?
„Die Kosten steigen zurzeit ins Unermessliche“
Weihnachtsgeld: So kürzen die Inhaber

APOTHEKE ADHOC Debatte