Rückrufe: AMK plant mit Brieftauben Alexander Müller, 14.07.2018 07:51 Uhr
Der gigantische Valsartan-Rückruf ist weitestgehend bewältigt. Die Behörden, Apotheker, Hersteller und Großhändler haben ihr Äußerstes gegeben und die Ausnahmesituation irgendwie gestemmt. Nicht alles lief perfekt, zugegeben. Und deshalb wird jetzt schon für den nächsten Ernstfall geplant. Ein Vorschlag: Brieftauben für die Übermittlung der Rückrufe.
Wenn die Lage unübersichtlich wird, die Technik überlastet ist und totales Chaos droht, dann schlägt die Stunde der Taube. Die Tiere sind absolut zuverlässig und sehr stressresistent. Sie können im Ernstfall die wichtigen Botschaften schnell und zuverlässig auch in die entlegenste Landapotheke bringen.
Um das sogenannte Heimfindevermögen der klugen Tiere optimal auszuschöpfen, ist folgendes Prozedere angedacht: Jede Apotheke wird über eine Anpassung der ApBetrO zur Anschaffung einer Taube verpflichtet. Diese muss sodann zur ABDA nach Berlin gebracht werden, wo sie im AMK-eigenen Taubenschlag bis zu ihrem Einsatz festgesetzt wird. Und wenn dann das nächste Mal die Apotheken schnell informiert werden müssen, schwärmen knapp 20.000 Vögel aus, finden ihren Weg nach Hause und überbringen die Botschaft. Genial.
Erste Tests verliefen erfolgreich, jedenfalls viel erfolgreicher als die Versuche mit den albernen Papageien. Die konnten zwar „Metoprolol Succinat“ fehlerfrei krächzen, kamen aber nie zurück. Auch hinter dem Einsatz von Pelikanen für die Retouren steht noch ein großes Fragezeichen. Aber immerhin, die Taube beim Dachverband ist ein Spatz in der Hand für den nächsten Wirkstoffskandal.
Und abseits solcher Blödeleien, die Sie bitte entschuldigen mögen, war und ist es natürlich ein sehr ernstes Thema. Noch immer ist nicht bekannt, wie gefährlich die Verunreinigung tatsächlich ist. Bekannt ist allerdings, dass das Problem schon Jahre alt ist. Eine Patientin berichtet, wie sie ihre Packung zweimal zurückgeben musste. Selbst bei uns in der Redaktion gab es zahlreiche Anrufe verunsicherter Patienten und Apotheker. Unsere Pharmazie-Redakteure haben die Rückrufe aktuell zusammengetragen und eine Kundeninfo zum Download entwickelt.
Neben den Unsicherheiten wegen des verunreinigten Wirkstoffs haben die Patienten in der Offizin monetäre Anliegen. Immerhin drohen Zu- oder Aufzahlungen, wenn der Kunde umgestellt werden muss. Die Barmer hat sich schnell bereiterklärt, Diovan ausnahmsweise zu bezahlen, eine AOK gönnt ihren Versicherten immerhin einen „Freischuss“. Für die Apotheken gilt: neues Rezept – sonst Retax.
Und auf einmal ist die Aufregung um die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ganz weit weg. Auch wenn die große Abmahnwelle bislang ausgeblieben ist, sollten sich die Apotheker noch nicht sicher fühlen. Offenbar werden jetzt verstärkt Arztpraxen angegriffen. Apotheker Hermann Niemann sieht zwar viel guten Willen in dem neuen Regelwerk, aber wie so oft gilt: Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Sollten mit der DS-GVO doch eigentlich die großen Datenkraken kontrolliert werden, „aber die sitzen in den USA und machen ein bisschen Kosmetik in ihren Geschäftsbedingungen“, kritisiert er. „Die lachen sich doch kaputt.“ Immerhin: Die Bundesregierung hat klargestellt, dass Apotheken mit bis zu zehn Mitarbeitern auch heute keinen eigenen Datenschutzbeauftragten benötigen.
Was man naturgemäß sehr schnell benötigt, ist ein Notfallmedikament. Blöd nur, wenn man drei Jahre alt ist und sich mit der Anwendung selbst nicht so gut auskennt. Denn in der Kita kann es passieren, dass dann niemand eingreift. Es ist eine sehr spannende Debatte, wer wann Arzneimittel anwenden darf und wann man auch als Erzieher in den Bereich der unterlassenen Hilfeleistung kommt.
Erzieher sind in Deutschland ein beklagenswert unterbezahlter Berufsstand. Das kann man von Filialleitern in Apotheken so nicht behaupten. Mehr sein könnte es trotzdem. PTA und PKA sehen das natürlich genauso. Doch mit der Forderung von +5,6 Prozent ist die Apothekengewerkschaft Adexa beim Arbeitgeberverband (ADA) zunächst abgeblitzt. Die Tarifverhandlungen gehen in die nächste Runde.
Und kaum ist der eine Zyto-Skandal in Bottrop fürs Erste abgeschlossen (Fortsetzung in der Revision folgt), wird der nächste publik: Diesmal geht es um mutmaßliche Schmuggelware in einem Fischladen. Klingt abenteuerlich? Ja. Unvorstellbar? Leider nicht mehr. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Und zum Schluss noch DocMorris, DocMorris ohne Ende. Es gibt tatsächlich noch eine Handvoll Apotheken unter dem grünen Kreuz, die von der gleichnamigen Versandapotheke in den Niederlanden geduldet werden. Dort plant man mit Apo-Rot sowieso schon eine wie auch immer geartetes Konzept für das vor-Ort-Geschäft. Und wer hat im Versandmarkt noch eine Zukunft? Juvalis nicht, jedenfalls nicht unter dem ehemaligen Inhaber, der sich mit dem Verkauf an Apo-Discounter sanieren musste. So, jetzt aber ruckediguh ins Wochenende!