Apotheken haben Kontrahierungszwang, Apotheken müssen versorgen, Apotheken dürfen gar nicht streiken. Aber wenn die Apotheken bald alle weg sind, wird es auch schwierig mit der Versorgung. Also hat der Verordnungsgeber reagiert und festgelegt, wann und wie die Apotheken über ihr Überleben kämpfen dürfen. Die Apotheken-Streik-Verordnung lässt durchaus Raum für kreative Protestideen.
Richtige Streiks sind bekanntlich Arbeitnehmer:innen vorbehalten. Selbst die Apothekengewerkschaft Adexa kann ihre ungezählten Mitglieder nur im Rahmen von Tarifverhandlungen zum Streik aufrufen. Die Apotheken-Streik-Verordnung regelt daher explizit, dass die Apotheken streiken dürfen, wenn sie dies als „Honorarprotest“, „Aktionstag Apotheke“ oder „Demonstration für eine gute Versorgung“ bezeichnen.
Die zweite Einschränkung betrifft die Durchführung: Unplanmäßige Betriebsunterbrechungen sind auf die Streikzeiten zu beschränken. Laut Verordnungsentwurf sollen diese zwischen 2 und 3 Uhr morgens liegen, insgesamt aber 30 Minuten übersteigen dürfen. Und: Notdiensthabende Apotheken sind von der Ausnahme ausgenommen, dürfen also grundsätzlich nicht streiken.
„Natürlich hätten wir lieber mal einen ganzen Tag zugemacht, aber eine Apothekenprotestnacht ist immerhin ein Anfang“, sagt eine Inhaberin aus Brandenburg. Das Team überlegt noch, wie es auf die Missstände in der Apothekerschaft aufmerksam machen will. Der Vorschlag von oben, einfach mal das Licht auszulassen in der Protestzeit, erscheint noch nicht als der Weisheit letzter Schluss.
Genauso wenig wie unsere angebliche Apotheken-Streik-Verordnung – wobei man sich ja kaum noch wundern kann. In Wirklichkeit planen die Apotheken tatsächlich einen Streik. Also einen Aktionstag. Naja, einen Aktionsvormittag am nächsten Dienstag. Und auch nur in Schleswig-Holstein. Aber immerhin ein Anfang. Und dass die Abda mit ihrem anders getakteten Protestplan von der Aktion nicht düpiert wird, wird mit der im Norden anstehenden Kommunalwahl erklärt.
Und dann gibt es Einzelaktionen wie diese von Nadine Freialdenhoven, Inhaberin der Struwwelpeter Apotheke in Kerpen. Sie startet einen Videoaufruf, um den Notdienst zu bestreiken. Vielleicht wäre das auch eine Option für Bayern, wo die Verhandlungen zwischen Apotheken und Kammer etwas stockt. Apothekerin Doris Maria Krünägel-Schropp hat bezüglich einer möglichen Neuregelung der Notdiensten im Freistaat sicherheitshalber auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) eingeschaltet.
Einen außergewöhnlichen Notdienst erlebte Janet Olgemöller in ihrer Schwanenbusch-Apotheke in Essen. Denn die Bild-Zeitung begleitete sie getreu ihrem Wahlspruch „Noch wach?“ die ganze Nacht und verschaffte so auch der Boulevardleserschaft Einblick in den Apothekenalltag – nur eben diesmal nachts. Alles, was hilft, ist willkommen.
Das gilt auch für die lobenswerte Aktion der Primärkassen in NRW: Apotheken müssen von dieser Seite keine Nullretaxationen wegen fehlender Dosierangaben ausgeschlossen, laufende Verfahren werden eingestellt. Sie haben richtig gelesen: Keine DJ-Retax mehr.
Die AOK Rheinland/Hamburg war allerdings noch Zahlen schuldig, nachdem ihr Vize pauschal behauptet hatte, die Apotheken hätten die erleichterten Abgaberegeln ausgenutzt. Die Daten sprechen eine andere Sprache und die AOK versichert, dass es auch nicht so böse gemeint war. Im Podcast gab es trotzdem eine kalte Dusche.
Beruhigen wollte die AOK Niedersachsen bezüglich ihrer zahlreichen Institutionskennzeichen (IK). Retaxationen aufgrund nicht hinterlegter Rabattverträge seien de facto ausgeschlossen, die Bedruckung mit alten IK sei gar nicht möglich. Komisch: Die Apotheken berichten etwas anderes. Ende des Berichts. Schönes Wochenende!
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