Ärger mit der Bonverwertung Alexander Müller, 04.01.2020 08:05 Uhr
Durch die Tür, zur linken Reihe und jeder nur einen Bon – das wurde in der Offizin schnell langweilig. Also hat die kreative Apothekerin Lena P. aus den ganzen herrenlos zurückgelassenen Belegen etwas Neues erschaffen. Hätte sie gewusst, dass ihr das auch gleich neuen Ärger einbringt, sie hätte den normalen Weg ins Altpapier gewählt.
Seit dem Neujahrstag druckt Lena wie (fast) alle ihre Kollegen brav für jeden Kunden einen Bon aus – die Belegausgabepflicht ist die erste Segnung 2020, auf die der Gesetzgeber trotz guten Zuredens nicht verzichten wollte. Und wie in allen anderen Apotheken interessiert sich fast kein Kunde dafür. Zurück bleiben Berge aus bedrucktem Papier, zu nichts mehr zu gebrauchen. Wieso eigentlich? Wozu hat Lena P. voriges Jahr denn bitte den Origami-Kurz erfolgreich absolviert?!
Nach den ersten vier Kranichen traut sie sich an Hahn, Elefant und Schmetterling und schon nach zwei Tagen steht der ganze HV-Tisch voll mit liebevoll gefalteten Kassensicherungsfiguren. Natürlich fragen die Kunden nach. Lena freut sich plötzlich über die Bonpflicht – und da sie dem guten Ratschlag ihrer Kammer gemäß keine Klarnamen mehr auf die Belege druckt, ist das Bon-Verschenken auch datenschutzrechtlich unproblematisch.
Am Ende des zweiten Tages hat sie allerdings schon zwei komplette Papierrollen verbongt und gefaltet und kommt beim Blick auf ihre BWA zu dem Schluss, dass Schluss sein muss mit dem Gratisorigami. Sie verkauft Kranich & Co. für einen Euro das Stück und spendet die Hälfte an den NABU – schließlich ist die blödsinnige Druckerei nicht besonders umweltschonend. Natürlich darf jeder Kunde seinen eigenen Bon auch kostenlos und unverknittert mitnehmen, schließlich will Lena P. keinen Ärger.
Kriegt sie aber. Der Herr vom Finanzamt findet die Idee mit den gefalteten Schiffchen und Kamelen zwar nett, kam bei seinem Testkauf aber nicht umhin festzustellen, dass die Apothekerin für den Verkauf des Bons keinen Bon ausdruckt. Sie gelobt Besserung und faltet den ganzen Nachtdienst durch. Kurz nach Mitternacht kommt ihr ein besorgniserregender Gedanke: Sind Kunst-Bons mit Arzneimittelaufdruck eigentlich noch apothekenpflichtige Waren oder droht ihr demnächst auch noch Ärger mit dem Pharmazierat?
Wenn Sie sich lieber mit den ernsten Fragen rund um die Bonpflicht befassen wollen: Bitteschön. Dr. Bernhard Bellinger erklärt im Interview mit APOTHEKE ADHOC, warum man den Belegdruck besser nicht ausschalten sollte, was es beim Botendienst zu beachten gilt und warum ein freiwilliger QR-Code auf dem Beleg eine Kassennachschau abkürzen kann. Und er weiß, wovon er spricht, denn er ist Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht. Die Bonpflicht findet er übrigens auch ziemlich sinnlos.
Ebenfalls am 1. Januar in Kraft getreten sind die Änderungen zum Rahmenvertrag. Hier eine Übersicht, was verbessert oder verschlimmbessert wurde, Ihre Entscheidung. Was jedenfalls hilfreich gewesen wäre: Den Softwarehäusern rechtzeitig bescheid zu geben, damit diese die Änderungen auch in die EDV einpflegen können. Das muss jetzt später nachgeholt werden – aber gewiss werden die Kassen diesen Umstand nicht für hinterhältige Retaxationen ausnutzen. Gewiss nicht.
Die KKH jedenfalls hält den Rekord im Brechen guter Vorsätze – oder sie hat erst gar keine gefasst. Die Kasse hat jedenfalls nicht nur kurz vorm Jahreswechsel mit ihrer Sonder-PZN-Drohung für vorweihnachtliche Stimmung gesorgt, sondern legt im neuen Jahr nach, kaum dass sich der Qualm der Silvesterraketen verzogen hat. Diesmal kündigt die Kasse an, bei den Fristen bei der Hilfsmittelversorgung eine verschärfte Prüfung an den Tag zu legen. Merke: Ein Monat hat 28 Tage. Und ja, auch ein Februar im Schaltjahr.
Gerichtlich bestätigt wurde zwischenzeitlich ein Kammerbeitrag in Höhe von 15.000 Euro. Die Apotheke des Inhabers ist zwar kleiner als eine durchschnittliche Apotheke in Sachsen, ja sogar kleiner als eine typische Apotheke, aber zumindest zum Streitzeitpunkt liefen eben die Großhandelsumsätze noch mit über die Apotheke. Und für die Kammer ist Umsatz gleich Umsatz, das Bundesverwaltungsgericht hat diese Auffassung mit der Ablehnung einer Nichtzulassungsbeschwerde bestätigt.
Kein Wunder, dass immer mehr Apotheken schließen, könnte man sagen. Wäre aber unfair, denn an den Kammerbeiträgen ist vermutlich noch niemand zugrunde gegangen. Fakt ist: 2019 mussten wieder viele aufgeben. Als eine der letzten hat zum Jahresende die Apotheke am zu trauriger Berühmtheit gelangten Krefelder Zoo geschlossen. Die Filiale hat sich einfach nicht mehr gelohnt.
Wenn es Sie interessiert, wie die Kollegen das vergangene Jahr beurteilt haben und was sie von dem neuen erwarten, finden Sie hier umfangreiche Statistiken. Spoiler: Viele werden in den Botendienst investieren, um im Plattformkapitalismus mit zu schwimmen. Und Spoiler 2: Die meisten Kollegen finden, dass es mit den Lieferengpässen nie schlimmer war als 2019 (Unwort des Jahres) und dass es 2020 noch schlimmer wird. Na dann: Prost Neujahr.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) spielt jedenfalls mit und droht säumigen Sartan-Herstellern, sogenannte Sartanisten, mit dem Ruhen der Zulassung. Könnte also demnächst die erste Rückrufwelle des Jahres geben. Bis dahin: Ruhig atmen, Origami falten. Und schnell das eigene Horoskop für 2020 checken. Einen guten Start ins neue Jahr! Nur bitte nicht mit Knobi Vital auf das neue Jahr anstoßen, sowas kann einen Polizeieinsatz auslösen...